Oberhausen. Ein Oberhausener FDP-Nachwuchspolitiker will nach Brüssel. Dort verdient man mit 11.000 Euro im Monat viel Geld. Doch er schaut nicht darauf.
Oberhausener Politiker scheinen sich nicht besonders für das EU-Parlament zu interessieren. Denn es gibt nur zwei Oberhausener, die es wagen, auf den Kandidatenlisten der 35 Parteien zur Europawahl zu stehen, um in Brüssel Politik zu machen. Gürel Akkaya, ein 56-Jähriger mit dem Beruf des Anlageführers, tritt für das nicht besonders bekannte, 2010 gegründete Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit (BIG) auf Listenplatz 7 an. Und Max Baum, der 23-jährige Vorsitzende der Oberhausener Jungliberalen, der FDP-Nachwuchsorganisation.
Am Bertha-von-Suttner-Gymnasium habe er sich politisiert, erzählt Max Baum bei einem Besuch der Redaktion. „Die einzige Schule, die in diesem Jahr eine Podiumsdiskussion vor den Wahlen veranstaltet“, lobt er. Die anderen hätten entweder kein Augenmerk für die Europawahl, die am 9. Juni 2024 ansteht, oder würden die Debatten scheuen, die politische Themen innerhalb der Schülerschaft entfachen können. „Nahost, das Klima oder auch so etwas wie Vegetarismus – da kommen schnell Grabenkämpfe auf“, sagt er. Er scheut sie nicht, die Kontroversen. Weshalb auch er diesmal auf dem Podium Platz nehmen und sich den Fragen stellen wird, als Vertreter der Freien Demokraten.
Auf Platz 95 der Europawahl-Bundesliste der FDP steht sein Name, weshalb es recht unwahrscheinlich ist, dass Max Baum demnächst sein Journalismus-Studium in Dortmund aufgeben muss, um in Straßburg und Brüssel an Sitzungen teilzunehmen. Knapp 11.000 Euro würde er im Monat verdienen, würde er es doch ins EU-Parlament schaffen. „Das wusste ich nicht“, sagt der spürbar redegewandte Jungpolitiker. „Das ist mir aber auch egal“, behauptet er. „Ich bin Idealist.“ Politik sei kein Beruf für ihn, sondern Engagement. Weshalb er das Wort „Berufspolitiker“ auch nicht mag: „Es gibt ja auch keine Ausbildung dazu. Das ist ein Mandat auf Zeit.“ Für den gebürtigen Oberhausener steht fest: Er lernt auch einen anderen, einen „richtigen“ Beruf. Den Bachelor in Biologie hat er bereits geschafft, als Basis für eine künftige Karriere in den Medien.
Mit 17 Jahren schon ist Max Baum der FDP beigetreten. Warum ausgerechnet diese Partei? Sind nicht die Grünen oder Linken traditionell beliebter bei der Jugend? Viele seiner Freunde seien weiter links orientiert als er, räumt der Student ein. Doch er selbst habe seine Entscheidung rational getroffen, „evidenzbasiert“ nennt er das. So habe er sich mit den Programmen aller großen Parteien in Oberhausen beschäftigt, sei zu den Treffen hingegangen und habe dort sein Herzensthema angesprochen: Tier- und Umweltschutz. Das hätte manche gar nicht interessiert, andere, wie die Grünen, seien ihm viel zu emotional damit umgegangen: „Es geht nicht um den Sterkrader Wald bei der Klimakrise.“ Bei den jungen FDPlern, den „Julis“, habe er „etwas Junges, etwas Neues, eine innovativere Politikform“ gefunden und sei dann dabeigeblieben.
Oberhausener Nachwuchs-Politiker: „Die FDP hat etwas Junges, Neues“
Zum ersten Mal werden in diesem Jahr auch 16- und 17-Jährige das EU-Parlament mitwählen. Max Baum glaubt, dass gerade diese Wahl besonders interessant für diese Altersgruppe sein könnte. Die länderübergreifende Anerkennung von Ausbildungen, das Erasmus-Programm, das die FDP auch für Schüler und Azubis fordert, eine gemeinsame Verteidigungspolitik - das alles sei insbesondere für junge Leute interessant, glaubt er, und habe viel mit ihrem Alltag zu tun. Wie die Sache mit dem USB-C-Kabel, das ab diesem Jahr EU-weit zum Standardladekabel wird - zum Schutz der Umwelt.
Denn die „ökologische Frage“, die Max Baum zur Politik geführt hat, werde im EU-Parlament verhandelt. „Man kann dort zwar keine Gesetze einbringen, aber Änderungen vorschlagen.“ Und somit, ist er überzeugt, „hat ein Oppositionspolitiker im Bundestag weniger Möglichkeiten, etwas zu verändern als ein kleiner Abgeordneter der FDP in der EU.“ In Brüssel liege die Zukunft, „nicht in den Länderparlamenten“.
Max Baum aus Oberhausen will ins EU-Parlament: Wahlwerbung auf Instagram und Tiktok
Auch ohne EU-Mandat wird Max Baum weiter Politik machen. Nicht nur als Kreisvorsitzender der Jungen Liberalen, auch als stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP in Oberhausen und Vertreter seiner Partei in der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen. Und er wird sich weiter dafür einsetzen, dass mehr junge Menschen Lust darauf haben, Dinge zu verändern. Dafür wirbt er digital in Instagram-Storys und Livestreams, auf Facebook und Tiktok. Viel freie Zeit neben seinem Studium und dem geliebten Squash-Spiel geht für die Politik drauf.
„Ich will gestalten“, erklärt der Oberhausener seine Motivation. Auch wenn dafür manchmal ein dickes Fell nötig sei. Buh-Rufe bei Veranstaltungen seien da noch das geringste. „Man muss auch damit rechnen, angegriffen zu werden“, spielt Maximilian Baum auf die jüngsten Vorkommnisse auch in Oberhausen an, bei denen Politikerinnen und Politiker attackiert wurden.
Er spricht sie an, diese Anti-Stimmung, doch er räumt ihr nicht zu viel Raum ein. Viel wichtiger ist ihm die Zukunft in einem Europa mit allen Vorzügen, die heute selbstverständlich sind, für ihn und alle anderen, die damit aufgewachsen sind. Sein Wunsch: diese zu bewahren – und zu erweitern: „Warum mit dem Zug nur bis Paris und nicht auch bis Barcelona?“
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