Oberhausen. . Der Fotograf Rudolf Holtappel ist Werbeträger für die Stadt. Seine Ausstellungen sind bundesweit zu sehen.

Nichts als ein Vorurteil: Jemand, der am 3. Januar des kommenden Jahres 90 wird, kann doch unmöglich Tag für Tag all diese Treppen hochsteigen. Rudolf Holtappel kann das und kommentiert die viele Stufen zu seiner Wohnung lapidar mit: „Das hält mich fit“. Der Fotograf Holtappel ist anders, anders als viele ältere Menschen, anders überhaupt. Allein schon am Wohnzimmer perlt jedes Klischee von Eiche rustikal ab wie Tropfen an einer gewachsten Scheibe. Der Raum atmet Licht, er lebt mit all seinen Büchern, Bildern, seiner unkonventionellen Art, mit diesem feinen Schmunzeln: Da steht eine Art Skulptur, alte Kameras, aus jeder schaut ein künstliches Vögelchen heraus. „Ach, das“, sagt Holtappel dazu, „habe ich für meinen Enkel gemacht“.

Der Fotograf Holtappel, der nicht irgendein Fotograf ist, sondern „einer der großen Werbeträger für die Stadt“, wie er sagt, machte mit zehn Jahren sein erstes Bild. Und warum ist er jetzt Werbeträger? Weil etwa die Ausstellung „Deutschland, Deutschland“ durch den Osten des Landes wandert. Zu sehen sind Bilder Holtappels, der den Alltag im Revier porträtierte und Fotos eines Fotografen-Kollegen, der sich mit der DDR auseinandersetzte.

Theaterfotografie

Holtappel, der 1950 seine Meisterprüfung absolvierte und seit 1953 als freier Bildjournalist arbeitet, ist immer zweigleisig gefahren. Der gebürtige Münsteraner verdiente seinen Lebensunterhalt mit der Gestaltung von Werkzeitungen bei Karstadt und Henkel. In den Jahren zwischen 1964 und 1995 entstand auch der Bildband „Menschen im Warenhaus“. Die Schwarz-Weiß-Fotografien wurden ebenfalls zahlreich ausgestellt.

Die Leidenschaft Holtappels dürfte auch die Theaterfotografie gewesen sein. In Mainz, Krefeld, Berlin und Oberhausen arbeitete er als Bildchronist an Theatern. In Oberhausen kamen ihm in der Ära Büch Handke-Uraufführungen vor die Linse. Später arbeitete er unter Klaus Weise.

Nach Vorbildern gefragt, blickt Holtappel ein wenig ratlos. „Es gibt viele gute Fotografen, aber ich habe keinen nachgemacht.“ Allerdings beeinflusste ihn der Karikaturist Saul Steinberg. „Er konnte Witze ohne Worte machen.“ Und: „Ein Bild muss so stark sein, dass es keine Worte braucht.“ Holtappel spricht von dieser zweiten Ebene im Bild. Ihm war und ist wichtig: „Ich fotografiere nichts für die Wand, ich mache Aufmacherbilder.“ Die macht er analog als auch mit der neuen digitalen Technik.