Gerburg Jahnke findet viele gute Gründe, ihrer Heimatstadt die Treue zu halten: „Nach Oberhausen zurückzukehren, war immer schön.“ Trotz mancher Unzulänglichkeit

„Das Ruhrgebiet ist immer noch viel Arbeit und wenig Geld.“ Auch wenn sich in den vergangenen Jahrzehnten im Kohlenpott, und gerade in Oberhausen so einiges verändert hat, fühlt sich Kabarettistin Gerburg Jahnke hier immer noch zu Hause. Ihre Liebe zu dieser Stadt äußerte sie, damals noch im Duo „Missfits“ mit Stephanie Überall zusammen, in Form des „Oberhausen-Lieds“.

Zum Abschluss unserer Heimat-Serie trafen wir uns mit ihr, um über schwingende Brücken, Improvisationskünste und den mangelnden Freiraum für Jugendliche zu reden. Das ganze natürlich, getreu dem Liedtext, „aufm Gasometer im Sturmesbrausen“.

„Nach Oberhausen zurückzukehren war immer schön“ findet die gebürtige Osterfelderin Jahnke. „Zwanzig Jahre lang waren wir als Missfits in der gesamten Republik unterwegs, haben in München, Berlin oder Hamburg gespielt.“ Oberhausen ist aber stets etwas Besonderes geblieben. „In Hamburg an der Elbe zu sitzen ist schon schön, mit den Geräuschen der Containerschiffe. Hier am Rhein-Herne-Kanal hat man dafür immer das Treiben des Güterverkehrs im Ohr.“ Sehr gerne läuft sie am Kanal entlang, der Weg führt dann auch zwangsläufig zur Rehberger Brücke. „Da gehe ich jeden Morgen drüber, die Brücke schwingt dann auch sehr schön mit. Und von weitem betrachtet ist sie wirklich Luxus fürs Auge, vor allem wenn sie nachts beleuchtet wird.“ Generell gefalle ihr das Ansinnen der Emschergenossenschaft, die Emscher zu renaturieren und auch den Kaisergarten aufzufrischen.

Es muss kein New York-Chic sein

Das Schloss Oberhausen mit der Ludwiggalerie sieht sie ebenso als besonders bemerkenswert. „Was Galerieleiterin Christine Vogt dort realisiert, vor allem immer mit modernen Ideen, ist ganz toll.“

Aber natürlich gibt es längst nicht nur positive Entwicklungen. „Der Freiraum für Jugendliche hat in den letzten Jahrzehnten doch sehr stark abgenommen. Platz für Selbstverwirklichung gibt es eigentlich nur noch im Drucklufthaus.“ Das Centro als ein Ort, die Freizeit zu verbringen, sieht sie kritisch. „Es kann ja nicht der Lebensinhalt von Jugendlichen sein, in der Oase abzuhängen“, so Jahnke. „Das jetzt auch auf dem Gasometer für das Centro geworben wird, finde ich schade.“ Dem „Shopping-Erlebnis“ kann sie nicht viel abgewinnen.

Lichtblicke sind für sie die verbliebenen inhabergeführten Geschäfte in der Innenstadt. „Es gibt da etwa das Spielzeuggeschäft Lausberg auf der Langemarkstraße. Da gehe ich sehr gerne durch und finde eigentlich auch immer etwas, was ich dann an Freundinnen verschenken kann.“ Doch auch für sich selbst kommt sie nicht mit leeren Händen zurück. „Es gibt da Doppelkopfkarten, die extra groß gedruckt sind. So muss ich dann fürs Kartenspielen nicht immer die Brille herausholen.“ Nur einige Meter weiter gibt es einen weiteren Lieblingsladen. „Das ist der Modeladen Fritsch. Die Verkäuferinnen dort sind super freundlich und man kann sich bei einem Kaffee in Ruhe umschauen und Sachen anprobieren“, so Jahnke. „Das hebt sich entspannt von diesem New York-Chic ab, der eher auf 16-jährige Bulimie-Kranke ausgelegt ist.“

Auch was die Kulturszene vor Ort betrifft, sieht sie einige positive Beispiele. „Fast alles was in Oberhausen gut ist, ist aus den Ideen Einzelner erwachsen.“ Ihre Gedanken kreisen da vor allem um Institutionen wie dem Gdanska, dem Theater an der Niebuhrg oder eben auch dem Ebertbad. „Man muss von einem großen Optimismus durchsetzt sein, um derartige Projekte anzugehen.“ Leider würden Leuten mit Ideen aber vielfach Steine in den Weg gelegt, etwa bei den Bauvorschriften. „Da würde ich mir etwas mehr Augenmaß wünschen. Denn wenn die Stadt diese Leute nicht hätte, könnte sie einpacken.“ Gerade in der derzeitigen Situation, Gerburg Jahnke spricht neben der Finanz- auch von einer gewissen Sinnkrise, könne man mit Improvisationskünsten etwas bewegen.

„Jetzt gilt es, das sinkende Schiff nicht zu verlassen. In solchen Zeiten muss man hier bleiben, da Krisen auch immer die Möglichkeiten für Neues bieten.“ Davon handle auch das Stück „Pommes“, das unter ihrer Regie im Ebertbad gespielt wird. „Die Kernaussage ist einfach: Selbst anpacken und die Ärmel hochkrempeln. Klar sollte dabei nur sein, dass man das große Geld damit nicht machen kann. Aber das war ja im Ruhrgebiet schon immer so.“