Oberhausen. Die immer noch recht hohen Stromkosten machen Familien und Alleinstehenden zu schaffen. Die Stadt Oberhausen hilft, um Stromsperren zu vermeiden.
Der Blick ins Portemonnaie treibt viele Oberhausenerinnen und Oberhausener aktuell in die Verzweiflung. Auch die Wohlfahrtsverbände haben mehrfach darauf hingewiesen: Die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten bringen zunehmend selbst Normalverdiener, vor allem aber immer mehr Familien sowie Rentnerinnen und Rentner in Existenznot. Stadt und Energieversorgung Oberhausen zogen alle Register und nutzten ihre Chance.
Hintergrund: Mit dem „Stärkungspakt NRW“ unterstützt die Landesregierung Einrichtungen der sozialen Infrastruktur bei der Bewältigung zusätzlicher Ausgaben, die durch die Preisspirale ausgelöst wurden. Insgesamt standen dafür in NRW 150 Millionen Euro zur Verfügung. Die städtischen Mitarbeitenden in Oberhausen ließen die Finger fliegen und beantragten Mittel im Blitztempo. Mit Erfolg. Gut 2,4 Millionen Euro rollten erst in die Stadtkasse und danach in insgesamt 43 Töpfe.
Zuerst aber gingen Stadt und EVO das dringendste Problem an und vereinbarten ein „Kooperationsprojekt“. Was sich nüchtern liest, hatte es in sich. Stadtsprecher Frank Helling erläutert: „Die EVO konnte mit diesen Mitteln zahlreiche Haushalte insbesondere mit Kindern, die wegen der gestiegenen Lebenshaltungskosten kaum in der Lage waren, die fortlaufenden Energiekosten zu begleichen, unterstützen und auf diese Weise Stromsperren vermeiden.“ Insgesamt flossen 455.000 Euro, „die inzwischen zu großen Teilen verausgabt sind“.
Jetzt kann das ältere Ehepaar endlich wieder warm duschen
Dirk Lübbers, EVO-Referent Forderungsmanagement, erzählt:. „Besonders berührt hat uns die Geschichte eines älteren Ehepaares.“ Weil die beiden ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen konnten, sei es zur Stromsperrung gekommen. „Aus Scham meldete sich das Paar allerdings nicht bei uns.“ Stattdessen hätten die Eheleute versucht, die offene Summe anzusparen. „Das war sehr schwierig, denn krankheitsbedingt können beide keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und beziehen nur die Grundsicherung.“
Als die Kälteperiode kam, waren die Oberhausener mit ihren Nerven am Ende. Sie wandten sich an die Diakonie und baten um Hilfe. „Als die EVO über diesen Fall informiert wurde, konnten wir dank des Stärkungspaktes die offene Forderung begleichen und umgehend die Energieversorgung wieder aufnehmen.“ Die klammen Stromkunden seien sehr erleichtert gewesen: „Jetzt könnten sie endlich wieder warm duschen.“
Auch die restlichen Mittel aus dem EVO-Fördertopf sollen noch in diesem Jahr an Bedürftige fließen. Das Projekt hat inzwischen in der gesamten Region für Aufmerksamkeit gesorgt und war beispielgebend für andere Städte, freut sich auch Stephanie Peters, Fachbereichsleiterin Soziale Angelegenheiten bei der Stadt Oberhausen. Alle Projektträger müssten die bereitgestellten Mittel bis zum 31. Dezember 2023 zweckgebunden ausgeben. Gelinge ihnen dies nicht, gehen die Gelder an andere Städte. Auch diese Aussicht ließ sich die Oberhausener Sozialverwaltung nicht zweimal sagen und forderte erfolgreich sofort weitere 100.000 Euro für den EVO-Topf an.
Zuschüsse gab es über die Fördergelder auch von der AWO in Oberhausen
Ende gut, alles gut? Noch lange nicht. Denn auch diese Summen lesen sich wie aus dem Märchen „Tischlein, deck dich!“: Fast 12.500 Euro flossen aus den Landesmitteln außerdem als Anschubfinanzierung für das Café in der Senioreneinrichtung Haus Bronkhorstfeld. Mit 20.000 Euro half auch die AWO Oberhausen unzähligen Bürgerinnen und Bürgern aus der Klemme, die etwa durch ihre hohen Nebenkostenabrechnungen in Not geraten waren.
Zusätzliche 9000 Euro zauberten in die Gesichter bedürftiger Frauen ab 60 Jahren neue „Glanzlichter“. 130.000 Euro flossen für mehr Herbstferienspiele an die Oberhausener Schulen, mit 77.000 Euro konnten zwei weitere halbe Schulsozialarbeiter-Stellen finanziert werden. Über mehr als 88.000 Euro freute sich auch die Ruhrwerkstatt, die das Geld dringend benötigte, um ihre Mehrausgaben für Heizung, Strom und Lebensmittel begleichen zu können. Mit geschenkten 157.000 Euro durfte auch das ZAQ-Beratungszentrum seine Mehrkosten in fast sämtlichen Bereichen abdecken.
Nur einige Beispiele von vielen, die jetzt allerdings die bange Frage nahe legen: Wie geht es angesichts noch immer allzu hoher Energie- und Nebenkosten im nächsten Jahr für alle Betroffenen weiter? Das steht bislang leider noch nicht fest.