Oberhausen.
Dieser Mann ist unglaublich: kämpft seit 38 Jahren mit einem Schicksal, das sich Multiple Sklerose nennt, ist fast rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen und strahlt doch eine Lebensfreude aus, von der sich viele eine Scheibe abschneiden könnten. „Ich bin gläubig, da ziehe ich meine Kraft heraus“, sagt Detlef Weirich. Es muss viel Kraft sein. So viel, dass sie sogar für andere Menschen reicht – und das seit 25 Jahren. So lange ist es her, dass Detlef Weirich mit Gleichgesinnten die Ortsvereinigung Oberhausen der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft aus der Taufe hob.
Kampf gegen Vorurteile
Die Diagnose erhielt Weirich 1977. Er arbeitete damals als Erzieher im Jugendamt der Stadt, war sportbegeistert und aktiv. Schon drei Jahre später zwang ihn die Krankheit in den Rollstuhl. Das müsse heute nicht mehr so sein, sagt Weirich. „Damals gab’s ja nix.“ Auch wenn Multiple Sklerose, eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems, immer noch nicht heilbar ist, die Möglichkeiten der Behandlung seien deutlich besser geworden. „Dass man im Rollstuhl landet, ist nur noch selten.“ Eines der vielen Vorurteile, gegen die er seit Jahren ankämpft. „MS ist nicht vererbbar und auch nicht ansteckend“, revidiert er weitere verbreitete Ansichten.
Treffen und Ausflüge
Bei allem medizinischen Fortschritt hat sich eines in all den Jahren jedoch nicht geändert: dass eine Welt zusammenbricht für den, der die Diagnose MS erhält. Detlef Weirich fand die Kraft, damit umzugehen. Seit 25 Jahren hilft er anderen dabei, inzwischen als Vorsitzender und Geschäftsführer des Vereins. Monika Dickmann-Wolters ist seine Stellvertreterin und seit 15 Jahren ehrenamtlich für MS-Erkrankte engagiert.
Auch sie weiß, wie viel Halt die wöchentlichen Treffen und regelmäßigen Ausflüge den Betroffenen geben. „Im Internet findet man viele Informationen“, sagt die 61-Jährige, „aber ein persönliches Gespräch ist viel wichtiger.“ 110 Mitglieder hat der Ortsverein Oberhausen. Darunter auch Menschen, denen die Krankheit die Lebensgrundlage genommen hat.
Spaß und Freude sind wichtig
„Es gibt genug Elend“, sagt Weirich. Viele, darunter auch die immer öfter in jungem Alter Erkrankte, könnten nicht arbeiten und bekämen auch keine Rente. Sie lebten am Existenzminimum. „Die freuen sich sogar über eine Tasse Kaffee und ein belegtes Brötchen“, beschreibt Weirich eine Nebenfunktion der Treffen.
Wichtiger jedoch: „Wir holen viele Leute aus der Einsamkeit.“ Dabei gehe es keineswegs immer traurig zu, betonen die beiden. „Spaß und Freude dürfen nicht zu kurz kommen“, sagt Weirich. Dabei ist er mit seiner positiven Einstellung ein großes Vorbild: „Ich leb gut mit MS. Ich hab ein tolles Leben.“