Oberhausen. Dass wilde Tiere den Menschen in die Städte folgen, ist nicht so ungewöhnlich, wie man denken mag. So genannte Kulturfolger werden von den Lebensbedingungen angezogen. In Städten finden sie leicht Nahrung - und angenehmere Temperaturen als im Wald.
„Der Fuchs ist tot“, schrieb die WAZ Oberhausen am 6. September 2007. Damals hatte sich ein Fuchswelpe in einem Kaufhaus in der Innenstadt verirrt. Er wurde erschossen, und es gab viel Aufregung um das Schicksal des Tieres.
Die Todesursache eines erwachsenen Fuchses, den jetzt ein WAZ-Leser in der City entdeckte, ist dagegen unklar. Der Leser wunderte sich jedoch über ein solches Wildtier mitten in der Innenstadt. Doch verwunderlich ist an Fuchs und Co. in der Nähe des Menschen rein gar nichts. Es gibt nicht nur unter Tieren, sondern auch bei den Pflanzen so genannte Kulturfolger.
„Der Fuchs findet sich schon sehr lange in unseren Städten“, sagt Randolph Kricke, Mitarbeiter der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet. Weil der Fuchs nachtaktiv ist, fällt er jedoch meist nicht auf. Da Füchse sich recht gut vermehren, wie Kricke erklärt, drängt es sie auch in die Städte. Zumal sie hier gute Nahrungsquellen finden: Mäuse, Ratten, Nahrungsabfälle.
Wildtiere sind keine Haustiere
Kulturfolger sind anders als Hund oder Katze, die man als Kulturtiere bezeichnet, noch Wildtiere. Diese allerdings folgen dem Menschen, weil er ihnen besonders gute Lebensbedingungen bietet. Nahrung etwa, Schutz vor Konkurrenten oder günstigere Klimabedingungen. Kricke: „In der Stadt ist es immer etwas wärmer als im Umland.“
Kulturfolger gibt es viele. Der Biologe nennt als ein Beispiel die Amsel. „Bis ins 19. Jahrhundert war sie ein scheuer Waldvogel“, sagt er. Heute gibt es wohl keinen Oberhausener Garten mehr, den sich diese einst so scheuen Gesellen nicht erobert hätten. Die Bedingungen sind aber einfach auch zu gut, so Kricke. Rasenflächen zum Würmer picken, Hecken und Gehölze zum Nestbau.
Untermieter in Ställen
Gefolgt sind dem Menschen auch die Rauchschwalben. Früher bauten sie ihre Nester in Höhlen oder geschützten Felsbereichen. Dann zogen sie als Untermieter in Stallungen ein. Was nun gerade mit den Rauchschwalben passiert, sieht Kricke angesichts des Dioxin-Skandals als Farce an. Die Schwalben sollen nämlich aus den Ställen verschwinden, ihr Kot gelte als unhygienisch. „Seit Jahrtausenden ist niemand durch den Schwalbenkot zu Schaden gekommen“, sagt Kricke mit Blick auf das Dioxin, das in Eiern und Fleisch auftauchte.
Dem Menschen folgten auch die Mehlschwalben, die außen an Fassaden brüten. Auch zu ihnen ist der Mensch oft nicht so nett, zerstört die Nester, weil der Kot der Tiere nervt. „Dabei lässt sich das leicht mit einem Brett unter dem Nest regulieren“, sagt Kricke.
Mauersegler, Haussperling, Turm- und Wanderfalke oder die Schleiereule, sie alle fühlen sich in der Nähe des Menschen wohl. Der Wanderfalke verwechsle gar Schornsteine von Industriegebäuden oder Hochöfen mit Felsen und fände dort seine Nistplätze, von denen es natürliche im ja eher nicht gerade bergigen Revier nicht so viele gebe.
Nicht nur Fuchs und Kaninchen, sondern auch Pflanzen
Bei den Säugetieren existieren neben Füchsen, die es in die Städte zieht, noch Wildkaninchen oder etwa Fledermäuse. Und ein Tier, das eine Sonderstellung einnimmt, weil es eigentlich nicht hierher gehört: der Waschbär. „Einer wurde schon auf einem Balkon an der Mellinghofer Straße gesichtet“, erzählt Kricke. Waschbären wurden einst aus ihrer Heimat zu uns verfrachtet. Wegen ihres Pelzes. Jetzt lebe er hier eng am Menschen.
Es sind aber nicht nur Tiere, sondern eben auch Pflanzen, die dem Menschen folgen. Die Vogelmiere ist so ein Kraut. Wo höhere Pflanzen wachsen, hat sie keine Chance. Aber in der kargen City, auf der Marktstraße mit ihrem teuren Pflaster, da gedeiht die Vogelmiere völlig ungeniert.
Nicht die nettesten Geschöpfe
Tiere, die dem Menschen folgen, also Kulturfolger, gibt es schon sehr lange. „In der Evolution tauchen sie ganz früh auf“, sagt der Biologe Randolph Kricke. Und es waren nicht eben die nettesten Geschöpfe, die es sich in unserer Nähe gemütlich machten.
Kricke nennt Parasiten wie die Bettwanze, den Menschenfloh oder die Kopflaus als erste Kulturfolger. Da auch schon die Jäger und Sammler Vorräte an Nahrung angelegt haben dürften, ließen sich in ihrer Nähe gleich Mäuse und Ratten nieder.
Hunde und Katzen gelten übrigens als domestizierte Kulturtiere. Während die Kulturfolger dem Menschen folgen, also einen aktiven Prozess durchmachen, ist der Prozess bei den Haus- und Nutztieren passiv. Sie wurden den Bedürfnissen der Menschen entsprechend gezüchtet.