Oberhausen. Zwei Politiker mit hohen Verdiensten um Oberhausen erhalten die zweithöchste Würdigung: die Glückauf-Bronze. Das ist nicht unumstritten.
Es gibt nicht wenige Bürger, die irrtümlich glauben, dass ein ausgeschiedener Oberbürgermeister automatisch „Alt-Oberbürgermeister“ ist. Doch wenn jemand den bis 2004 an der Spitze der Stadt Oberhausen arbeitenden Burkhard Drescher irgendwo mal als „Alt-Oberbürgermeister“ angesprochen hat, dann wehrte der Sozialdemokrat dies immer ab.
Er sei ja gar kein „Alt-Oberbürgermeister“, sagte dann der heutige Geschäftsführer des Bottroper Ruhrgebiets-Projekts „Innovation City“, das erfolgreich den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids in zehn Jahren halbiert hat. Und damit hatte Drescher – wie kann es auch anders sein – sogar Recht. Denn „Alt-Oberbürgermeister“ ist tatsächlich eine Ehrenbezeichnung, die der Rat der Stadt Oberhausen extra verleihen muss.
Zudem gefiel dem früheren Chemotechniker der Bayer AG, studiertem Ökonom und Lehrer die Bezeichnung „Alt“ nicht so richtig: War er nicht mit 53 Jahren noch ziemlich jung und mit voller Tatkraft aus der politischen Tretmühle und dem Rathaus-Dauerbetrieb ausgeschieden? Und tatsächlich arbeitete Drescher nach seinen 13 Jahren als Oberstadtdirektor und Oberbürgermeister zunächst als oberster Manager des börsennotierten Wohnungsunternehmens Gagfah (Essen), ehe er der nur schleppend vorankommenden „Innovation City“ des Initiativkreises Ruhr neues Leben einhauchte.
Stadt Oberhausen verleiht die zweithöchste Auszeichnung
Doch bald ist es mit dem zögerlichen Umgang des Anhängsels „Alt“ vorbei: Mit nun 72 Jahren erhält Drescher den Titel in einem feierlichen Akt des Rates der Stadt Oberhausen am 21. August verliehen – und damit auch die zweithöchste Auszeichnung, nämlich die Glückauf-Bronze. Höchste Würdigung der Stadt ist der Ehrenbürger-Titel. Schon lange dürfen sich mit der Bronze und auch dem Titel „Alt-Oberbürgermeister“ der Vorgänger und der Nachfolger Dreschers als oberster Repräsentant der 210.000-Einwohner-Stadt schmücken: Friedhelm van den Mond (Amtszeit: 1979 bis 1997) und Klaus Wehling (Amtszeit: 2004 bis 2015). Sie alle haben sich nach Entscheidungen des jeweils aktuellen Stadtrates „in besonderer und hervorragender Weise um das Wohl der Stadt Oberhausen und ihrer Bürgerinnen und Bürger verdient gemacht“ – und erhielten und erhalten deshalb die Glückauf-Bronze.
Drescher bleibt den Oberhausenern als ein Rathaus-Chef und Oberbürgermeister in Erinnerung, der sich als hemdsärmeliger Manager verstand und viele Projekte nach vorne brachte – auch, in dem er wie beim Mega-Plan Neue Mitte ganze Rathaus-Bereiche durch eine Aktionsgruppe am runden Tisch von oben aushebelte – und so Vorhaben beschleunigte. Vergessen sind dadurch so manche Visionen, die in der Realität nie das Licht der Welt erblickten – oder zur Pleite wurden. Doch nur wer wagt, gewinnt am Ende – und erhält Centro, Arena, Marina, Metronom-Theater und ÖPNV-Trasse. Gleichwohl hat sich Drescher mit seinem durchsetzungsstarken Macher-Stil in der SPD und im Rathaus nicht nur Freunde gemacht.
Doch noch eine prominente Politikerin wird in der Sondersitzung des Stadtrates am 21. August gewürdigt: Gretel Kühr. Die Christdemokratin hat sich jahrzehntelang als Stadtverordnete (1989 bis 2009), Bürgermeisterin und in vielen ehrenamtlichen Funktionen der Wohlfahrtspflege engagiert. Mit der Verleihung der Glückauf-Bronze an die Altbürgermeisterin bekundet der Rat „Dank und Anerkennung für ihr außerordentliches Wirken in Politik, Wohlfahrtspflege und bürgerschaftlichem Engagement. Damit hat sie sich in besonderer und hervorragender Weise um die Stadt Oberhausen verdient gemacht“.
Gretel Kühr ist der Prototyp der sich um Bürger kümmernden Politikerin
Noch heute gilt die frühere Konrektorin der Anne-Frank-Realschule als Prototyp der sich kümmernden Politikerin. Sie tummelte sich in allen möglichen Vereinen und Initiativen, war stets ansprechbar, ehrlich an den Belangen der Bürger interessiert – und sorgte für praktikable Lösungen. Ihre tiefe Leidenschaft galt der Bildungs- und Schulpolitik, zehn Jahre lang war sie Vorsitzende des Schulausschusses (1994 bis 2004). Zwei Jahrzehnte war sie Mitglied im Kulturausschuss. In dieser Zeit war sie maßgeblich an der Förderung der Kurzfilmtage und der Rettung des Stadttheaters beteiligt.
Die Entscheidung des Rates für die Auszeichnungen fiel nur bei Kühr einstimmig aus. Die Linken und die AfD stimmten gegen die Würdigung von Drescher. Linken-Ratsfraktionschef Yusuf Karacelik kritisierte „die neoliberale Politik“ in der Amtszeit Dreschers. „Drescher hat viele Probleme gebracht, die Rathaus-Verwaltung so stark verschlankt, dass wir nun Personalnot haben.“ Und: „Beim Centro haben nur Profitinteressen eine Rolle gespielt.“ AfD-Fraktionssprecher Wolfgang Kempkes wertete die Verleihung der Auszeichnungen als „Hinterzimmer-Absprache“. Er sprach von „Lobbyisten-Tätigkeit“ Dreschers und will bei ihm eine „Ellbogenmentalität“ ausgemacht haben.