Ein cooler Junge auf und neben der Bühne

Oberhausen.

Hinter den Kulissen ist es still. Tom Bauditz schlendert durch die Gänge des Metronom Theaters, die seine Klassenkameraden nicht so schnell zu sehen bekommen. Der Elfjährige ist Kinderdarsteller im Musical „Ich war noch niemals in New York“ und schon ganz Profi. Die letzten Minuten verbringt er wohl durchdacht. Gleich wird Tom zu Florian. Zu einem selbstbewussten Jungen, der Lederjacken trägt und einen lässigen Gürtel um seine Schlabberhose gebunden hat, der singt und alles das ist, was man mit elf Jahren sein möchte: mächtig cool.

Vor dem Auftritt sitzt jeder Handgriff

Doch noch ist Tom ein ganz normaler Junge aus Schmachtendorf. Theater, das hat er schon in der Schule ausprobiert. „Aus Spaß!“ Singen, in fremde Rollen schlüpfen. Das gefällt Tom. „Ich habe schon viele Musicals gesehen“, sagt Tom. König der Löwen war besonders toll. Nun ist er dran.

Aus den Lautsprechern krächzt eine Ansage. „Noch eineinhalb Stunden!“ Tom kennt die Handgriffe, die ihn vor einer Show jetzt erwarten. In seiner Garderobe ist er nicht alleine. Thomas Hirschfeld ist sein Coach, er geht mit Tom noch einmal Textpassagen durch. In Workshops hat er die Kniffe der Bühnenpräsenz erlernt. Kindgerecht soll alles sein. Falsche Motivation erkennt der Profi schnell. Hirschfeld: „Bei den Auswahlverfahren merkt man schnell, ob ein Kind Lust hat mitzumachen oder ehrgeizige Eltern dahinter stehen.“

Die Rolle wird brüderlich geteilt

Die Zeit läuft. Tom kramt seine Garderobe hervor. Jeder Kinderdarsteller hat seine eigene Box mit Utensilien. Tom teilt sich die Rolle des Florian mit bis zu zehn Kollegen.

Die Anzahl der erlaubten Arbeitstage für Kinderdarsteller ist begrenzt. 30, in Sonderfällen 50 pro Jahr - mehr geht nicht. Die Kinder werden dann medienpädagogisch betreut. Teilen können muss man also, für Tom kein Problem.

Weiter geht’s: Nach der Garderobe geht es zum Einsingen. Am Klavier erhebt Tom die Stimme, wie damals beim Casting, mit all den anderen Kindern. „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, haben sie gesungen. Tom hatte keinen Druck, am Ende dabei sein zu müssen. Die Freude war umso größer.

In der Garderobe wird das Mikrofon angebracht. Die Kabel kleben an der Stirn. Nervig, muss aber sein. Danach noch einmal Konzentration. Die letzten Minuten bevor es losgeht, gehören ganz dem Darsteller. Möchte er Musicalstar bleiben? „Vielleicht“, sagt Tom. Nach der Schule. Er genießt die Shows. Die Aufregung sei auf der Bühne verflogen. „Das Publikum sieht man gar nicht - es ist wie eine vierte Wand.“ Eine Technik aus dem Workshop.

Die Musik von Udo Jürgens musste der Elfjährige nicht kennenlernen. „Die kannte ich schon vom Üben aus unserem Wohnzimmer.“