Oberhausen. Flüchtlinge sollen statt Bares eine Geldkarte bekommen. Das stößt in der Oberhausener Politik auf ein geteiltes Echo. Welche Bedenken es gibt.

Oberbürgermeister Daniel Schranz will sie unbedingt, die Linke ist strikt dagegen: Beide haben schon klar Stellung bezogen, was sie von der Bezahlkarte für Flüchtlinge halten. Was aber sagen andere politische Mitstreiter in Oberhausen? Eine Nachfrage.

Die CDU-Fraktion schlägt sich, was kaum verwundert, auf die Seite des christdemokratischen Oberbürgermeisters und „drängt auf eine rasche Umsetzung der Bezahlkarte“. Sie ermögliche „eine zielgerichtete und sichere Auszahlung“, betont Finn Rubin, Sprecher der CDU im Sozialausschuss. Dabei schlägt er in die gleiche Kerbe wie Schranz: Durch die Karte werde „möglicher Sozialbetrug erschwert“. Nach Worten des Sprechers „können wir auch Verwaltungsressourcen einsparen“, da das Personal im Rathaus, das sich um die Bargeldauszahlung kümmert, dann für andere Aufgaben bereitstehe.

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CDU und FDP: Missbrauch mit den Geldleistungen unterbinden

Selbst wenn der Spareffekt gering sein sollte, hält die CDU-Fraktion vor allem ein Argument zugunsten der Karte für überzeugend. Aus deren Sicht können doch Bürger kaum nachvollziehen, dass mit der jetzigen Barauszahlung „Hilfsleistungen, die für Geflüchtete in unserem Land bestimmt sind, ins Ausland abfließen, zum Beispiel um ihre Familien in den Heimatländern zu unterstützen“.

Ähnlich argumentiert auch FDP-Parteichef Roman Müller-Böhm. Denn nach Meinung der Liberalen geht mit der Bezahlkarte ein größtmöglicher Schutz vor einem Missbrauch der Geldleistungen einher, die Flüchtlinge erhalten. Anders gesagt: Das Geld bleibt im Land und bei den Personen, für die es auch gedacht ist. Kein Problem hat die FDP damit, dass die Städte und Gemeinden selbst entscheiden können, ob sie die Karte einführen oder es lassen. Gerade in eher ländlichen Regionen, mit geringer Flüchtlingszahl, mag eine Bargeldauszahlung angebracht sein, meint Müller-Böhm. Im Falle der Ruhrgebietsstädte mit vielen Flüchtlingen sei dagegen die Karte das Mittel der Wahl.

CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr: Gefahr eines Flickenteppichs.
CDU-Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr: Gefahr eines Flickenteppichs. © Oberhausen | Frank Oppitz

Eine gegenteilige Meinung hat hier die CDU. Fraktionschefin Simone-Tatjana Stehr fürchtet nämlich, „dass wir bald mit einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Regelungen arbeiten müssen“. Zugleich sieht sie auch eine große Gefahr, wenn so verfahren wird, wie es ihr Parteikollege, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, auf den Weg gebracht hat: „Besonders in Metropolregionen wie dem Ruhrgebiet könnte dies zu Verdrängungseffekten zwischen den Städten führen.“ Daher dringt die Oberhausener CDU, wie auch manche andere Christdemokraten, darunter Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen, auf eine einheitliche Lösung für ganz NRW.

Auch die SPD hat Sorge vor einem Flickenteppich in den Ruhrgebiets-Großstädten

In ihrer Kritik bekommt Stehr auch Rückendeckung, allerdings vielleicht anders als erwartet. Der politische Gegner, die SPD, spricht ebenfalls von einem Flickenteppich, den es zu verhindern gelte. Gerade in der dicht besiedelten Region des Ruhrgebiets könne es doch dazu kommen, dass in dem einen Straßenzug Flüchtlinge mit Karte bezahlen, eine Straße weiter aber Bargeld über die Ladentheke gehe. Eine solche Handhabe hält die SPD für wenig praktikabel, das könne zu großen Verunsicherungen und zu einem Gegeneinander führen. Die Einführung der Geldkarte insgesamt sieht die SPD dagegen recht skeptisch, weil noch viele Details ungeklärt seien, unter anderem das Ausmaß des Verwaltungsaufwandes.

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Die Grünen wiederum lassen an der Geldkarte kaum ein gutes Haar. Der sozialpolitische Sprecher Sebastian Girrullis bezweifelt, ob die Karte wirklich den Verwaltungsaufwand verringert. Zudem müssten die Städte und Gemeinden für die Kosten aufkommen. Sehr deutliche Worte findet er zur Einschätzung von CDU und FDP, es gebe hier einen Missbrauch der Geldleistungen: „Die regulierende Wirkung halte ich für überschätzt, da Menschen nicht aus Reiselust, sondern vor Tod und Verfolgung fliehen und ihre Heimat und Angehörigen verlassen.“ Ungeklärt sei auch, ob eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben mit einer Guthabenkarte wirklich sichergestellt werden kann. Fraglich sei zudem, ob die Karte auch einer Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht standhalte.

Die AfD ist schon seit längerer Zeit für eine Guthabenkarte statt für die Auszahlung von Bargeld. Die Oberhausener AfD-Politiker sind überzeugt davon, dass „die hohe finanzielle Unterstützung in Deutschland als Anreiz für die Flucht angesehen werden kann“. Mit dem Bargeld würden „kriminelle Schlepper und die Familien in der Heimat finanziert“. Die AfD hatte schon früher im Stadtrat die Einführung von Sachleistungen anstelle von Bargeld gefordert. Dies war aber von der breiten Mehrheit des Rates damals abgelehnt worden.

Asylbewerber haben Anspruch auf eine Zahlung von 460 Euro je Monat

Welche Flüchtlinge eine Geldkarte bekommen würden, ist nach Angaben der Oberhausener Stadtverwaltung noch nicht abschließend geklärt. Wenn es sich um Menschen handelt, die Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sind das in Oberhausen derzeit 509. Sofern sie nicht mehr in einer Sammelunterkunft leben, sondern in einer Privatwohnung, wird die Miete oder die Stromrechnung allerdings nicht über die Karte abgewickelt werden können, das müssen die Geflüchteten selbst oder der Sozialhilfeträger, sprich die Stadt, erledigen.

Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, derzeit rund 3250 in Oberhausen, kommen für die Karte nicht in Betracht, sie erhalten Bürgergeld vom Jobcenter, wenn sie kein ausreichend hohes Arbeitseinkommen haben.

Die Geldkarte soll den gesamten monatlichen Anspruch von 460 Euro beinhalten. Der schlüsselt sich auf in einen notwendigen Bedarf von 256 Euro und einen persönlichen Bedarf von 204 Euro. Nun sollen die Flüchtlinge die Chance erhalten, sich vom letztgenannten Betrag einen Teil am Bankautomaten oder im Lebensmittelgeschäft auszahlen zu lassen. Welche Regelung zustande kommt, ist noch offen.