Oberhausen. . Der Verpackungskünstler Christo bereitet im Oberhausener Gasometer sein „Big Air Package“ vor. Mehr als 20.000 Quadratmeter Stoff tragen 177.000 Kubikmeter Luft - es wird die zeitweilig größte freitragende Skulptur der Welt. Ab 16. März ist die Skulptur zu sehen.
Er wollte nicht mehr verpacken, aber nun schnürt er doch ein Paket. Allerdings umhüllt der Aktionskünstler Christo, den die Welt ja am ehesten als „Verpackungskünstler“ kennt, in Oberhausen gerade Luft. Also eigentlich: tatsächlich nichts.
Es wird allerdings viel Luft, die ab Mitte März „die größte frei tragende Skulptur der Welt“ im Gasometer füllt. Das „Big Air Package“, eine Art Ballon, der in den Seilen hängt, umfasst 177.000 Kubikmeter, hat einen Durchmesser von 50 und eine Höhe von 90 Metern. Und man kann das bereits erahnen: Mehr als 20.000 Quadratmeter Christo-Stoff, dieses weiße, schimmernde, lichtdurchlässige Gewebe – ähnlich dem, das vor 18 Jahren der Berliner Reichstag trug – hängen schon in der Gebäude-Tonne. Viertausend Kilogramm an 24 Tauen, nur das leere Paket; vom achten Stopp des gläsernen Fahrstuhls sieht es derzeit aus wie eine schneebedeckte Gebirgskette.
Viereinhalb Kilometer lange Seile ziehen den Stoff unters Dach
Und im stählernen Umlauf darüber hängen starke Männer in Ketten. „Am Anfang war es einfach“, sagt Robert Meyknecht, „Luftwerker“ im Auftrag des Künstlers: Da haben sie das Textil mit bloßer Muskelkraft hochgezogen, später brauchten sie Flaschenzüge, nun klirren die Ketten vielfach im Hall in der Halle. Und der Stoff zerrt an den Seilen: viereinhalb aufgerollte Kilometer haben sie vergangene Woche in den Gasometer getragen, braun gefärbt nach Wünschen Christos, und verknotet mit den Stoffbahnen. „Schifferknoten“, sagt jemand geheimnisvoll, es ist auch die Rede von Spezialklettband. Noch hängt das Kunstwerk trotzdem schlaff, doch kann es keine Zweifel geben: Das wird riesig!
Schwarz wie die Wand,weiß wie das Tuch
Ohnehin erschlägt ja schon dieses Gebäude, im positiven Sinne und auch noch beim hundertsten Besuch. Dieser Gigant von altem Gasspeicher, so groß (bald 120 Meter), so kalt, so dunkel. Und nun wirkt seine von Teer, Öl und Geschichte schwarz gefärbte Innenwand noch finsterer gegen das helle Licht des „Air Package“. Dabei wird das erst noch beleuchtet, von allen Seiten und wenn es auf mehr angewachsen ist als ein Drittel des Raumes; die Scheinwerfer liegen in Kisten bereit. Der gewaltige Mond, der hier zu den „Sternstunden“ vor drei Jahren hing, würde lockere 25-mal ins Paket passen. Die 13 000 Ölfässer, die Christo mit seiner verstorbenen Frau Jeanne-Claude vor 14 Jahren am selben Ort zu „The Wall“ stapelte, sind in der Erinnerung ein Mäuerchen gegen den weißen Riesen.
Christo-Ausstellung
Der soll 200 Menschen gleichzeitig schlucken können, die die Skulptur betreten dürfen durch Luftschleusen. Noch stehen die Drehtüren nutzlos am Rande, auch der Boden des Ballons fehlt, aber das Gebläse wartet schon. Zwei dieser Geräte werden das Paket aufblasen, vielleicht schon heute oder morgen. „Wir sind sowas von im Plan“, sagt Wolfgang Volz, der als langjähriger Projektleiter Christos nun schon zum zweiten Mal den Gasometer füllt.
Erstes Foto ohne Farbe
Mit einem „Air Package“ übrigens hat dessen Arbeit für den Künstler einst angefangen: In den 60ern war das, zu Kassels documenta, Volz war jünger, das Luftkissen kleiner, und der Fotograf machte „ein einziges Foto“, natürlich in Schwarz-Weiß. Die schönsten Bilder, die diese Begegnung seither hervorgebracht hat, werden für Oberhausen zum Paket geschnürt – und dem „Package“ in einer Ausstellung zu Füßen gehängt.
