Oberhausen. Der Verein für aktuelle Kunst zeigt Skulpturen aus edlen Hölzern und Farbmalerei nach alter Tradition. Sie haben eine spektakuläre Wirkung.

Der Blauglockenbaum ist in Ostasien wahrlich keine Rarität, eher schon eine invasive Art, die sich dort breitmacht, wo sie nicht heimisch sein sollte. Doch sein „Kiri“ genanntes Holz genießt in Japan höchste Wertschätzung - nicht nur wegen der schönen, hellen Färbung. In Schränken aus dem schwer entflammbaren Material bewahren Familien ihre kostbarsten Kimonos auf. Und Helga Weihs macht daraus eine schlichte Bodenskulptur: Im Maß dreier Tatami-Reismatten ruht sie in der Oberhausener Ausstellungshalle des Vereins für aktuelle Kunst vor den Gemälden von Georg Schmidt.

Bewunderung erntete ihre Arbeit in Nippon durchaus - nur ganz anders, als die Kölnerin es erwartet hatte: „Die Besucher haben das edle Material geschätzt, nicht die Kunst.“ Dabei erzielt Helga Weihs als Holzbildhauerin teils spektakuläre Wirkungen: Sei es jene (vorsichtig) begehbare, übermannshohe Holzplastik aus 1350 Einzelteilen, die geradezu vorwitzig in die Sichtachse der weitläufigen Ausstellungshalle ragt, oder mehr noch jene aus wechselnden Partien von dunklen und hellen Hölzern gefügten „Ringel“-Skulpturen. Die 72-jährige Künstlerin hat einige Arbeiten aus den 1990er Jahren mitgebracht: „Für mich sind sie so frisch wie von heute.“

Zweierlei Hölzer wirken in den „organischen“ Skulpturen von Helga Weihs, als hätte sie ein weiches Material zurechtgeknüllt. Am gelben Gemälde von Georg Schmidt hatte der durchs Atelier fegende Wind mitgewirkt. Die Werke sind derzeit in Oberhausen zu sehen.
Zweierlei Hölzer wirken in den „organischen“ Skulpturen von Helga Weihs, als hätte sie ein weiches Material zurechtgeknüllt. Am gelben Gemälde von Georg Schmidt hatte der durchs Atelier fegende Wind mitgewirkt. Die Werke sind derzeit in Oberhausen zu sehen. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Kunsthalle in Oberhausen: Gemälde „in neuem Licht“

Diesen mal bauchigen, mal sich rank schlängelnden „organischen“ Formen, aus denen eine ungemein subtile Bearbeitung des Materials spricht, stehen jene Holzplastiken an den Wänden gegenüber, die Helga Weihs „Architektur“ nennt: Wollte man diese Räume bis zu den für Menschen bewohnbaren Maßen vergrößern - dann fände man sich wohl in Ateliers wie jenen der Kunststiftung Insel Hombroich wieder: Auf der einstigen Nato-Raketenstation bei Neuss unterhält auch Georg Schmidt seine Künstlerwerkstatt. Der gebürtige Lübecker und studierte Philosoph sieht seine eigenen Gemälde in Oberhausen „in neuem Licht“: dank des Oberlichtes in der Sheddach-Halle an der Hansastraße, aber auch dank der „starken Korrespondenz“ mit den Weihs‘schen Skulpturen.

Die schönste Harmonie ist der Zufall.
Georg Schmidt - zitiert den griechischen Philosophen Heraklit

Der 62-Jährige betont seine Herkunft „aus der klassischen Malerei“, seine Begeisterung für die venezianischen Renaissance-Meister Tizian und Tintoretto: Und meint natürlich deren Kunst der Farbgebung. Wer ein typisches „Tizianrot“ in seiner Bilderschau mit „retrospektivem Charme“, so Georg Schmidt, vermisst, der findet zumal auf den Hinterglasgemälden ganz andere Farben von enormer Strahlkraft. Der Maler zitiert den antiken Denker Heraklit von Ephesos: „Die schönste Harmonie ist der Zufall.“

Ausstellung in Oberhausen: Zwei Tage benötigte der Aufbau von Helga Weihs‘ begehbarer Holzskulptur aus 1350 Einzelteilen, sorgfältig verschraubt. Als Maler setzt Georg Schmidt auf „die Harmonie des Zufalls“.
Ausstellung in Oberhausen: Zwei Tage benötigte der Aufbau von Helga Weihs‘ begehbarer Holzskulptur aus 1350 Einzelteilen, sorgfältig verschraubt. Als Maler setzt Georg Schmidt auf „die Harmonie des Zufalls“. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Ausstellung in Oberhausen: „Die Bilder sind fertig, wenn sie mir fremd werden“

Und so flaniert der Ausstellungsbesucher von in klassischer Manier bearbeiteten Leinwänden, auf denen die Spuren des Pinsels nahezu unsichtbar sind, zu Großformaten einer schwungvoll-gestischen Malerei, die man bei den Farbmaler-Freunden des Vereins für aktuelle Kunst (VfaKR) kaum erwarten dürfte. „Die Bilder sind fertig, wenn sie mir fremd werden“, sagt der Künstler-Philosoph: Wenn ihre Wirkung über das malerische Kalkül hinausreicht.

Vor einem mit sichtlicher Freude gefüllten Großformat in changierenden Türkistönen erzählt Georg Schmidt begeistert, welche Wirkung dieses Gemälde hatte, als er es „in einem ganz kleinen Gartenhaus“ inmitten einer Kölner Laubenkolonie ausstellte: Er habe als Maler „ein Grün gefunden, dass sich in der Natur behauptet“.

Die Altenberger Kunsthalle: Öffnungszeiten und weiteres Programm

Die Halle des Vereins für aktuelle Kunst, Hansastraße 20, öffnet freitags von 15 bis 17 Uhr, samstags von 14 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 14 Uhr; Eintritt frei.

Die Doppel-Retrospektive bleibt bis zum 21. April in der einstigen Klempnerei des Zentrums Altenberg zu sehen. Im Mai folgt (nach einem Zwischenspiel der Internationalen Kurzfilmtage) eine große Würdigung für den 91-jährigen Maler Rolf Rose. Online informiert der Verein für aktuelle Kunst auf vfakr.de