Oberhausen. . WAZ-Alltagstest: Auf City-Tour in Oberhausen. In 100 Minuten quer durch die ganze Stadt.
„Bitte stehen Sie während der Fahrt nicht auf – sonst ist der Kopf ab!“ Aua! Wer sich in Oberhausen auf Stadtrundfahrt begibt, darf sich offenbar auf eine Stadt mit Ecken und Kanten gefasst machen, verliert womöglich den Kopf – aber verliert er auch das Herz an die Stadt?
Was alles toll ist
Die etwa 100-minütige Tour mit dem Doppeldecker beginnt am Luise-Albertz-Platz am Centro. 15 Euro für ein Tagesticket, mit dem man an verschiedenen Stellen aus- und wieder einsteigen kann, ist ein stolzer Preis, auch wenn damit zwei Kinder bis 14 Jahren umsonst mitfahren dürfen und es Ermäßigungen etwa für die Ludwig Galerie gibt. Wenn sich aber zum wenig freundlichen Preis noch tristes Wetter gesellt – wie an diesem Tag –, dann ist ein leerer Bus wenig überraschend.
Wer aber investiert, darf im Doppeldecker endlich einmal ganz erhaben von oben auf die Stadt herunter blicken: Antony-Hütte, Stemmersberg, Eisenheim, Schloss Oberhausen, Theater und Ebertbad gehören zu den vielen Glanzpunkten der Stadtrundfahrt. Die gebotene Mischung aus Industrie- und Hochkultur kann sich sehen lassen und streichelt die Oberhausener Seele. Amüsant, manchmal auch amüsiert schlängelt man sich durch die Stadt, die so oft als Inbegriff der Verarmung hinhalten muss und dennoch so viel zu bieten hat.
Durch den Tackenberg
Und die ganz offen mit dem Klischee kokettiert: „Ein Mensch erfuhr nicht ohne Grausen, er müsse auch nach Oberhausen...“, zitiert die Stimme vom Band den Dichter Eugen Roth – wohlgemerkt von 1953 –, kaum dass man die Antony-Hütte verlassen hat und durch den Tackenberg schlüpft.
Und auch die Bandstimme versprüht gleich von Beginn an jenen Rauputz-Charme, der irgendwie das Ruhrgebiet zu verkörpern scheint: Hinter der oft beschönigten Fassade steckt ein kratziger Kern. Doch alles halb so schlimm oder besser „alles Lüge“ – das hat der Münchner Roth am Ende auch herausgefunden.
Mit XXL-Cabrio durch die Stadt
Apropos: Was es mit der seltsamen „Kopf ab“-Warnung zu Beginn auf sich hat, verrät die Fahrerin. Der vier Meter hohe Bus kann sein Verdeck öffnen. Das XXL-Cabrio ist zwar eine tolle Sache, doch wenn die Fahrt durch Alleen und Brücken hindurch geht, ist beim Stehen Vorsicht geboten. Hätte man auch gleich erklären können. Und so gibt es wohl einige Touristen, die über das brummige „Kopf ab“ lachend den Kopf schütteln, um nach der Reise bei der Fahrerin zu fragen: „Es war schön – aber was wollte uns der Sprecher zu Beginn denn sagen?“
Die meisten Fahrgäste sind aus den Niederlanden
Die meisten Fahrgäste sollen übrigens aus den Niederlanden kommen. Japaner, Spanier, Polen und Russen reihen sich dahinter ein, erzählt die Fahrerin. Sogar Oberhausener wollen die eigene Stadt durch die Augen eines Touristen erleben.
Dabei fällt Stadtkundigen natürlich auf: Manches Schöne und Geschichtsträchtige – etwa Burg Vondern, Zeche Osterfeld oder der Wappenplatz – lässt die Tour links liegen, weil Brücken und enge Straßen für den breiten Bus quasi natürliche Barrieren bilden. Dabei macht die Fahrerin bereits Unmögliches wahr, wenn sie das Gefährt geradewegs durch schmale Nebenstraßen flutschen lässt als säße man in Harry Potters magischen „Knight Bus“.
Einiges hätte mehr Beachtung verdient
Und wiederum anderes Stadttypisches hätte mehr Beachtung verdient: etwa der idyllisch-ländliche Norden oder auch so manche Moschee, die – im Gegensatz zu einigen Kirchen – mit keiner Zeile erwähnt werden. Doch auch sie gehören zum Stadtbild. Nach 100 Minuten landet man am Luise-Albertz-Platz, und das Klischee der armen Stadt dann hoffentlich in der Schublade.
City-Tour fährt wieder ab 15. November:
Die City-Tour startet ab dem 15. November wieder jeden Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag um 11, 13 und 15 Uhr am Luise-Albertz-Platz (Centro).
- Tickets: beim Busfahrer oder in den Tourist Infos (Centro und Willy-Brandt-Platz 2, Hbf), www.oberhausen-tourismus.de