Oberhausen. .

Demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Diversität – Begriffe, mit denen Politiker und Soziologen derzeit gerne um sich werfen. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) stellte sich der Herausforderung, in den eigenen Reihen etwas zu verändern. Beim Projektabschluss im LVR-Museum gab es gestern dafür viel Lob von NRW-Arbeits- und Integrationsminister Guntram Schneider. Talentförderung sei besser als weiterer Arbeitskräfte-Import, laut Schneider „eine kurzsichtige Politik“.

„Das Gold in den Köpfen“ lautet der Titel des Personal-entwicklungsprojektes, bei dem die Awo- Bezirksverbände Niederrhein und Mittelrhein drei Jahre lang mehr als 600 Mitarbeiter weiterbildeten, 40 davon in Oberhausen. Die Frage: Welches Potenzial schlummert hier und wie kann man es zu Tage fördern?

Dabei musste zunächst ermittelt werden, wie viele Mitarbeiter mit Migrationshintergrund es überhaupt gibt. „In der Altenpflege sind es in ländlichen Gebieten zehn Prozent, in Großstädten 41 Prozent“, sagt Mittelrhein-Geschäftsführer Andreas Johnsen. Bei den Kitas seien es fünfzehn bis zwanzig Prozent. Insgesamt habe fast jeder vierte Einrichtungs-Mitarbeiter eine Zuwanderungsgeschichte.

Mitarbeiter werden interkulturelle Botschafter

Dann kamen die einzelnen Lebensläufe unter die Lupe. „Wir haben festgestellt, dass wir Mitarbeiter mit qualifizierten Abschlüssen haben, die bisher in Deutschland nicht anerkannt wurden“, sagt Johnsen. „Und dass Menschen mit Migrationshintergrund oft nicht die Traute haben, Vorgesetzte nach Fortbildungen zu fragen.“ Genau dieses Angebot wurde den Frauen und Männern, die in der Altenhilfe und Kinderpflege tätig sind, gemacht – was nicht immer auf Begeisterung stieß, wie Projektleiterin Tamara Zeidler berichtet. „Wir mussten erst einmal das Bewusstsein schaffen.“ Am Ende der Qualifikationen hätten sich jedoch alle wertgeschätzt und motiviert gefühlt. Ihre Sprachkenntnisse und Kontakte in die jeweiligen Migrantengemeinden nutzten sie nun als als Interkulturelle Botschafter, um für Ausbildungen in ihren Berufszweigen zu werben.

„Immer mehr Branchen merken, dass Menschen mit Migrationshintergrund ein ungeheuer wichtiges Reservoir sind, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, sagte Guntram Schneider während des Pressegesprächs. Zudem werde die Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund in einigen Jahren ein ebenso großes Thema sein wie schon heute die Betreuung von Migrantenkindern in den Kitas, Kultursensibles Personal sei hier gefragt. Die Ausbildung dessen sei „ureigene Aufgabe der Wirtschaft“ und könne nicht von der Politik übernommen werden. Schneider: „Die Unternehmen profitieren ja davon.“