Oberhausen. 300 Aktivisten fanden sich im Sterkrader Wald zusammen, um gegen den Ausbau der A3 in Oberhausen zu demonstrieren. Der Protest scheint zu wachsen

Wenn die Bäume im Sterkrader Wald in Oberhausen Geschichten erzählen könnten, dann hätten sie spätestens nach diesem Sonntag allerhand Gesprächsstoff. Sie könnten von einem Meer an Regenschirmen und bunten und grünen Fahnen berichten, Schilder mit der Aufschrift „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“ entdecken und Menschen, die im lauten Einklang „Sterki bleibt“ rufen, hören. Rund 300 Aktivistinnen und Aktivisten haben sich in Oberhausen zusammengefunden. Und alle haben ein gemeinsames Ziel: die geplante Rodung von 5000 Bäumen verhindern.

Schon seit vielen Jahren wird über den Bau des Autobahnkreuzes auf der A3 diskutiert, die durch den Sterkrader Wald führt. Um das Autobahnnetz erweitern zu können, sollen 5000 Bäume gerodet und 22 Hektar Böschungsfläche weichen. Jetzt scheint es so, als würden die Stimmen gegen den Ausbau des Autobahnkreuzes lauter werden. Seit über zwei Jahren protestiert Fridays for Future für den Erhalt des Waldes.

Fridays for Future fordert Rücktritt von Bundesverkehrsminister Volker Wissing

Zum Waldspaziergang ist auch Michael Zobel, Aachener Waldpädagoge und Naturführer, gekommen, um die Gruppe der Aktivistinnen und Aktivisten zu begleiten und aufzuklären. Besser bekannt ist er als „Hambiförster“. Gegen die Rodung des Hambacher Forstes hat er sich bereits aktiv eingesetzt, jetzt macht er sich dafür stark, dass der Sterkrader Wald auch über die Oberhausener Grenze bekannt wird und der Protest gegen den geplanten Autobahnausbau wächst.

Auch interessant

Es gehe hier um ein Autobahnkreuz, das kein Mensch braucht, erklärt Mara Kleiner von Fridays for Future Düsseldorf in ihrer Rede beim Waldspaziergang und erntet dafür lauten Applaus. Auch ihre Kollegin Linda Kastrup, Sprecherin von Fridays for Future NRW, findet an diesem Sonntag klare Worte: „Der Gedanke, dass wir Autobahnen mehr Platz geben sollten und dafür das zerstören, was die Klimakrise wenigstens noch ein bisschen eindämmt, der kann einem gar nicht logisch erscheinen“, erklärt Kastrup in ihrer Rede. Man könne nicht zulassen, dass der „Sterki“ ein weiterer Schauplatz der Klimaverbrechen unserer Bundesregierung wird, sagt die Sprecherin.

Hambiförster Michael Zobel führte die Gruppe der Umweltaktivisten durch den Sterkrader Wald. Auch für den Erhalt des Hambacher Forstes hat der Waldpädagoge gekämpft.
Hambiförster Michael Zobel führte die Gruppe der Umweltaktivisten durch den Sterkrader Wald. Auch für den Erhalt des Hambacher Forstes hat der Waldpädagoge gekämpft. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Bäume sind natürlichste Klimaanlage des Planeten

Dabei schwebt ihr vor allem einer vor, den sie für die Fehler in der Verkehrsplanung verantwortlich macht: Volker Wissing. Im aktuellen Gesetzentwurf der FDP ist nämlich auch das Projekt A3 gelistet, damit soll der Ausbau des Autobahnkreuzes beschleunigt werden.

Auch interessant

„Sein Scheitern wird an so vielen Stellen sichtbar und an einem Schauplatz der gescheiterten deutschen Verkehrspolitik befinden wir uns gerade. Jedes Blatt im Sterki macht mehr gegen die Klimakrise als Volker Wissing“, stellt Kastrup klar und fordert den Rücktritt des Bundesverkehrsministers. „Bäume sind die natürliche Klimaanlage unseres Planeten und wir sollten alles dafür tun, dass wir diese erhalten“, sagt sie weiter in ihrer Rede an die Aktivistinnen und Aktivisten, die zum großen Teil aus Oberhausen kommen.

Vergleichbar mit dem Hambacher Forst

Nicht so Andreas Rodehüster, der Herr mit den langen grauen Haaren und einem grünen Shirt mit Baumaufdruck ist extra aus Essen gekommen, um für den Erhalt der Bäume zu demonstrieren. In der einen Hand hält er seinen Regenschirm, in der anderen eine Fahne mit der Aufschrift „Der Hambacher Forst bleibt“. Ob der Hambacher Forst mit dem Sterkrader Wald vergleichbar ist? Ja, findet Rodehüster. „Klar, kann man das miteinander vergleichen. Jede Waldfläche, die verschwinden soll, kann man mit dem Hambi vergleichen. Wald ist Wald“, sagt der Essener.

podcast-image

„Wenn wir über die Klimakatastrophe sprechen, dann können wir uns so etwas nicht mehr leisten. Wir haben hier das drittgrößte Autobahnnetz der Welt. Wenn man sieht, wie viele marode Autobahnen es ohnehin schon gibt, könnte man dort erst einmal anpacken, statt noch mehr Boden unnötigerweise zu versiegeln und das Netz weiter auszubauen“, stellt der Aktivist klar. Auch für den Erhalt des Hambacher Forstes habe er schon gekämpft und eines daraus gelernt: „Wir müssen aufhören damit, wir können uns so etwas nicht mehr leisten, wenn wir über Klimawandel und Umwelt sprechen.“

Das würden sicher auch die Bäume sagen, wenn sie sprechen könnten… oder, wenn wir ihnen zuhören könnten. „Wir Menschen müssen nur ihre Sprache lernen“, sagt Hambiförster Michael Zobel.

>>> Klimaaktivistin Luisa Neubauer wurde erwartet

Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Demonstration wurden viele Gäste und Rednerinnen erwartet. Unter anderem war Umweltaktivist Peter Emorinken Donatus vor Ort, der in seiner Ansprache an die Aktivistinnen und Aktivisten auf die Situation des globalen Südens aufmerksam machte.

Eigentlich sollte auch Klima-Aktivistin Luisa Neubauer am Sonntagmittag den Weg nach Oberhausen finden. Aufgrund etwaiger Aktivitäten rund um den Klimaentscheid in Berlin konnte sie jedoch nicht am Demonstrationszug durch den Sterkrader Wald teilnehmen.