Kneipengängerin ist sie, sagt die Schauspielerin Angela Falkenhan, und sie sagt das etwas wehmütig, gar so riesig sei das Angebot hier in Oberhausen ja doch nicht, zumindest nicht für ihre Altersklasse. Da wählt das „Küken” im Ensemble des Oberhausener Theaters nachgerade zwangsläufig das „Gdanska”.

Hier, im polnischen Restaurant am Altmarkt, hat die gerade 26-Jährige alles: Kneipengemütlichkeit, Restaurant, Kultur, spannende, theaterbegeisterte Wirtsleute und ein Szenario, das sich von einer Alltagskneipe um Tresenwelten abhebt.

Als sie an der Treppe so fürs Foto lehnt, muss ich es einfach sagen: „Bitte nicht so ein Gesicht wie in ,Pferd frisst Hut'.” In der hinreißenden Oberhausener Produktion zum Spielzeitauftakt schneidet Angela Falkenhan als Helene mit Hochzeitskleidnadel im Rücken so unglaublich Grimassen, dass die gesamte „Sketch-Up” Riege dereinst dagegen wie ein Leichenschauhaus ausgesehen hätte.

Man findet schöne Ecken

Sie schaut charmant drein, die gebürtige Frankfurterin setzt ihr bezauberndes Äppelwoiromantikgesicht auf und empfindet Oberhausen gar nicht als so heftig wie man es ihr angedroht hatte: „Als ich zum ersten Mal aus dem Bahnhof gekommen bin, bin ich durch das alte Viertel zum Theater gegangen, das ist doch schön.” Natürlich hebe sich das Stadtbild von Zürich, wo sie Peter Carp kennengelernt hat, positiv von Oberhausen ab, aber auch hier finde man schöne Ecken.

Und natürlich in Frankfurt. In der Main-Metropole wird Angela Falkenhan am 16. September 1983 geboren. Sie kommt in den Waldorf-Kindergarten, macht auch an einer Waldorf-Schule später ihr Abitur. „Für mich”, sagt sie, „war das die ideale Schulform”. Mit 15 schon kann sie in einer „ziemlich professionellen Produktion” der Städtischen Bühnen Frankfurt mitspielen, „Goethe und die Frauen”, der kroatische Regisseur besetzt die Frauen mit Laien, Angela hat beim Vorsprechen Erfolg, ist dabei: „Da hat es mich gepackt und reingerissen”, acht Vorstellungen in zwei Monaten und dann kommt eine schlimme Phase. Eine so gute Laientruppe hat auch Frankfurt nicht mehr zu bieten, aber sie lernt Sybille Sohl kennen, ihre heutige Theatermama. Die ist einmal Schauspielerin und Tänzerin gewesen und nimmt sich des theaterbegeisterten Teenagers an: „Ich gehe heute noch mit meinen Problemen zu ihr.”

Waldorfschule unter den staatlichen Schauspielschulen

Nach dem Abitur geht es ans Vorsprechen an den Schauspielschulen, ein Jahr lang, in der 7. Schule, Zürich, kommt sie auf die Warteliste, soll in der zweiten Staffel in die 3. Runde gehen, wird nochmal vom Dozenten gesehen – und genommen. „Da wollte ich hin, wenn es nicht geklappt hätte, hätte ich wohl nicht weitergemacht. Obwohl – in der letzten Konsequenz weiß ich das auch nicht. Aber Zürich war genau die richtige Schule für mich, viel Spiel, viel Bewegung, sie ist sozusagen die Waldorfschule unter den staatlichen Schauspielschulen.”

Die Schauspielschule Zürich hat den Luxus eines eigenen, in das Zürcher Schauspielhaus integrierten Theaters, eine Regiekollegin aus Angelas Klasse gewinnt 2008 den Regiepreis beim Körperstudio-Treffen in Hamburg. Die angehende Schauspielerin macht ihr Diplom und muss wieder dieses „schreckliche Vorsprechen” angehen: „Ich mag Monologisieren nicht, hatte aber das große Glück, Peter Carp zweimal in Zürich gesehen zu haben.” Er rief mich an, ob ich nicht Lust habe, nach Luzern zu kommen. Da hat er gleich gemerkt, dass ich kein Vorsprechtyp bin, hat mir viel Hilfestellung gegeben.”

Andere Einladungen zum Vorsprechen nimmt Angela Falkenhan nicht mehr an, sie wird genommen, von Peter Carp für sein neues Oberhausener Ensemble engagiert. Und sie ist glücklich, denn sie will spielen, nicht an großen Bühnen versauern: „Und als ich das erste Oberhausener Spielplanheft in den Fingern hatte, habe ich mir gedacht: Dat iset.” Und sie kann spielen, so gut, dass sie vor allem für ihre Rollen in „Yellow Moon” und „Trüffelschweine” mit dem 2. Oberhausener Theaterpreis 2009 ausgezeichnet wird. Beide Produktionen werden wiederaufgenommen.

Es geht auch ohne Äppelwoi

„Angela Falkenhan würde sich selbst als eher schüchtern beschreiben.” So begann die Jury-Begründung zur Preisentscheidung für Angela Falkenhan, die Kollegen im Publikum schmunzelten hörbar bei der Verleihung und auch die junge Schauspielerin war sichtlich amüsiert. Gleichwohl, der Preis hat sie überrascht, riesig gefreut. Aber sie bekomme ja auch viele Chancen, „Peter macht ein mutiges Programm, das Publikum ist toll, ich hatte direkt nach der Schauspielschule richtig Glück.”

Die hat die 26-Jährige gerade zur Hälfte absolviert, da geht eine siebenjährige Beziehung in die Brüche, jetzt ist sie solo und scheint das so großartig nun auch wieder nicht zu finden. Die freie Zeit vertreibt sie sich mit Lesen, laufen, mit Freunden oder auf dem Fahrrad. Das Freizeitangebot könnte größer sein für ihre Altersklasse, das gemütliche in der Äppelwoikneipe, das fehle ihr hier schon. Ja natürlich könne sie auch hessisch babbeln, tue es aber selten. Hessisch beim polnischen Wirt im Hochdeutsch-Revier, das wäre selbst bei einer leidenschaftliche Kneipengängerin fast schon ein Kulturschock.

In der nächsten Folge stellen wir Mohammed Ali Behboudi vor.