Oberhausen. Die Bahn baut die Betuwe-Linie aus. Das hat Folgen für Pendler. Zwischen Oberhausen und Emmerich ist die Strecke erneut gesperrt.
Das hat die Bahn clever gemacht. Früher informierte ein durchlaufendes Banner auf den Anzeigetafeln über Ausfälle. Jetzt werden an den Oberhausener Bahnsteigen nur noch die aktuellen Verbindungen angezeigt. Dass die Züge Richtung Wesel derzeit ausfallen, erfahren Fahrgäste so nicht. Andererseits: Business as usual.
Denn Pendlerinnen und Pendler dürften längst die Sperrung auf dem Schirm bzw. Handydisplay haben. Wie so oft im vergangenen Jahr ist die Strecke zwischen Oberhausen und Emmerich seit Freitag wieder für den Ausbau der Betuwe-Linie gesperrt. Das heißt vor allem: warten und Busfahren.
A42-Sperrung, Bauernprotest, Bahnstreik: Pendler müssen viel aushalten
An der Ersatzhaltestelle nahe dem Tuffi-Elefanten am Zentrum Altenberg macht sich eine Mischung aus Akzeptanz und Resignation breit. Es sind ungemütliche Verkehrs-Zeiten, nicht nur wegen der eisigen Temperaturen. Die A42 zwischen Bottrop und Essen ist gesperrt und zwingt Autofahrer zu langen Umwegen, ab Mittwoch wollen die Lokführer bei der Deutschen Bahn streiken. Und am Montag protestieren Landwirte im ganzen Land gegen die Politik der Bundesregierung. Der Bauernprotest rückt für einen wartenden Fahrgast auch die Unannehmlichkeiten der Bahnsperrung in ein anderes Licht: „Die Bauern sind wichtiger. Eine halbe Stunde auf den Bus warten überlebt man. Aber keine Eier mehr?“
Wann immer die Strecke Oberhausen-Emmerich komplett gesperrt wird, setzen Deutsche Bahn und die anderen Verkehrsunternehmen Ersatzbusse ein. Diese halten am hinteren Ausgang des Oberhausener Hauptbahnhofs. Betroffen ist der RE5 (National Express), der RE49 (DB Regio), der RE19 (Vias) nach Arnheim und der RE44 (RheinRuhrBahn). Etwa alle zwanzig Minuten können Fahrgäste mit einem Bus nach Wesel fahren. Allerdings ist die Fahrzeit deutlich länger als sonst. Laut Bahn-Auskunft braucht der Bus nach Wesel exakt 47 Minuten, um sich durch Straßen und über die Autobahn zum Zielort zu wühlen. Mit dem Zug ginge es doppelt so schnell.
Gelsenkirchener berichtet: Brauche manchmal zwei Stunden
Und so braucht Sascha Stützer manchmal zwei Stunden, um von Gelsenkirchen zu seinem Arbeitsplatz in Wesel zu gelangen. An diesem Montagmorgen steht er mit seinem E-Scooter an der Haltestelle in Oberhausen und wartet auf den Bus um 8.20 Uhr. Von Gelsenkirchen aus kommend muss er hoffen, dass er pünktlich mit dem Zug in Oberhausen ankommt, und dann den Bus erwischt nach Wesel. Und zurück das ganze nochmal. „Ich hatte auch schon mal um vier Uhr Feierabend und war erst um halb zehn zu Hause“, sagt er. Sein Arbeitgeber wisse über die regelmäßigen Unregelmäßigkeiten Bescheid. Ab Mittwoch will er im Home Office arbeiten, wenn wegen des Streiks noch weniger Busse fahren. Betroffen sind dann allerdings nur Linien der Deutschen Bahn.
Neben ihm steht Marcel Kmiec. Er ist auf einen Blindenstock angewiesen und muss zurück nach Wesel. „Es wäre schön, wenn im Zug die Durchsage käme, wo sich die Ersatzbusse befinden“, sagt er. Auf dem Boden sind lange Streifen geklebt, die den Weg weisen. Ihm helfen diese Streifen allerdings nicht. „Zum Glück kenne ich den Weg.“
Bahnstrecke gesperrt: Busfahrer verpasst Autobahnausfahrt
Kmiec hat sich auf die längeren Reisen mit dem Bus eingestellt. „Zufrieden wäre ich, wenn die Züge fahren“, seufzt er. Immerhin käme er mit dem Bus gut voran. „Aber es kommt drauf an, welchen Busfahrer man hat. Einmal hat ein Fahrer die Ausfahrt auf der Autobahn in Wesel verpasst. Die Reisenden wurden dann gebeten, an der nächsten Station zurückzufahren“, erzählt Kmiec.
Es gibt auch verständnisvolle Töne an der Ersatzbus-Haltestelle. „Die Strecke muss ja ausgebaut werden“, sagt ein Mann, der täglich nach Wesel pendelt. „Wenn das nicht passiert, werden die Züge immer zu spät kommen.“ Die zusätzlichen Gleise sollen schließlich den Güterverkehr schneller machen, dadurch könnte auch der Personenverkehr pünktlicher rollen. Das Mega-Projekt Betuwe hat weitreichende Folgen für tausende Menschen nahe der Gleise. Meterhohe Schallschutzwände werden dafür in Oberhausen errichtet, Bahnhöfe müssen umgebaut werden. Doch erst einmal heißt es: warten und Busfahren. Die nächste Sperrung wird besonders lang: Sie ist für den 14. Mai bis zum 14. Juni geplant.