Oberhausen. . Tobias Langenberg schneidert Maßanzüge für die Prominenz: Wirtschafts- und Politikgrößen tragen die Werke des Oberhauseners, in Talkshowrunden wie Anne Will kann man sie sehen. Dabei musste der “traveling tailor“ zunächst seine Familie überzeugen.
Wenn Tobias Langenberg am Sonntagabend vor „Anne Will“ sitzt, kann der Talk mit Promis durchaus zur Nebensache geraten. Statt pointierter Polit-Rhetorik interessieren den Oberhausener viel mehr maßgeschneiderte Kragenweiten, statt Schönrednerei der Sitz der Schulternaht. „Wenn der Anzug perfekt sitzt, dann bin ich auch glücklich“, sagt er. Denn Tobias Langenberg ist ein reisender Schneider für exklusive Maßanfertigungen, und so stehen die Chancen recht gut, dass man in der Runde mit Will schon einen seiner Anzüge gesehen hat.
Doch der „traveling tailor“ - der Beruf des fahrenden Schneiders oder Beraters für Maßanzüge ist im angloamerikanischen Raum Gang und Gebe - übt natürlich Diskretion, was seine prominente Kundschaft anbelangt. Namen darf man also nicht erwarten. Schade. Nur so viel lässt er durchblicken: Bekannte Größen aus Wirtschaft und Politik sucht er nicht nur im Ruhrgebiet auf, Langenberg nimmt an ihren exklusiven Rücken und Beinen Maß von München bis Sylt, von Düsseldorf bis Berlin.
Selbst vom Erfolg überrascht
Vor drei Jahren begann diese berufliche Reise für den damals 28-jährigen Vertriebsleiter bei einer Unternehmensberatung. „Beruflich habe ich Anzüge getragen, aber ich war oft unzufrieden, wenn sie trotz Beratung nicht passgenau waren.“ Als Langenberg zum ersten Mal vom Beruf des „traveling tailor“ hörte, war er so begeistert, dass er es gleich selbst machen wollte.
Die Familie allerdings sei zunächst skeptisch gewesen, verrät er. Doch Langenberg glaubte daran und lernte das Handwerk an einer Düsseldorfer Modeschule. Zunächst nebenberuflich begann er damit, sich einen Kundenstamm aufzubauen. Der erste wichtige Auftrag: Sakkos für einen Kölner Golf Club. Von dort aus sprach er sich herum, „relativ schnell“, scheint der Berater selbst ein wenig vom Erfolg überrascht. 180 Adressen füllen nunmehr seine Datenbank, davon sind ein Großteil Stammkunden.
Preise ab 800 Euro aufwärts
Viele schätzten die persönliche Beratung in den eigenen vier Wänden, häufig fehlt die Zeit für den Besuch beim Herrenausstatter, sagt Langenberg. Dann muss der Berg eben zum Propheten kommen, Besuche inklusive Übernachtung in der nahen Stadt sind nicht selten für den persönlichen „Schneider“. Der Beruf mag vielleicht an Nächte vor Nadel und Faden erinnern, Langenbergs wichtigste Werkzeuge sind jedoch das Maßband, ein sorgfältiges Auge für den perfekten Sitz und der Sinn für erlesene Stoffe und Details.
Die Details fangen bei der Wahl des Stoffes an – Namen wie Holland & Sherry (England) oder Loro Piana (Italien) sorgen bei Kennern für wohlige Gänsehaut - und enden beim eingestickten Monogram und edlen Einstecktuch oder Manschettenknopf. „Nur wenn man das Besondere bringt, bleiben die Kunden“, weiß der reisende Bekleidungsberater. Das Besondere hat seinen Preis, ist aber wiederum nicht unbezahlbar: Los geht es bei 800 Euro für Sakko und Hose. Für einen guten Anzug sollte man aber 1000 bis 1500 rechnen. Komplett in Handarbeit dürfen es auch 3500 Euro und mehr werden.
Nach seinen Maßen wird in einer süddeutschen Manufaktur geschneidert. Über Nacht geht das nicht, etwa vier Wochen muss man rechnen. Danach folgt die erste Anprobe. Kleine Änderungen übernimmt eine Schneiderin „in wenigen Tagen. Beim dritten Termin sitzt er zu 100 Prozent perfekt“ - sagt Langenberg. Weniger komme nicht in Frage.