Was für ein prachtvolles Theaterereignis: Riesiger Applaus für „Die rote Zora und ihre Bande” am Samstagabend im Großen Haus. Das Publikum der nicht ganz ausverkauften Premiere feierte das Ensemble um eine überragende „Zora” Annika Meier nach zwei meist tempogeladenen Stunden.
Regisseur Thomas Hollaender hat die eher zähflüssige Romanvorlage des Klassikers von Kurt Held auf die zentrale Geschichte um die Befreiung Brankos und den abenteuerlichen Weg der Bande hin zu Gehilfen des eigenwilligen Fischers Gorian reduziert. Die Straffung fördert eine kurzweilige Geschichte auf die Bühne, die inhaltlich die Themen unserer Tage aufgreift, sprachlich aktualisiert ist, sich aber in der realitätsnah kargen Landschaft, die Janina Mendroch mit zwei Hausecken auf der Drehbühne und der hydraulisch- auf und abtauchenden Burgruine gebaut hat, allzu klischeebeladenen Modernismen verweigert.
Hollaender erzählt schnörkellos, mal rotzig, mal liebevoll. Er bedient sich beim Slapstick, verleiht dem Koch der Bande etwa einen Kräuter-Tic, legt die Polizisten als Dick und Doof an und spielt so mit der prallen Lust am Theaterspiel, verflechtet sie kunstvoll mit einem glasklaren Anliegen: Die Inszenierung ergreift radikal Partei gegen die Ausgrenzung von Kindern, lässt aber zarte Blüten erster Liebe und erster Eifersucht neben dem politischen Kern gedeihen.
Schauspielkunst als Erlebnis
Wunderschön, wie Annika Meier in ihr zumeist schier unbändiges, urwüchsiges Spiel diese leisen Töne des Entdeckens erster Gefühle für das andere Geschlecht webt mit einem nur gehauchten Kuss als einziger äußerer Momentaufnahme. Ihr auch in den meist aggressiven Szenen immer noch fein nuanciertes Spiel, das sie zwischen der unbeirrbaren Bandenchefin und zauberhaften Empfindsamkeiten eines ganz normalen jungen Mädchens balancieren lässt, ist Schauspielkunst als Erlebnis und ragt neben Klaus Zwicks gradlinig verständnisvollem Fischer aus dem insgesamt gut aufgelegten Ensemble noch heraus.
Kameradschaft und Solidarität, sich als Individuum nicht beugen zu lassen in die Masse, Werte, die Kurt Held über seine „Bande“ vermittelt, Hollaender baut die Botschaft noch aus, wenn er nicht klagt, nur schonungslos fragt, woran es liegt, dass junge Menschen auf die Straße, ins Abseits geraten. Das demnächst deutlich jüngere Publikum – ab sechs wird der Besuch empfohlen – muss so manchen Hinweis auf die Hinterhältigkeit der Politik und die Widerlichkeit blinden Globalisierungsglaubens nicht durchgängig verstehen; etwas bleibt immer hängen.
Bisweilen viel zu laut
Leider auch die bisweilen überlaute Live-Interpretation der zumeist rockigen und eigentlich sehr musikalischen Vertonung, die Ottos Beatus den wunderschönen Songtexten von Rüdiger Bering angedeihen lässt. Mag sein, dass auch Sechs-, Siebenjährige diese Phonstärke schon lieben: das Theater muss seinen Beitrag zur fortschreitenden Schwerhörigkeit schon an Grundschulen nicht in einer Familienproduktion leisten. Die Zora ist – mit Verlaub – keine Discomaus.
Vielleicht hätte man sich einer Passage des wunderschönen Liedes „Kinder” („Sind so kleine Hände”) von Bettina Wegner erinnern sollen: „Sind so kleine Ohren, scharf und ihr erlaubt. Darf man nie zerbrüllen, werden davon taub.”
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Bis weit in den Januar hinein wird „Die rote Zora und ihre Bande” gespielt, überwiegend natürlich vormittags für Schulklassen und andere Gruppen mit Kindern. Die Vormittagsvorstellungen sind zumeist für 9.30 und 12 Uhr terminiert, einige der Früh-Vorstellungen sind bereits ausverkauft. Nachmittagsvorstellungen sind zunächst für die Novembersonntage (15., 22. und 29.) festgelegt, jeweils um 15 Uhr. Karten unter 8578 184, Gruppen zusätzlich 8578 180.