Oberhausen. Hohe Sozial-, Personal- und Zinskosten bedrücken die Stadt Oberhausen. Um die Finanzlöcher zu stopfen, denkt Oberhausen über neue Steuern nach.
- Oberhausen muss dringend sparen, die Haushaltsplanung weist allein im nächsten Jahr einen Unterschied zwischen Ausgaben und Einnahmen von über 100 Millionen Euro aus.
- Frisches Geld sollen unter anderem höhere Parkgebühren, höhere Steuern etwa für Vergnügungen und die Einführung neuer Steuern in die Kasse spülen. Das werden vor allem auch Imbisse und Schnellrestaurants wie McDonalds spüren -- denn Oberhausen will eine neue Verpackungssteuer einführen.
- Auch den Service für die Allgemeinheit, wie beispielsweise die Reinigung von Straßen, muss die Stadt Oberhausen zusammenkürzen.
Es soll ja genügend Menschen geben, die beim Anblick von Zahlen zurückschrecken. Doch leider haben in der Wirklichkeit die Daten eines Stadtkämmerers erhebliche Auswirkungen darauf, welche Lebensqualität in einer Stadt machbar ist: Wie oft werden die Bürgersteige gefegt und die Spielplätze gesäubert? Wie gut und schnell arbeiten die städtischen Servicedienste in den Rathäusern? Welches Kultur- und Freizeitangebot leistet sich eine Stadt? Wie hoch sind die Gebühren und Steuern, um in Oberhausen zu leben, zu parken und zu feiern?
Für das kommende Jahr hat die Kämmerei der Stadt Oberhausen Zahlen und Fakten zusammengetragen und viel gerechnet. Beim Blick auf den Haushaltsentwurf 2024 bleiben dem sonst so fröhlichen Kämmerer Apostolos Tsalastras oft nur die Worte „Katastrophe“, „dramatisch“ und „düster“ übrig. Denn die Abfolge mehrerer Krisen (Pandemie, Ukraine-Kriegsfolgen, Energiekosten, Inflation) schlagen nun massiv in die Planung der Ausgaben und Einnahmen des nächsten Jahres ein: Oberhausen fehlen satte 100 Millionen Euro allein für 2024. So groß ist die Lücke zwischen den kalkulierten Kosten aller städtischen Dienstleistungen und den eingehenden Geldbeträgen.
Oberhausen hat ein Finanzloch von 100 Millionen Euro im Jahr
Diese Lücke muss geschlossen werden – koste es, was es wolle. Denn solch einen verlustreichen Haushalt in nur einem einzigen Jahr würde das Land bei einer Stadt mit einer Rekordverschuldung von zwei Milliarden Euro nicht genehmigen. Eine Nichtgenehmigung hätte üble Folgen: „Wir würden dann jegliche Handlungsfreiheit verlieren“, sagt Tsalastras. Herabgestuft zur Nothaushaltskommune könnte Oberhausen wie bereits zu Beginn des Jahrtausends keine Fördermittel beantragen, keine Stadtbediensteten befördern, müsste auf freiwillige Serviceleistungen für Bürger verzichten.
Also schnürt Tsalastras ein neues Sparpaket, das über zehn Jahre läuft – und legt dies der Politik mit dem Haushaltsentwurf für 2024 vor. Denn rein rechtlich muss Oberhausen das Defizit von 100 Millionen Euro nicht sofort auf null Euro reduzieren, sondern schrittweise bis 2033. Doch sein frisches Sparpaket enthält immerhin Einschnitte von 20 bis 30 Millionen Euro jährlich – und die werden die Bürgerinnen und Bürger spüren. Vor zwölf Jahren, mit dem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ des Landes (2011 bis 2021), war das Sparpaket mit 300 Einzelmaßnahmen und einer jährlichen Einsparung von 100 Millionen Euro bedeutend dicker. „Unser Haushalt ist bereits stark durchforstet worden, mögliche Einsparungen sind ausgereizt, bei den Ausgaben gibt es nicht mehr viel zu kürzen“, meint Tsalastras.
Erstens Parkgebühren: Diese sollen von einem Euro je Stunde auf 1,50 Euro erhöht werden – ein Einnahmeplus von 500.000 Euro.
Zweitens Hundesteuer: Wer einen Hund hält, zahlt in Oberhausen 156 Euro, bei zwei Hunden sind es schon 216 Euro je Hund, bei drei und mehr Hunden 252 Euro. Diese Sätze will die Stadt so erhöhen, dass 350.000 Euro mehr in die Kasse fließen.
Drittens Vergnügungssteuer: Wer Glücksspielautomaten betreibt, Tanz-/Musikveranstaltungen organisiert oder Prostitution ermöglicht, muss künftig statt 22 Prozent an Vergnügungssteuer 24 Prozent zahlen – eine Mehreinnahme von gut 500.000 Euro im Jahr.
Viertens neue Steuern: Touristen und Geschäftsleute sollen bei Hotelübernachtungen eine Bettensteuer von 5 Prozent auf den Übernachtungspreis zahlen – die Einnahme kalkuliert die Stadtkämmerei mit knapp 900.000 Euro. Zudem will Oberhausen eine Verpackungssteuer berechnen – vor allem für Fast-Food-Gastronomen (250.000 Euro) wie die Schnellimbisskette McDonalds. Tübingen hatte vor knapp zwei Jahren eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen und Einweggeschirr eingeführt - diese Steuer ist durch das Bundesverwaltungsgericht als rechtmäßig eingestuft worden, eine Klage von McDonalds dagegen hatte keinen Erfolg. Deshalb fühlt sich Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras ermutigt, die Verpackungssteuer auch für Oberhausen einzuführen. Diese Idee verfolgen im Übrigen auch andere Ruhrgebietsstädte wie Herne. Die neue mögliche Grundsteuer C für bebauungsfähige, aber brachliegende Grundstücke fließt in den Haushalt mit 500.000 Euro Mehreinnahme ein. Die Grundsteuern A und B (für normale Hauseigentümer) sollen (bisher) nicht angehoben werden.
Fünftens Stadttöchter: Die Stadt Oberhausen hat nicht viele lukrative Stadttöchter, aber diese sollen mehr Geld im Jahr aus ihren Gewinnen an die Stadtkasse ausschütten als bisher – insgesamt 6,4 Millionen Euro. Die Sparkasse ist mit drei Millionen Euro jährlich dabei, der Energieversorger EVO soll statt 11 Millionen Euro 13 bis 15 Millionen Euro im Jahr an seine beiden Anteilseigner (EON und Stadt) zahlen und die Wirtschaftsbetriebe WBO 500.000 Euro mehr.
Sechstens Servicebetriebe Oberhausen (SBO): Der Eigentrieb der Stadt, die Servicebetriebe Oberhausen (SBO), hervorgegangen aus der OGM, ist für rund 100 Millionen Euro verantwortlich – und soll 1,5 Millionen Euro einsparen. Da er sehr viele Aufgaben für die Bürger erledigt (Friedhöfe, Parks, Grünpflege, Spielplätze), werden dies die Oberhausener sehen. Bestimmte Arbeiten würden dann einfach weniger häufig erledigt als bisher.
Siebtens Theater: Die städtische Bühne erhält einen jährlichen Zuschuss von elf Millionen Euro – und soll nun davon 600.000 Euro einsparen.
Achtens Personal: Sollten Stellen für freiwillige Dienstleistungen der Stadt benötigt werden, werden diese nicht mehr geschaffen.
Neuntens Familienhilfe: Die Betreuung von sozial schwierigen Familien und deren Kindern verzeichnet wieder enorme Kostensprünge, jährlich zahlt die Stadt hierfür über 60 Millionen Euro. Mit einer weiteren Organisationsuntersuchung hofft man auf so starke Verbesserungen, dass auf lange Sicht sieben Millionen Euro im Jahr eingespart werden können.
Zehntens Rathaus-Arbeit: Durch Einführung der elektronischen Akte und Umorganisationen will das Rathaus weniger Räume anmieten (400.000 Euro Einsparung). Beim Einkauf von Materialien und Sachgütern sollen 5 Prozent gespart werden.
Über alle Ausgaben legt Tsalastras noch eine vom Land erlaubte globale Kürzung, die Jahr für Jahr durch Kostencontrolling erwirtschaftet werden muss: 2 Prozent. Das soll eine zweistellige Millionensumme einbringen.
Oberhausen will im nächsten Jahr 1,1 Milliarden Euro ausgeben
Auf diese Weise sieht der Haushaltsentwurf, über den die Politik im Rat nun berät, für das nächste Jahr Ausgaben von rund 1,1 Milliarden Euro bei Einnahmen von 1,0 Milliarden Euro mit einem Defizit von gut 80 Millionen Euro vor. Kostentreiber sind dabei die Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose und bedürftige Familien mit 10 Prozent, der Bereich Soziales (Pflege, Grundsicherung Rentner, Asylbewerber) um 18 Prozent, die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe inklusive Kita-Betreuung um 16 Prozent sowie die Personalkosten im Rathaus (plus 16 Prozent auf 230 Millionen Euro), die durch Tariferhöhungen und Einstellungen entstanden sind. Zudem wird sich die Zinsbelastung für Oberhausen durch den Zinsanstieg auf 4 Prozent mit 34 Millionen Euro mehr als verdoppeln – im Vergleich zu 2022.
Trotz aller Sparpläne ist für Tsalastras die Lage eindeutig: „Die Zukunft wird nicht zu meistern sein, wenn es keine Entlastung durch Bund und Land bei den Soziallasten gibt.“ Alleine die Sozialkosten machen die Hälfte des gesamten Oberhausener Haushaltes aus. Und: „Die für 2025 angekündigte Altschuldenlösung ist für Oberhausen existenziell.“ Nach dem Vorschlag des Landes müsste Oberhausen dann nur noch 300 Millionen Euro an alten Liquiditätskrediten schultern statt jetzt 1,6 Milliarden Euro. „Dies erst würde uns Handlungsspielräume für die Zukunftsaufgaben ermöglichen.“
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