Oberhausen. Die sonst so staatstragenden Christdemokraten der Seniorenunion rechnen auf ihrer Versammlung mit der aktuellen Politik scharf ab.
Dass es mit der politischen Stimmung in diesem Land nicht zum Besten steht, kann man nicht nur an dem bundesweiten Höhenflug der AfD ablesen: In seriösen Umfragen kommt die Rechtsaußen-Partei auf 19 Prozent Zustimmung, liegt vor der SPD. Man erlebt den Ärger, ja die Wut über die Politik der demokratischen Parteien in Bund und Land selbst dort, wo im Grunde bürgerlich-gesittete Kräfte zusammenkommen – etwa bei der gediegenen Seniorenunion, der Ältesten-Organisation der Christdemokraten, vor Ort in Oberhausen.
Augen- und Ohrenzeugen der vergangenen Versammlung der Senioren-Union sprechen davon, dass selbst die Angehörigen der Generation, die schon die schwierige Nachkriegszeit in Deutschland miterlebt und geschultert hat, dermaßen von den modernen aktuellen gesellschaftlichen Prozessen und politischen Entscheidungen erschüttert sind, dass sie die Systemfrage stellen: Haben wir noch genug Freiheit in dieser Demokratie? Die Senioren der Oberhausener CDU jedenfalls fühlen sich gegängelt, bevormundet und unter Druck – durch die Mächtigen, die oben regieren, aber nach ihrem Empfinden kaum noch auf die Ansichten und finanziellen Möglichkeiten der „kleinen Leute“ Rücksicht nehmen. Und das realistisch Machbare völlig aus dem Blick verlieren.
Seniorenunion: Heizungsgesetz gefährdet wirtschaftliche Sicherheit
Entzündet hat sich die Debatte an dem nun wiederholt geänderten Heizungsgesetz, mit dem die Ampelkoalition in Berlin versucht, den Klimaschutz im Gebäudesektor nach vorne zu bringen. „Viele Menschen, die eben erst ihre Immobilie abbezahlt haben und nun ihr Leben und ihren Ruhestand in wirtschaftlicher Sicherheit genießen wollen, sind aufgebracht und verängstigt“, beobachtet der Oberhausener Seniorenunions-Vorsitzende und Bürgermeister Werner Nakot. „Tatsächlich bekommen manche Hausbesitzer ja gar nicht mehr den benötigten Kredit, selbst wenn sie die Investitionen in neue Heizungen und energetische Sanierung tätigen wollen.“
Und selbst die jüngste Abschwächung des Heizungsgesetzes mit dem Einbauverbot neuer Gas-und Ölheizungen beruhigt die erfahrenen CDU-Lokalpolitiker nicht. „Auch nach der letzten Änderungsorgie der Ampel, bleiben Fragezeichen und Ängste, die sich quer durch die Gesellschaft ziehen. Natürlich sorgen sich auch junge Familien, die gerade erst Wohneigentum erworben haben, um ihre wirtschaftliche Zukunft“, sagte Nakot nach Angaben einer Pressemitteilung auf der Sitzung.
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Doch die Seniorinnen und Senioren betrachteten die Lage in der Diskussion auf ihrer Versammlung grundsätzlich, griffen nicht nur Ankerpunkte grüner und sozialdemokratischer Umweltschutzpolitik an – und äußerten ihren Unmut so, wie es der Seniorenunions-Vizevorstand Detlef Peters zusammenfasst: „Inzwischen will man uns ja nicht nur vorschreiben, wie wir heizen müssen, sondern auch, wo wir wohnen, nämlich demnächst nicht mehr im Einfamilienhaus. Längst ist klar definiert, was wir essen sollen und wie wir zu sprechen haben. Und die Bevormundung geht weiter: Auf Kinderfesten nicht zu viele Luftballons, denn sie können für Vögel gefährlich sein. Silvester kein Feuerwerk, in den Städten keine Autos und SUVs schon gar nicht. Der Ferienflug nach Mallorca ist sowieso gestrichen – und so weiter, und so weiter.“
CDU-Vorsitzender: Ampelkoalition ignoriert die Bedürfnisse der Mehrheit
Dass Peters in seiner Stellungnahme sogar extra betont, welche Vorteile die Demokratie grundsätzlich hat, demonstriert, dass sogar auf der konservativ-bürgerlichen Seite Zweifel an unserem gesellschaftlichen System aufgekommen sind: „Im Wettbewerb der Systeme war und ist die Demokratie, also das Leben in Selbstbestimmung und Freiheit, den Autokraten und totalitären Staaten nach wie vor turmhoch überlegen“, muss der Seniorenunions-Vorstandsvize extra schriftlich versichern.
Der Oberhausener CDU-Vorsitzende Wilhelm Hausmann warf der Ampelkoalition im Bund auf der Versammlung vor, die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung zu ignorieren. Zusammen mit einer Zuwanderungspolitik, die Hausmann für „verfehlt“ hält, sei diese Ignoranz gegenüber den Bürgern die Hauptursache für den enormen Stimmungsaufschwung für die AfD. Nach Meinung von Hausmann ist es an der Zeit, dass die ältere Generation mehr Gehör findet. „Menschen im Seniorenalter haben schon vieles miterlebt und ein feines Gespür dafür, ob es um vernünftige Vorschläge für die Erhaltung unserer Erde geht oder um zum Teil groteske Ideen sendungsbewusster Politiker.“
Zuletzt hatte der Oberhausener Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) im Gespräch mit der Redaktion den Zuspruch zur AfD in der Bevölkerung damit erklärt, dass es mehrere politische Fehler zu zentralen Themen gegeben hat, die bei Bürgern zu einer großen Verunsicherung in der Multi-Krisenlage der vergangenen Jahre geführt haben: Klimaschutz bei Gebäuden, Zuwanderung und Kriminalität.