Oberhausen. . Mit Kampfsport gegen Kriminalität: Als eine Räuberin vor einer Oberhausener Arztpraxis eine Rentnerin überfiel, hatte sie die Rechnung ohne Alexandra Harm gemacht. Die Taekwon-Do-erfahrene Arzthelferin heftete sich an die Fersen der Flüchtigen, stellte sie schließlich in einer Dönerbude.

Die Räuberin lauerte im Hausflur vor einer Arztpraxis an der Alstadener Straße. Kaum hatte eine 86-jährige Patientin die Haustür geöffnet, stürmte die vermummte Frau auf sie zu und riss an ihrer Handtasche. Womit die Diebin nicht gerechnet hatte: Die alte Dame wehrte sich und konnte sich schließlich in die Praxis retten. Alexandra Harm, eine der beiden medizinischen Fachangestellten, überlegte nicht lange und heftete sich an die Fersen der Flüchtenden.

„Die Tür ging auf und schon stand die Patientin total aufgeregt vor unserer Anmeldung, ihre Tasche hielt sie dabei ganz fest im Arm“, erinnert sich Alexandra Harm. Ihre Kollegin und sie hätten sofort gefragt, was denn los sei. „Da erzählte sie uns, dass gerade eine junge Frau versucht habe, ihr die Handtasche zu klauen.“ Blonde Haare, schwarze Jacke, erfuhr die 21-Jährige noch und rannte auf die Straße.

Hinter einem Auto versteckt

„Da lief tatsächlich ein Mädchen – als sie mich sah, rannte sie weg – und ich hinterher.“ Die junge Frau habe noch versucht, sich hinter einem schwarzen Auto zu verstecken. „Nützte aber nix“, sagt Alexandra Harm lachend. „Ich entdeckte sie und sprach sie an.“ Als sie die 19-Jährige aufforderte, mit ihr zur Praxis zu gehen und die Geschichte dort zu klären, sprintete die verhinderte Räuberin aber unvermittelt wieder davon.

„Sie rannte zur nächsten Dönerbude und bat den Inhaber, den sie wohl flüchtig kannte, um Hilfe“, erzählt Alexandra Harm. Doch die 21-Jährige ließ sich nicht abschütteln. „Ich kannte ihn ja auch, schließlich sind wir dort schon oft genug essen gegangen.“ Sie klärte den Inhaber schnell über den Vorfall auf – und der informierte gleich die Polizei.

Sechs Jahre lang Taekwon-Do-Unterricht

„Als das Mädel merkte, dass sie hier keine Hilfe erwarten konnte, versetzte sie mir einen kräftigen Boxhieb in die Magengegend, um sich aus dem Staub machen zu können.“

Doch damit war sie bei Alexandra Harm genau an der richtigen Adresse. Nicht umsonst hatte die 21-Jährige insgesamt sechs Jahre lang Taekwon-Do-Unterricht genommen. „Bis zum blauen Gurt.“ Und so hielt die mutige Helferin die Räuberin trotz der Gegenwehr schließlich bis zum Eintreffen der Polizei fest.

Lob vom alten Taekwon-Do-Lehrer

Weshalb die 19-Jährige ausgerechnet vor der Arztpraxis lauerte, kann sich Alexandra Harm nicht erklären. „Sie stammt nicht aus dem Haus – und ich habe sie in dieser Gegend vorher auch noch nie gesehen.“

Gestern machte Alexandra Harm ihre Aussage bei der Polizei Oberhausen und traf dabei zufällig auf ihren alten Taekwon-Do-Lehrer Hans-Otto Nietz. „Der sagte mir, Mädel, du hast alles richtig gemacht“, freut sich die 21-Jährige.

Medienrummel in der Mittagspause

Aufregend ging es für Alexandra Harm aber auch gleich nach ihrer Zeugenvernehmung weiter. Radio Oberhausen und unsere Zeitung baten um ein Interview. Und auch der WDR drehte für seine gestrige Lokalzeit einen Beitrag über die Retterin in der Not. Alexandra Harm verzichtete dafür auf ihre Mittagspause.

Nach dem Medienrummel ging sie aber ungerührt wieder zur Arbeit. „Die Praxis ist voll“, erklärt sie noch kurz. Und auf die Frage, ob sie so etwas wieder machen würde: „Jederzeit!“