Oberhausen. Eine Mutter berichtet von ihren Erfahrungen bei der Suche nach einer Hebamme. Sie hat keine gefunden und nutzt das Angebot eines Krankenhauses.

  • Der Hebammenmangel hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen
  • Mütter müssen sich beeilen, wenn sie eine Hebamme finden wollen
  • Oberhausener Krankenhaus bietet fürs Wochenbett eine Sprechstunde an

Iva hat die Augen geschlossen und bekommt nicht mit, was gerade passiert. Das kleine Mädchen ist erst drei Wochen alt und braucht noch viel Schlaf. „Gerade hat sie aber auch gezeigt, dass sie auch anders kann“, sagt Hebamme Kirstin Weißbach mit sanfter Stimme. Babys sind eben nicht nur süß, sondern eine große Aufgabe. Deshalb sucht Mama Nina heute den Rat der erfahrenen Fachkräfte: Ist das Gewicht in Ordnung? Was sind das für rote Flecken über dem Auge? Fragen, die frisch gebackene Mütter normalerweise ihrer Hebamme Zuhause stellen. Aber die 34-Jährige hat keine Hebamme gefunden. Deshalb nutzt sie die neue Wochenbettambulanz des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen.

Der Hebammenmangel beschäftigt und belastet seit geraumer Zeit das Gesundheitssystem und die werdenden Eltern. In einigen NRW-Städten ist der Mangel so akut, dass die Landesregierung ein Hebammenmobil finanziert. Die fahrbare Praxis macht in Bottrop, Mülheim und Essen Station.

Auch in Oberhausen wäre ein solches Mobil wohl nötig. „Wir bekommen jeden Tag Anrufe von Frauen, die eine Hebamme suchen“, erzählt Weißbach. Die Lücke ist mittlerweile so groß, dass „Frauen mit einem positiven Schwangerschaftstest zu uns kommen“, sagt ihre Kollegin Julia Kaiser. Wer in der 15. Schwangerschaftswoche eine Hebamme suche, komme schon zu spät.

Mutter sucht Hebamme und findet keine

Das erfuhr auch Nina O. aus Oberhausen. Sie habe erst im vierten Monat erfahren, dass sie schwanger sei. Als sie dann bei den Praxen herumtelefonierte und nach einer Hebamme suchte, „wurde mir schnell klar, dass es aussichtslos ist“. Nach der Geburt von Iva im EKO hörte sie von der neuen Wochenbettambulanz und vereinbarte einen Termin. Seitdem besuchte sie dreimal die Sprechstunde in der Eltern-Kind-Schule an der Virchowstraße.

Kirstin Weißbach arbeitet seit 1991 als Hebamme. Eine Wochenbettambulanz habe sie sich nicht vorstellen können. Aufgrund des Engpasses gibt es die jetzt am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen.
Kirstin Weißbach arbeitet seit 1991 als Hebamme. Eine Wochenbettambulanz habe sie sich nicht vorstellen können. Aufgrund des Engpasses gibt es die jetzt am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Das Angebot des EKO gibt es seit dem 1. Februar. Mütter, die keine Hebamme gefunden haben, können nach der Geburt einen Termin vereinbaren. Die Wochenbettambulanz „öffnet“ montags zwischen 9 und 12 Uhr und donnerstags zwischen 10 und 13 Uhr. Erfahrene Hebammen schauen sich das Neugeborene an, beantworten Fragen rund um Themen wie Nabelpflege, Stillen, Ernährung, Gewicht und Hautfarbe. Sie geben Hinweise, falls die Mütter einen Kinderarzt zur Abklärung besuchen sollten und erkundigen sich nach der Gesundheit der Mütter. Wundheilung von Geburtsverletzungen aber auch die psychische Belastung können Themen in der Ambulanz sein. Die Ambulanz ist keine Notfallsprechstunde.

Hebammenmangel: Schlechte Vergütung, hohe Unkosten

Kirstin Weißbach weiß, was Hebammenmangel bedeutet. Nach der Wende hat sie 1991 in Duisburg als Hebamme angefangen. Damals habe es in West-Deutschland ebenfalls schon zu wenige Hebammen gegeben. Dennoch: eine Wochenbettambulanz habe sie sich „nie und nimmer“ vorstellen können. Der aktuelle Mangel aber ist doch so groß, „dass wir die Lücke etwas schließen wollen“. Die 52-Jährige macht vor allem die Rahmenbedingungen für die aktuelle Misere aus. Die Vergütung könnte deutlich besser sein. Zudem müssen selbstständige Hebammen hohe Versicherungssummen zahlen für das berufliche Risiko, das sie auf sich nehmen. Die Rahmenbedingungen haben eine abschreckende Wirkung. Nach ihrer Beobachtung legen viele Hebammen nach der Ausbildung eine Pause ein und schauen sich nach Alternativen um.

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Das stellt auch Julia Kaiser fest. Die 29-Jährige ist dabei geblieben, aber „etwa die Hälfe“ habe nach der Ausbildung nicht gleich die Weiterbeschäftigung gesucht. Als Hebamme sind Arbeitswochen mit über 40 Stunden keine Seltenheit. Geburten sind unplanbar.

Nina O. aus Oberhausen ist jedenfalls froh, dass es die Wochenbettambulanz gibt. „Wenn ich Fragen habe, schreibe ich sie mir auf und bringe sie mit“, sagt die junge Mutter. Sie versuche, so selten wie möglich das Internet um Rat zu fragen, denn „das macht mich nur verrückt“. Der echte Kontakt ist ihr lieber. Tochter Iva anscheinend auch. Sie schläft weiter.

>>>Info: Krankenkassen übernimmt Leistungen

Die Leistungen der Wochenbettambulanz werden von der Krankenkasse gezahlt. Mütter müssen ihre Versichertenkarte, ihren Mutterpass und das Kinderuntersuchungsheft mitnehmen.

Eine Terminvereinbarung ist unter 01573 620 9559 erforderlich. Die Eltern-Kind-Schule des EKO befindet sich auf der anderen Straßenseite, gegenüber dem Hauptgebäude an der Virwchowstraße 20.