Oberhausen. Der böseste Briefroman des 18. Jahrhunderts inspiriert einige Filmerfolge. Aber keiner überrascht wie dieser heimliche Hit im Lichtburg-Programm.

Manchmal kann selbst das vermeintlich straff konfektionierte Hollywood-Genrekino den Filmfan überraschen – und eine solche Überraschung lässt Oberhausens Lichtburg in ihrer „Best of Cinema“-Reihe wieder auf der großen Leinwand erstrahlen. Wenn auch nur an zwei Abenden.

„Gefährliche Liebschaften“, ein Briefroman des dekadenten Rokoko, zarte 240 Jahre alt, erlebte in den 1980ern schon einmal eine erstaunliche Kino-Renaissance: Das britische Regie-Ass Stephen Frears ließ John Malkovich und Glenn Close als so charmantes wie charakterloses Intrigantenpaar glänzen; Altmeister Milos Forman setzte dagegen auf Annette Bening und Colin Firth. Doch eigentlich gelang dem weit weniger bekannten Regisseur und Drehbuchautor Roger Kumble, einem Routinier für Teenie-Dramen und TV-Serien, der genialste Coup: Seine „Eiskalten Engel“ verlassen das Paris der gepuderten Perücken und Reifröcke und stürzen stattdessen reiche, überhebliche Teenager der New Yorker Society in tödliche Komplotte.

„Gefährliche Liebschaften“ waren 2017 auch im Theater Oberhausen zu erleben, rasant in Szene gesetzt von Lily Sykes.
„Gefährliche Liebschaften“ waren 2017 auch im Theater Oberhausen zu erleben, rasant in Szene gesetzt von Lily Sykes. © Theater Oberhausen | Laura Nickel

Die Stiefgeschwister Kathryn (Sarah Michelle Gellar und Sebastian (Ryan Phillippe) krönen ihr dekadentes Leben mit einer perfiden Wette: Bis zum Ende der Sommerferien soll er Annette (Reese Witherspoon), die brave Tochter des neuen Schuldirektors, verführen. Sollte Kathryn gewinnen, bekommt sie Sebastians alten Jaguar Roadster.

Im Soundtrack rockt The Verve

Boshaft-geschliffene Dialoge, sündteure Outfits und das luxuriöse Milieu brachten diese Version näher an das Meisterwerk von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos als die mit Stars gespickten Kostümfilme. Außerdem hatte Teeniefilmer Kumble mit einem Super-Soundtrack, überstrahlt von der „Bittersweet Symphony“ von The Verve, einfach mehr zu bieten als klimperndes Spinett und knarzende Bratschen.

Das cineastische Kleinod mit etlichen Hollywood-Stars in ganz jungen Jahren ist allerdings schnell verpasst: Die deutsche Synchronfassung zeigt die Lichtburg nur am Dienstag, 4. Juli, um 18 Uhr, das Original in amerikanischem Englisch am Montag, 10. Juli, um 20.15 Uhr.

Und wer noch mehr Theater im Kino erleben möchte, dem dürfte „Die Unschärferelation der Liebe“ zusagen. Hier glänzen Caroline Peters und Burghart Klaußner als vermeintliche Mesalliance zweier Eigenbrötler in reiferen Jahren – und hatten schon seit Jahren in der Bühnenfassung (unter dem Titel „Heisenberg“) ihr Live-Publikum begeistert. Und diese Regiearbeit von Lars Kraume gibt’s auch nicht nur zweimal, sondern allabendlich um 19 Uhr an der Elsässer Straße 26 zu erleben.