Oberhausen. Die Behandlungen für Kinder von fast drei Monaten darf das Evangelische Krankenhaus Oberhausen nicht abrechnen. Und nun?
Was gibt es Wichtigeres, als eine gute Krankenhaus-Versorgung von Kindern? „Nur wenig“, meint Peter Quaschner – und der Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen (EKO) steht mit dieser Ansicht sicherlich nicht alleine da. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Aufgrund einer mangelhaften Gegenfinanzierung der Krankenhaus-Behandlungen von Kindern und Jugendlichen durch die Krankenkassen machen immer mehr Häuser ihre Krankenstationen dicht. Auch das EKO blieb im vergangenen Jahr auf den kompletten Behandlungskosten für rund drei Monate sitzen.
„Das ist ein Armutszeugnis für unser Land“, sagt Quaschner, der selbst Vater von fünf Kindern ist. Dabei könnte doch alles so schön sein. Während andere Kliniken kriseln, schreibt das EKO (das zur Ategris-Gruppe gehört) seit Jahren schwarze Zahlen. Aktuell investiert das Haus 15 Millionen Euro in den Ausbau seiner Kinder- und Jugendklinik. Gut fünf Millionen davon stammen aus der eigenen Kasse, 9,84 Millionen aus NRW-Fördermitteln.
Gerade weil in der Region immer mehr Kinderstationen aufgaben, „steigt der Druck auf unsere Einrichtung“. Schon jetzt könne er den nicht einmal fertig gestellten Neubau der Kinder- und Jugendklinik gleich um drei weitere Stationen aufstocken. „So groß ist die Nachfrage.“ Doch es droht ein Dilemma: „Versprochen worden war uns eine auskömmliche Finanzierung der Kinderkliniken – eingetreten ist das Gegenteil.“
Dabei hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) selbst mehrfach von einer „Revolution“ im System gesprochen. Patientinnen und Patienten sollten nach seiner - allerdings auch eng mit den Ländern abgestimmten - Krankenhausreform mehr nach medizinischen und weniger nach wirtschaftlichen Kriterien behandelt werden. Dafür will der Bundesgesundheitsminister weg von den seit 2004 geltenden Fallpauschalen. Die grobe Rechnung: 40 Prozent der Gelder sind für das Vorhalten von Leistungen geplant, 60 Prozent sollen die Häuser aber doch noch über Fallpauschalen erwirtschaften. Ausnahmen sollten für Geburtshilfe, Kinderheilkunde und Intensivmedizin gelten. „Davon ist jetzt überhaupt keine Rede mehr, das Budget für alle Kinderkliniken bleibt gedeckelt und das auch noch viel zu knapp“, sagt Dr. Hassan Issa, Chefarzt der EKO-Klinik für Kinder und Jugendliche, verärgert.
Große Krankheitswelle im letzten Winter
Trotz enger finanzieller Grenzen habe seine Abteilung keinen einzigen kleinen Patienten abgelehnt, versichert Issa. Auch während der großen Krankheitswelle unter Kindern im letzten Winter nicht. „Wir haben lieber noch ein zusätzliches Bett in eigentlich für höchstens drei Kinder gedachte Krankenzimmer gestellt“, ergänzt Quaschner. Doch da das Budget der Abteilung mithilfe von Durchschnittswerten ermittelt wird und eben immer noch begrenzt ist, sei es zu dieser absurden Situation gekommen: „Auf den Kosten für sämtliche Behandlungen von Oktober bis Dezember ist das EKO alleine sitzengeblieben.“
Leistung, folgert Chefarzt Issa, werde auf diese Weise bestraft. Denn nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinderstation hätten sich krumm gelegt, um ihrem gesetzlich verankerten Versorgungsauftrag nachzukommen. Auch die Früh- und Neugeborenen-Station sei längst durchweg „rappelvoll.“ „Wir sind als Perinatalzentrum Level 1 zertifiziert und damit Experten in der Versorgung von Risikoschwangeren und zu früh geborenen Babys.“ Fast jede zweite Oberhausenerin, jeder zweite Oberhausener komme inzwischen im EKO zur Welt.
Tatsächlich bemängelt auch Bernhard Hoch, Geschäftsführer der Gesellschaft Kinderkliniken und Kinderabteilungen in Deutschland, die Verteilung der Gesundheitsausgaben. So nutzte er etwa auch den Kongress für Kinder und Jugendmedizin in Hamburg, um auf diesen Widerspruch hinzuweisen: Nur 8,1 Prozent aller Ausgaben (35 von rund 430 Milliarden Euro) kämen Kindern und Jugendlichen zugute. Dabei machten diese bereits 17 Prozent der Gesamtbevölkerung aus (Quelle: Deutsche Ärztezeitung).
Insbesondere die Vorhaltekosten müssten bei den Kinderkliniken deutlich stärker berücksichtigt werden. Denn diese seien höher als in Allgemein-Krankenhäusern. Außerdem fehle den Kinderkliniken nun schon seit Jahrzehnten eine ausreichende finanzielle Basis zur Grundversorgung. Forderungen, die EKO-Geschäftsführer Quaschner nur unterstützen kann: „Bei der Finanzierung der Kinderkliniken muss unverzüglich nachgebessert werden!“
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