Oberhausen. .
Die Halogenleuchte in der fensterlosen Küche flackert, als Simon ein paar bedruckte Blatt Papier zur Seite legt. Ein letzter Blick auf handschriftliche Randnotizen, kein Räuspern, nur ein Moment der Stille, bevor der 15-Jährige auf zehn Quadratmetern große Debattenkunst probt: Simon Petzinna ist einer von 64 Schülern, die sich am Freitag für den NRW-Wettbewerb von „Jugend debattiert“ qualifizieren wollen. Nur acht von ihnen kommen weiter. Sie dürfen am Montag, 4. April, im Landtag sprechen.
Simon ist zum dritten Mal dabei, erzählt der Dinslakener Gymnasiast auf dem Weg von seiner kurzen Küchenprobe zum Seminarraum elf. Dort wird er heute seine erste Debatte vor einer vierköpfigen Jury führen. Im Politikunterricht habe er gemerkt, wie gerne er diskutiert - „vor allem mit meinem Lehrer“. Der schickte ihn zum Rhetoriktraining und zum ersten Debattierwettbewerb. „Zu wissen, wie man seinen Standpunkt vertritt, macht selbstsicher.“
Auf drei Themen für je eine Hin- und eine Rückrunde mussten sich die Jugendlichen diesmal vorbereiten. Zuerst soll es um die Frage gehen, ob Unternehmen gesetzlich dazu verpflichtet sein sollten, Ausbildungsplätze anzubieten. Simons Meinung haben die Organisatoren des Wettbewerbs bestimmt: Er soll dafür sein. „Die andere Seite hat die besseren Argumente“, findet der Dinslakener, bevor er sich an seinen Platz setzt. Ein Schluck Wasser aus dem Plastikbecher, als die ersten Juroren eintreten: Simon lächelt kurz, sucht sich seine Konzentration dann mit einem Blick aus dem Fenster. Weiß ist der wolkige Himmel, wie ein Blatt Papier.
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730 Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien nehmen bundesweit an dem diesjährigen Wettbewerb teil. Jede von ihnen hatte dazu jeweils die zwei Besten in den Klassen acht bis zehn und zehn bis 13 (je nach Schulform) gekürt. Nach einem regionalen Wettbewerb sind die 32 Besten beider Altersgruppen in Rhetorikseminaren darauf vorbereitet worden, wie sie sich an diesem Freitag für den Landeswettbewerb qualifizieren können. Simon hatte dort gelernt, seine Reden nicht auswendig herunterzurattern: „Jetzt kann ich frei formulieren.“ Vielleicht am Montag im Düsseldorfer Landtag?
Ein Juror läutet die kleine Metallglocke: Die Debatte beginnt - Simons Stimme bricht in den ersten Sätzen einer Eröffnungsrede, dann ist die Aufregung verloren. Seine Partner steigen flüssig ein in den alten Streit um die Frage, ob der Staat in die Wirtschaft eingreifen sollte.
Sachkenntnis, Überzeugungskraft, Ausdrucksfähigkeit und die Fähigkeit, aufeinander Bezug zu nehmen, diese Punkte werden die Juroren bewerten, verrät Simone-Tatjana Stehr, Landeskoordinatorin des Wettbewerbs, in ihrem provisorischen Büro. „Die Jugendlichen lernen beim Debattieren, zuzuhören und ihren Standpunkt sachkundig und fair zu vertreten.“
Im Seminarraum elf klopfen die Juroren nach 24 Minuten Debatte anerkennend auf den Tisch, eh sie sich zur Beratung zurückziehen: Kaum aus dem Zimmer fallen sich die gerade noch so geordnet Debattierenden hektisch ins Wort. Wie ist es gelaufen? „Ich muss noch an meiner Ausdrucksweise feilen“, meint Simon auf dem Weg zum Büfett. „Nervennahrung“, zuckt er mit den Schultern. Die Debatte sei auf jeden Fall gut gewesen: „Interessant und facettenreich.“ Darauf komme es schließlich an.