Oberhausen. Für die Ausstellung in der Panoramagalerie hatte der Arbeitskreis Oberhausener Künstler die Qual der Wahl – und zeigt nun eine immense Vielfalt.

Jetzt weiß jeder, warum die Ludwiggalerie ganz nebenbei auch eine so emsige Bücherproduktion betreibt: „Die Ausstellung geht, der Katalog bleibt“, sagt Christine Vogt – und meint damit mal kein eigenes Druck-Erzeugnis, sondern den hübschen Begleitband zur Ausstellung „Von hier“ in der Panoramagalerie des Schlosses. Zwei Jahre nach „Wow!“, der gemeinsamen Schau unter Corona-Bedingungen, konnt der Arbeitskreis Oberhausener Künstler (AOK) in die Vollen gehen. Und hatte zugleich die Qual der Wahl. Aus „weit über 70 Bewerbungen“, so AOK-Sprecher Wolfgang Kleinöder, galt es die 46 überzeugendsten Werke auszuwählen.

„Von hier“ bietet nun eine immense Vielfalt aller Medien vom Video bis zur klassischen Bildhauerei. „Und wir haben fleißig gegendert“, meint Kleinöder: 28 Künstlerinnen und 18 Künstler zeigen jeweils ein Werk; 28 stammen aus Oberhausen, 18 aus benachbarten Revierstädten. Allerdings ist es ein unübersehbares Oberhausener Wahrzeichen, mit dem Martin Huhn gleich neben der Tür zur Panoramagalerie die Schau eröffnet: Seine Collage „Christo came down“ zeigt den teilverhüllten Gasometer während der Sanierungsarbeiten an der Riesentonne – und ist zugleich Hommage an den Verhüllungskünstler.

Fieses Fließband: Rattern die Puppenköpfe durch die Installation „Sehenden Auges“ von Luise Hoyer, passieren sie eine geschlitzte Mini-Leinwand voller zynischer Slogans.
Fieses Fließband: Rattern die Puppenköpfe durch die Installation „Sehenden Auges“ von Luise Hoyer, passieren sie eine geschlitzte Mini-Leinwand voller zynischer Slogans. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

„Man muss näher kommen“, ermuntert Kuratorin Kerrin Postert, die für die Ludwiggalerie bereits den Nachlass von Stadtkünstler Walter „Kuro“ Kurowski erschlossen hatte, „das ist hier bei vielen Werken der Fall“. So erkennt man in Jörg Rosendals Assemblage „Das Lager“ aus der Nähe eine Vielzahl der „Himmel und Hölle“-Fingerspiele. Überhaupt veredeln etliche AOK-Kreative gewitzt schlichte Alltagsmaterialien: Ulla Vondungs jeden Blick bannende Assemblage „Ich seh dich!“ aus einer Fülle größerer und kleinerer Augen besteht aus Verpackungskartons. Und Iris Schnaitmann schuf ihre „Ruhrpottzicke“, changierend zwischen Karikatur und derbem Naturalismus, aus Moniereisen und bemaltem Gips.

Definitiv der Typ Kaffeetrinker: Arno Bortz’ sympathisches „Upcycling“ aus Altmetall.
Definitiv der Typ Kaffeetrinker: Arno Bortz’ sympathisches „Upcycling“ aus Altmetall. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Ein Triptychon aus drei Rostbildern versieht Grafikdesigner Klaus Wiesel per QR-Code mit künstlerischem Mehrwert. Nicole Schillings athletischer „Faun“ mit dem imposanten Widdergehörn markiert als virtuose Keramikarbeit die eine Seite des bildhauerischen Spektrums. Sein Gegenstück vis à vis ist Arno Bortz’ „Upcycling“-Kreation: ein markanter Typ aus dem Korpus einer antiken Kaffeemaschine und dem Kopf eines Kännchens. Upcycling geht auch explizit zeitkritisch: Luise Hoyers Installation „Sehenden Auges“ im Kabinett (auf der anderen Seite des Museumsshops) lässt bei laufendem Motor ein Fließband mit neun Puppenköpfen durch eine geschlitzte Mini-Leinwand mit fiesen Slogans rauschen: „Nur nicht umdenken. Nö.“

Rahmenprogramm bietet gleich mehrere Tastführungen

Ganz anderes Alltagsflair zeigt Billie Erlenkamp mit dem einzigen Video dieser Schau. Das teils sprudelnde, teils meditative Untersee-Gefühl ihrer Filmbilder für „bin mal kurz weg“ stammt – aus einer Waschstraße. Für dieses charmante Wegtauchen hätte man sich nur einen größeren Bildschirm gewünscht. Sei’s drum: „Killefitt“, „Mumpitz“ und „Firlefanz“ beanspruchen im Kabinett mehr Wandfläche. Das ist jetzt kein fieser Kunst-Verriss, sondern die bildnerische Wort-Archäologie Wolfgang Kleinöders. Das Publikum nämlich soll die „thermochromatischen Kreise“ von der Wand nehmen – erst dann enthüllen die kleinen Handschmeichler ihre Inschriften: (fast) vergessene Begriffe voller Saft und Klang.

Übrigens ist die gesamte Ausstellung „von hier“ durchaus eine Einladung, die Kunst zu be-greifen: Das üppige AOK-Rahmenprogramm bietet gleich mehrere Tastführungen.

Üppiges Begleitprogramm an jedem Wochenende

Die Ausstellung „Von hier“ des Arbeitskreises Oberhausener Künstler bleibt bis zum 21. Januar 2024 in der Panoramagalerie und im Kabinett (links und rechts vom Museumsshop) zu sehen. Zur Eröffnung am Sonntag, 22. Oktober, um 11 Uhr musizieren im Kleinen Schloss Nicole Schillings und Nico Roelvink, zeigt Jan Arlt seine Performance „The Artist is Future“ und gibt Kuratorin Kerrin Postert eine Einführung in die vielfältige Werkschau.

Bis zur Finissage am 21. Januar 2024 mit der Performance „Fake News“ von Marie-Luise O’Byrne-Brandl haben die AOK-Kreativen für ein üppiges Begleitprogramm gesorgt, das an jedem Wochenende mit Extra-Terminen aufwartet, vorgestellt auf kunst-oberhausen.jimdosite.com/news

In der Panoramagalerie ist der Eintritt frei – ausgenommen sind nur die Materialkosten für einige der Künstler-Workshops.