Oberhausen. Die mobile Bar heißt Hanne-Lore. Der Internet-Shop ist ein Online-Büdchen. Diese Produkte sind beim Revier-Label Grubenmädchen schwer angesagt.
Wenn Eva Rogge zurückdenkt, kommen ihr schnell die vielen Becher mit Kaffee in den Sinn, die sie ausgeschenkt hat. „Klar, ich bin ein Kind aus einer Gastronomen-Familie“, sagt sie und lächelt dabei. Die Eltern besitzen eine Kneipe im Essener Norden. Dazu gehört ein Bierwagen. „An der Zeche Zollverein habe ich schon bei Events herumgeturnt, bevor es den Industrieschick gab.“
In der Keimzelle des Strukturwandels beginnen für die heute 40-Jährige die ersten Gedankenspiele. „Ich wollte eine weibliche Ruhrgebietsmarke haben. Etwas Ausgefallenes. Etwas Besonderes…“ Gesagt, getan. Mit ihrem Start-up Grubenmädchen ist sie mittlerweile in Oberhausen heimisch.
Doch auch Grubenmädchen fallen nicht vom Himmel. Die Idee reift. Anfang der Zehnerjahre fängt sie an, die Pläne in die Tat umzusetzen, reserviert die passende Internetadresse. 2018 gründet Eva Rogge schließlich ihre eigene Firma.
Die Grubenmädchen sind nun im gesamten Revier allgegenwärtig. Mit Kleidung, Taschen, Tee-Tüten und Geschenkartikeln. Den Internet-Shop nennt sie Online-Büdchen. Ihr putziger Verkaufswagen heißt Hanne-Lore. Zufall ist bei Eva Rogge wenig, auch nicht die Anspielung an den Transportwagen der Bergleute, der zugleich ein weiblicher Vorname ist.
Grubenmädchen: Oberhausener Gin mit Gasometer und Zauberlehrling
Kundinnen schätzen sie beim Sommerfest des kleinen Blumenlandes „Floristeria“ an der Landwehr. Sie schenkt beim Feierabendmarkt in der Innenstadt ein. Sie serviert vor der Ludwiggalerie am Schloss Oberhausen. Aber auch bei der Cranger Kirmes hat sie schon gemütliche Hinterhöfe bewirtschaftet: „Überall dort, wo ich Leidenschaft spüre.“
Doch bis es soweit ist - und wir sind wieder bei den Anfängen - beginnt alles zunächst mit einer ordentlichen Flasche Gin.
„Mit wollte meine eigenen Drinks verkaufen und habe mir eine Brennerei gesucht.“ Gin, der ist angesagt und modern. Darum baut sie ihren Grubenmädchen-Gin als Heimat-Edition aus und dekoriert die Flaschen mit Motiven verschiedener Städte aus dem Revier. Auf der Oberhausen-Karaffe sieht man eine Stadtsilhouette vom Gasometer bis zum Zauberlehrling.
Rogge möchte keine schwarze, schwere Optik. Keine Schlägel mit bulligen „Ruhrpott“-Schriftzügen. „Ich mag ein leichteres, modernes Design, eine weiblichere Note - ohne alte Dinge zu verkennen oder lächerlich zu machen.“ Das Ruhrgebiet der Großeltern sei schließlich nicht niedlich gewesen, sondern von harter Maloche geprägt.
Grubenmächen: Nach „Eierlikörchen küsst Käsekuchen“ wird oft gefragt
Ein Knüller ist mittlerweile die Flasche „Eierlikörchen küsst Käsekuchen“. Ohne Sahne, wie sie sagt. Auch nicht mit Milch gestreckt. Dafür mit 20 Prozent Alkohol. Eiern von glücklichen Hühnern. Und eben dieses feine Käsekuchen-Aroma. „Nein! Der stammt nicht aus dem Thermomix“, versichert Eva Rogge. Das Spirituosen-Recht kennt sie in- und auswendig.
Ihre neueste Erfindung heißt „Schrebergarten“. Ein Cuvée-Likör mit Beeren und Rhabarber. „Schrebergarten steht für mich für Ruhrgebiet und Heimat. Meine Oma hatte Birnen und Pflaumen im Garten. Das sind Erinnerungen.“ Bei den Grubenmädchen gibt es keinen Aperol, sondern den eigenen Schrebergarten-Spritz.
Aller Anfang war für Eva Rogge schwer. „Veranstaltungen und das Spirituosen-Geschäft sind häufig Männerdomänen, wo man am Anfang als Frau auch mal nicht für voll genommen wird. Das wurde alles als Mädchen-Gedöns abgetan.“ Doch die Geschäftsfrau lässt sich nicht beirren, setzt sich durch. Ihren Online-Shop baut sie schon weit vor der Corona-Krise aus. Sie kommt so ohne Corona-Hilfen durch die schwere Zeit.
Trotz der Internet-Kniffe schätzt sie vor allem das Persönliche. „Ich liebe es, meine Produkte zu erklären. Ich möchte sehen, dass den Leuten die Sachen gefallen. Das macht mir Spaß.“ Sie verkauft in der Regel an Frauen ab Mitte 30. Eigentlich! „Ich habe so viele männliche Kunden. Mitglieder von Sportvereinen, die sich den Eierlikör bestellen. Nicht für ihre Frau - die trinken ihn selbst.“
Grubenmädchen: Veranstaltungssparte erfordert Zeit und Geduld
Sie arbeitet mit kleinen lokalen Unternehmen zusammen. Sie hat fünf Mitarbeiterinnen. Ein, zwei Aushilfen sucht sie aber noch.
Der Name „Grubenmädchen“ schlummerte bei Eva Rogge früh im Kopf. Unabbringbar. Doch sie lässt sich auch inspirieren. Den Minzlikör „Minzprinz“ haben sich Kundinnen und Kunden gewünscht. Ansonsten haben ihre Drinks einen Mädchennamen. Hibiskus ist die „Wilde Hilde“: „Das steigert die Wiedererkennung. Die Eigenkreationen bleiben hängen.“
Trotz niedlicher Namen ist das Business ein zeitintensiver Job, der Geduld erfordert. „Das Veranstaltungsgeschäft ist ein hartes Brot. Viele sehen nicht, wie viel Arbeit darin steckt.“ Die Stunden zählt sie lieber nicht. Die Teuerung bei den Rohstoffen habe sie auch getroffen. „Ich habe versucht, dies nicht weiterzugeben. Ich weiß, dass ich nicht in Düsseldorf bin.“
Sie freut sich über jede Anfrage. „Wenn ein cooles Festival noch hinzu kommt, hätte ich nichts dagegen“, sagt sie - und lacht wieder. Bei Pilates und Yoga kann Eva Rogge runterkommen, den Kopf freibekommen. Ansonsten gelte: „Mein Vater hat immer gesagt: Arschbacken zusammenkneifen und durch.“
Als Oberhausener Start-up möchte sie in der Stadt bleiben, sucht aber noch nach einer größeren Lokalität. „Ich kann mir vieles vorstellen, etwas mit Charme und bin guter Dinge.“
>>> Grubenmädchen: Wundertüte für erwachsene Mädchen
Zu den beliebten Artikeln bei den Grubenmädchen gehört auch die eigene Wundertüte. Die ist allerdings nichts für Kinder, sondern nur für Erwachsene. Darin befinden sich die „Wackeltürmchen“. Also Kräuterlikör mit Förderturmmotiv.
Das Set „Kleine Oberhausenerin“ besteht aus Gin (0,1 Liter), einem Oberhausenerin-Button und einer passenden Postkarte und kostet 13,40 Euro. Die „große Oberhausenerin“ mit einem halben Liter kostet 33 Euro. Der Online-Shop ist unter www.grubenmaedchen.de erreichbar.