Oberhausen. 9000 Fans haben James Blunt beim Konzert-Rendezvous in der gut besuchten Arena Oberhausen gefeiert. Warum weniger diesmal wirklich mehr war.
Sie kennen seine Laufwege. Zwei Mädels im Innenraum deuten auf diesen schmalen Gang zwischen den Rängen und den aufgebauten Stühlen im Innenraum, bei dem nichts dafür spricht, heute noch eine tragende Rolle zu spielen. Doch James Blunt wird sie am Samstagabend nicht enttäuschen. Kaum biegt das Konzert des britischen Pop-Sängers ins letzte Drittel ein, verlässt der 50-Jährige für wenige Minuten die Bühne der Arena Oberhausen - und wagt im Spurt ein Bad in der Menge. Ganz ohne Bodyguard. Dafür mit dem richtigen Händchen für Fannähe. Abgeklatscht wird im Akkord.
Eigentlich gibt es zur „Who we used to be“-Tour kaum einen Grund für solche Ausflüge. Schon die Bühne wirkt mit ihren tief hängenden Lampenschirmen, die immer wieder die Farbe ändern, wie ein heimeliges Wohnzimmer. Und James Blunt benötigt in der großen Halle mit 9000 Fans keinen Fernschreiber, mit vertrautem Plauderton selbst die Distanz zum obersten Sitzplatz unter dem Hallendach spielend zu überbrücken.
James Blunt in Oberhausen: Schmeichelhits für Töchter, Mütter, Großmütter
Mensch, James! 20 Jahre ist es her, dass er sich mit seinem Album „Back to Bedlam“ zum ersten Mal auf den Thron der deutschen Charts schmuste. Auch heute schnallt er sich immer noch seine Akkustikgitarre um, als wolle er die ganze Nacht durchspielen. Und mit den Fans am Lagerfeuer einige Marshmallow grillen. „Ich habe eine neue Hose. Ich habe neue Schuhe. Aber immer noch die selbe verfluchte Band!“
Obwohl er längst Vater von zwei Söhnen ist, wirkt er immer noch wie ein Typ, den sich die Mädels zum Kerzenschein-Dinner und deren Mütter als höflich gewitzten Schwiegersohn wünschen. Was eigentlich wie eine unvermeidliche Zutat aus dem Klischee-Baukasten klingt, hat James Blunt sogar noch verfeinert. Es ist der Abend für Generationen: Großmütter, Mütter und Töchter scheint man im Einklang seufzen zu hören als sein großer Schmeichel-Hit „You’re beautiful“ durch die Halle schwappt. Und Handylichter mit der breiten Glitzerleinwand zu konkurrieren beginnen.
Sein verschmitztes Lächeln sehen alle gerne. Wenn sich der Brite immer wieder mit deutschen Vokabeln misst. Und dabei gestenreich in die fast komplett belegte Halle deutet. „Guten Abend, Oberhausen. Alles klar auf links? Alles klar auf rechts? Alles klar in der Mitte?“
James Blunt in Oberhausen: „Goodbye my Lover“, „Carry you home“ und „1973“
Charme-Offensiven ist man von ihm gewohnt. Aber er kann es auch frech. Der britische Humor fließt wohl dosiert ins Hitfeuerwerk ein. Zunächst bekommt ein Nachbarland etwas ab, als er über andere Tour-Stationen frozelt. „Frankreich zählt nicht. Da war ich nur zum Üben.“ Auch seine bekanntesten Songs möchte er in Oberhausen zunächst nicht herausrücken. „Ich spiele nur Songs aus meinem neuen Album. Pech gehabt, euer Geld habe ich ja schon!“
Auch wenn er aus der Scheibe „Who we used to be“ tatsächlich recht üppige sieben Songs - von „Beside you“ bis „Glow“ - auffährt, geizt der Mann aus der südlich gelegenen englischen Grafschaft Wiltshire nicht mit großen Hits. Selbst Blunt-Laien müssen verblüfft zugeben, dass der Singer-Songwriter in der Musik-Geschichte deutliche Spuren hinterlassen hat.
Und so feiern die Fans „Goodbye my Lover“, „Carry you home“, „Bonfire Heart“ und „1973“. Ein wenig Selbstironie lässt der Brite nicht aus, wenn der 1,73-Meter-Mann eine Ukulele zückt und meint: „Mit meiner kleinen Gitarre sehe ich etwas größer aus.“ Beim stimmlich hochgeschossenen „High“ rät er dagegen allen Fans vom Mitsingen ab. So hoch zu singen wie ein Delfin, das könne letztlich nur er - und Mariah Carey. Zum treibenden „OK“, das gemeinsam mit dem deutschen Star-DJ Robin Schulz entstand, rockt schließlich der Saal.
James Blunt in Oberhausen: Zum Finale surft er übermütig und euphorisiert auf dem Piano
Nachdem Vicky Leandros vor wenigen Tagen bei ihrem eigenen Konzert in Hannover stolperte und von der Bühne stürzte, wird den Fans zum Finale doch noch beinah bange. Denn der Multiinstrumenten-Könner hechtet auf den wackeligen Deckel seines Pianos und beginnt übermütig und euphorisiert darauf zu surfen.
Doch wie so Vieles an diesem Konzertabend ist bei James Blunt die Dramaturgie wohldosiert. Dem Sänger gelingt, trotz gerade einmal 95 Minuten Konzert (plus 30 Minuten Support von Tors), der goldene Schnitt. Kaum Längen, Ansprachen auf den Punkt - und ziemlich komplette Pflichtsongs. Die Fans feiern den Sänger mit langem Applaus.
Auch interessant
- Kontra K in Oberhausen: Oberkörperfrei beim Tour-Auftakt
- Jörg Bausch offen für Neues: „Das wäre ganz großes Kino“
- Ruhr in Love 2024 in Oberhausen: Termin, Star-DJs und Preise
- Ruhr in Love 2024: Das Line-up steht - Lilly Palmer dabei
- Inselfieber Oberhausen 2024: Termine, Preise und Künstler
- Joachim Witt: Kuriose Pause – drei Fans müssen Halle verlassen