Oberhausen. Erstmals lässt die Stadt Oberhausen prüfen, ob die 2019 beschlossenen Parkgebühren negative Folgen für Autofahrer haben. Lösungen sind möglich.

Vier Jahre nach der deutlichen Erhöhung der Parkgebühren von 50 Cent auf einen Euro je Stunde und der Ausweitung des bezahlpflichtigen Parkgebietes in Alt-Oberhausen und Sterkrade macht die Stadtführung ihr Versprechen wahr: Fachleute prüfen, ob das Gebührenkonzept schädliche Folgen für die Bürger hat. Dabei sind die Oberhausener selbst aufgerufen, sich mit ihren Erfahrungen einzubringen – per Internet auf der Webseite https://obhsn.de/parken-beteiligung.

Zur Vorbereitung der noch bis Mittwoch, 8. November 2023, laufenden Bürgerbeteiligung haben sich die Experten der Berliner Raumplanungsgesellschaft „stadtraum“ viel Arbeit gemacht, um wichtige Daten als Basis für Verbesserungsvorschläge zu erheben. Dabei liefen Gruppen von insgesamt 15 Personen fünf Gebiete in Oberhausen acht Mal an einem Stichtag zu verschiedenen Uhrzeiten ab – von 4 Uhr morgens bis 21 Uhr abends. Sie ermittelten bei ihren Rundgängen im März und April 2023 die Zahl der vorhandenen Parkplätze, ob deren Nutzung kostenlos oder kostenpflichtig ist, wie viele Autos zu den verschiedenen Uhrzeiten dort parkten und wie lange.

Auf mehreren Karten, die auf der Internetseite der Bürgerbeteiligung zum Parkgeschehen abrufbar sind, stellen die Gutachter jetzt in einer verblüffenden Detail-Fülle ihre Daten aus diesen Rundgängen bereit. Gewählt haben die Berliner ein Uhrenmodell, das per Farbcode von hellgrün bis dunkelrot aufzeigt, wie groß der Parkdruck zu verschiedenen Zeiten auf den Parkplätzen ist.

Von hellgrün bis dunkelrot – Ampelsystem in Uhren zeigt den Parkdruck an

Einfach zu deuten ist das detaillierte straßengenaue Uhrenmodell nicht, grob kann man aber sagen: Wenn man sich auf die roten Bereiche konzentriert, erkennt man, wo man um diese Uhrzeit lange einen Parkplatz sucht, weil über 80 Prozent der Stellflächen belegt sind. Schaut man auf die obere Hälfte der Uhr, sieht man den Parkdruck, der über Nacht meist von Anwohnern mit ihren Autos ausgelöst wird. Unten rechts kann man den Parkdruck morgens ablesen, unten links den nachmittäglichen.

Die Untersuchung der fünf Gebiete in Oberhausen hat die Stadt selbst in Auftrag gegeben – und auch die Zonen herausgesucht: nördlich der Sterkrader Stadtmitte, die Viertel Brücktor, Knappen, Bismarck, Styrum und einen Teil Lirichs hinter dem Hauptbahnhof. Sie hat bewusst die Randgebiete der bewirtschafteten Parkflächen ausgewählt: Diese Zonen umfassen einen Teil der gebührenpflichtigen Parkplätze und einen Teil der kostenlosen Parkräume.

Denn die Stadtbediensteten wollen wissen, ob Autofahrer von den kostenpflichtigen Bereichen ausweichen in die kostenlosen Zonen, so dass sich dort der Parkdruck unangenehm deutlich für die Mieterinnen und Hauseigentümer erhöht. Müssen die Anwohner beispielsweise im Bismarkviertel händeringend nach einem Parkplatz suchen, weil diese von denjenigen Autofahrern blockiert sind, die sich Parkgebühren im Nachbargebiet sparen wollen?

Was muss die Stadt also verbessern? Wo hat das Parkkonzept seit der Umsetzung im Sommer 2019 nicht zu akzeptierende Folgen? Im Gespräch zögern Mobilitätsplaner Winfried Müller-Brandes und Raumplaner Patrick Kühlwein, Erkenntnisse zu formulieren. „Wir nennen jetzt unsere Schlussfolgerungen bewusst nicht, um den Anregungen und Erfahrungen aus der Bürgerschaft nicht vorzugreifen oder diese zu beeinflussen“, sagt Müller-Brandes.

Anfang 2024 liegen die Verbesserungsvorschläge der Stadt fürs Parken vor

Einige Oberhausener haben sich schon über die Internetseite gemeldet. Nach dem 8. November fließen alle Anregungen in eine Maßnahmenliste ein, die mit der Stadtverwaltung abgestimmt wird. Diese wird als Beschlussvorschlag den Bezirksvertretungen im Januar 2024 vorgelegt – am Ende entscheidet die Politik, was sich ändern muss.

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Wie man an den Karten analysieren kann, gibt es tatsächlich eine Ausweichbewegung von Autofahrern, die lieber keine Parkgebühren zahlen. Während also Parkplätze etwa in dem nördlichen Abschnitt der Sterkrader Mitte frei bleiben, sind die kostenlosen Stellplätze der Steinbrinkstraße und der Gymnasialstraße zu bestimmten Zeiten zu stark nachgefragt. Auch die Parkflächen rund um das Evangelische Krankenhaus EKO sind überaus stark belastet – dort ist zu vielen Zeiten kein freier Parkplatz mehr aufzuspüren. Im Bismarckviertel spiegeln sich die Beschwerden der Bürger in den neuen Daten wider, dass Anwohner kaum noch Parkplätze in bestimmten Straßen finden. Einige Kreise sind rund um die Uhr rot – etwa an der Uhlandstraße und der Falkensteinstraße.

Theoretisch gibt es mehrere Möglichkeiten, nicht hinzunehmenden Parkdruck abzumildern. „Man könnte beispielsweise die bewirtschafteten Parkräume ausweiten – der Parkdruck in den neuen Randbereichen würde sich nicht verschieben, sondern würde dann dort geringer sein“, gibt Müller-Brandes an. Würden weitere Straßen kostenpflichtig, könnte man zudem mehr Anwohnern verbilligte Parkausweise anbieten, so dass diese besser einen Parkplatz vor ihrer Wohnung finden.

Erhöht die Stadt in einigen Bereichen die Parkgebühren?

Denkbar wäre es auch, stark nachgefragte städtische Stellplätze an den Straßen teurer zu machen als andere, so dass sich Autofahrer im weiteren Umkreis Parkplätze suchen würden – denn erstaunlicherweise ergeben die Daten auch, dass freie Parkflächen weiter entfernt durchaus vorhanden sind. Man muss nur bereit sein, als Autofahrer einige Hundert Meter zu laufen.

Aber natürlich ist es auch möglich, seine Mobilität zu ändern. „Wenn Arbeitnehmer den ganzen Tag einen Parkplatz blockieren, könnte man versuchen, diese zu bewegen, auf den öffentlichen Nahverkehr auszuweichen“, meint Patrick Kühlwein.