Oberhausen. . Die Folgen der Auswahl der ersten grünen Dezernentin in dieser Stadt sind für die Grünen ein politisches Desaster. Wichtiger Frontmann weg. Zog Höhn die Fäden?

Eine im Land und Bund erfahrene Frau als neue eigene Dezernentin für Umwelt, Gesundheit und Planung gewonnen; einen hervorragend informierten, in komplizierten Planungs- und Finanzfragen beschlagenen Top-Mann verloren - auch zwei Tage nach dem überraschenden Rücktritt ihres über alle Parteigrenzen hinweg angesehenen Fraktionschefs Volker Wilke sind die Grünen über diesen personellen Begleitschaden ihres Bewerbungsverfahrens zugunsten der stellv. Abteilungsleiterin im NRW-Umweltministerium, Sabine Lauxen (Grüne), für den neuen Dezernenten-Posten erkennbar geschockt. Alle wussten: Wilke wollte seit Jahren Dezernent werden, aber auch: Die Grünen wollten zu einem guten Teil unbedingt eine Frau in der bisherigen Männer-Spitze der Stadt haben.

Politisch erfahrene SPD-Größen und CDU-Politiker schütteln über das Vorgehen der Grünen den Kopf. „Man hat den eigenen Frontmann in einem absonderlichen Verfahren demontiert. Das schwächt die Grünen nachhaltig. Es ging hier wohl nur um Personen, nicht um Inhalte“, meint CDU-Fraktionschef Daniel Schranz.

Spekuliert wird darüber, ob hier böse Absicht oder purer Dilettantismus im Spiel war. Oder beides. Denn bei all solchen politischen Vorgängen werden normalerweise die Dinge rechtzeitig geklärt, um eben solche konfrontative Wildwest-Situationen mit einer klaren Niederlage für den einen oder anderen zu vermeiden.

Vier Kandidaten aus 28 Bewerbungen ausgewählt

Die Gerüchte schießen ins Kraut: Wollte jemand Wilke aus dem Weg räumen? Hatte die „Grand Dame“ der Oberhausener Grünen, die Bundestagsfraktionsvize und Ex-NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn, ihre alte Bekannte aus Düsseldorfer Zeiten, die damalige stellv. Regierungssprecherin Sabine Lauxen, vor Ort durchsetzen wollen – koste, was es wolle.

Wenn man auf das Verfahren schaut, sieht man Folgendes: Eine vierköpfige Findungskommission der Grünen wird mit je zwei Mitgliedern aus Fraktion und Partei ausgestattet: Weil Wilke als Bewerber befangen ist, sind dies die Fraktionsvize Regina Wittmann und Grünen-Ratsherr Peter Plew (bezahlter Wahlkreismitarbeiter einer gewissen Bärbel Höhn) sowie Grünen-Chef Andreas Blanke (ebenfalls bezahlter Höhn-Wahlkreismitarbeiter) und Grünen-Mitchefin Steffi Opitz.

Sie wählen aus 28 Bewerbungen vier Kandidaten aus: Zwei Kandidatinnen und zwei Kandidaten, darunter Wilke. Diese müssen sich bei der Findungskommission vorstellen - und am Ende gab den Ausschlag laut Blanke „die Fachkompetenz und der Wille der Grünen, einer Frau bei entsprechender Qualifikation den Vorzug zu geben“. Auf keinen Fall sei das gegen Wilke gerichtet gewesen. Höhn habe zwar ganz am Anfang mal Lauxens Qualitäten hervorgehoben und sie „eventuell sogar zur Bewerbung ermuntert“, habe sich aber nie in die Auswahl eingemischt.

Wie auch immer: Der Fraktion zur Wahl vorgeschlagen wurden nur noch Lauxen und eine andere parteilose Kandidatin. Wilke zog seine Bewerbung enttäuscht zurück - und warf später ganz hin.

"Klarer Machtkampf im Hintergrund"

Blanke gibt an, man habe Wilke niemals Hoffnungen gemacht und immer wieder darauf hingewiesen, dass nun eine Frau in die städtische Führung gehöre. Doch der nicht nur fachlich, sondern auch politisch beschlagene Wilke hätte sich niemals beworben, wenn er geglaubt hätte, er ginge einer veritablen Niederlage entgegen – mit Folgen für seine Durchsetzungskraft in der Fraktion.

„Da lief ein klarer Machtkampf im Hintergrund“, meint deshalb ein Lokalpolitiker. Ein anderer, der es noch besser weiß, sagt: „Wilke ist ausgetrickst worden.“

Blanke beteuert dagegen, dies sei völliger Quatsch. Man habe aber Wilke nicht hindern können, sich zu bewerben. Er habe klar gewusst, dass die Grünen eine Frau wollten.

Doch die ausgewählte Lauxen hat bisher keine erkennbare direkte Erfahrung in Planungsfragen – die SPD ist jetzt nicht mehr gewillt, den Grünen das breite Planungsfeld zu überlassen. Hier werden noch hitzige Diskussionen geführt.