Oberhausen. Mehr Infekte als letztes Jahr. Das RS-Virus breitet sich rasant bei kleinen Kindern aus, die Grippe bei größeren. Was Experten raten.
Da rollt etwas auf Oberhausen zu: Kinderarztpraxen und Kinderkliniken in der Region melden steigende Patientenzahlen. Besonders heftig scheint die erneut ansteigende Grippewelle diesmal Schulkinder zu treffen.
Noch ist die Lage in der Klinik für Kinder und Jugendliche im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen stabil – dies aber bereits auf hohem Niveau. Chefarzt Dr. Hassan Issa betont allerdings: „Die Lage im November und Dezember 2023 war angespannter.“ Die Perspektiven sind nicht gut. Denn schon jetzt husten und schnaufen rund 5,5 Millionen Deutsche um die Wette.
Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft für Influenza plagen sich 47 Prozent mit der echten Grippe herum und zwölf Prozent mit dem RS-Virus, das vor allem bei Kleinkindern und alten Menschen bedrohlich verlaufende Atemwegserkrankungen verursachen kann. Corona (sieben Prozent) und normale Erkältungen (sechs Prozent) scheinen nach dieser Stichproben-Analyse derzeit kaum eine Rolle zu spielen. Besonders die Grippefälle steigen aktuell an, ungewöhnlich stark sogar bei Kindern.
Mehr Atemwegsinfekte als im Vorjahr
Das Robert Koch-Institut bestätigt: „Die Grippewelle hat mit der 50. Kalenderwoche 2023 begonnen und hält seitdem an.“ Die Influenza-Aktivität habe in der Woche vom 15. Januar bis zum 21. Januar 2024 deutlich zugelegt und befinde sich auf einem ähnlich hohen Wert wie im Vorjahr, die Zahl aller Atemwegsinfekte lag sogar noch darüber. Eine Entwicklung, die Mediziner aufhorchen lässt. Denn so lange ist es ja noch nicht her, dass etliche Familien in der Region auf der Suche nach einem freien Bett erst ein Kinderkrankenhaus nach dem anderen abklappern mussten.
Entsprechend aufmerksam beobachten Oberhausener Kinderärzte auch diese Fakten: Bei 18 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die deutschlandweit derzeit wegen einer schweren Atemwegserkrankung ins Krankenhaus kommen, diagnostizieren die Ärzte eine Influenza. Auch der Anteil der RSV-Diagnosen ist nach einem Rückgang in der Vorwoche erneut gestiegen und liegt nun bei 14 Prozent. Bei den kleinen Klinikpatienten unter zwei Jahren bleibt der Anteil der RSV-Diagnosen mit 69 Prozent sehr hoch.
Präsident der Kinder- und Jugendärzte rät zur Grippeimpfung für alle
„Aktuell betreuen wir durchgängig um die 50 Kinder aller Altersgruppen mit unterschiedlichsten Erkrankungen“, beschreibt Issa die Situation im EKO. Der Chefarzt rät allen Risikogruppen – wie Kindern mit Herzerkrankungen, mit Krebs oder anderen schweren chronischen Krankheiten sowie Frühgeborenen – zur RSV-Impfung (seit Oktober 2023 möglich).
Mit Blick auf die diesjährige Grippewelle ging Michael Hubmann, Präsident des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) erst kürzlich (gegenüber unserer Funke Mediengruppe) sogar noch weiter: Die Grippeimpfung ab dem Kleinkindalter sei für alle medizinisch sinnvoll – auch jetzt noch. Denn was sich bereits im Vorjahr abzeichnete, scheine sich nun noch zu verstärken: Immer mehr Kinder bis 16 Jahren erkranken. Die meisten zwar nur leicht, Säuglinge seien aber durchaus gefährdet. In Australien registrierte die dortige Gesundheitsbehörde jedenfalls immer wieder auch bei Kindern nicht nur schwere Verläufe, sondern auch Todesfälle. Auf der Südhalbkugel kursieren die Grippe-Erreger einige Monate früher, bevor sie sich dann auch bei uns ausbreiten.