Oberhausen. Die Statistiker im Oberhausener Rathaus haben die Lage auf dem hiesigen Wohnungsmarkt analysiert – und liefern teils erstaunliche Erkenntnisse.

Die Analysten und Strategen im Rathaus wollen nach der großen Studie „Wohnen in Oberhausen“ von 2017 nun regelmäßiger auf den Wohnungsmarkt schauen, um zu ermitteln, wie die rund 210.000 Einwohner im Stadtgebiet wohnen – und wie sie wohnen wollen. Jetzt hat die Stadt Oberhausen eine Kurzanalyse vorgelegt. Denn ohne grundlegende Beobachtung kann kein Stadtplaner wissen und kein Politiker entscheiden, wie intensiv Oberhausen weiter bebaut werden oder sogar entsiegelt werden muss.

Dass dies ein schwieriges Unterfangen ist, zeigt allein der Blick auf die Bevölkerungszahlen in Oberhausen. Erwartete man in den ersten 15 Jahren dieses Jahrhunderts noch stark sinkende Einwohnerzahlen, so ging man durch die steigende Zahl an Zuwanderern und zunehmenden Geburten je Frau von einer wachsenden Stadt aus. Zunächst verlor Oberhausen von 1995 weiter an Einwohnern – von 225.000 auf 210.000 im Jahre 2014. Höchststand war im Jahre 1963, also vor knapp 60 Jahren, mit 260.570 Einwohnern. Ab 2014 stieg die Einwohnerzahl auch durch die vielen aufgenommenen Kriegsflüchtlinge aus Syrien auf 212.690 im Jahre 2017 – und fiel dann aber wieder ab: fast unbemerkt von der Öffentlichkeit auf 209.000 Personen.

Dass der Wohnungsbedarf von 225.000 ein anderer ist als bei 209.000, ist klar. Aber was passiert, wenn zugleich unter ihnen viel mehr Menschen ohne Partner alleine leben oder die Zahl der Familien steigt?

Dies sind nun die acht wichtigsten aktuellen Erkenntnisse der Oberhausener Statistiker, allen voran Stadtentwickler Martin Florack und Stadtstratege Ralf Güldenzopf, zum Oberhausener Wohnungsmarkt:

Zufriedenheit der Oberhausener mit ihrer Wohnung

1. Wohn-Zufriedenheit: Das mag für viele überraschend sein, aber die Oberhausener sind in den vergangenen zehn Jahren mit ihrer Wohnsituation immer zufriedener geworden: Mit ihrem Stadtteil sind nach der jüngsten Bürgerbefragung der Stadt von 2020 fast 70 Prozent zufrieden, mit ihrer Wohnung sind 83 Prozent zufrieden und sehr zufrieden. Folgerichtig beobachten die Statistiker, dass die Oberhausener bei Umzügen meist in ihrem gewohnten Stadtviertel bleiben – und zwei Drittel der Oberhausener leben länger als 21 Jahre in ihrer Heimatstadt.

Dichte der Einwohner in Oberhausen

2. Einwohner-Stärke: Sterkrade hat Alt-Oberhausen ab 2015 als bevölkerungsstärkster Stadtbezirk abgelöst. Er hat auch die höchste Zahl an Wohngebäuden. Die höchste Bevölkerungsdichte weisen dagegen Alt-Oberhausen-Mitte und Styrum auf. In ganz Oberhausen knubbeln sich im Schnitt 2736 Bürger auf einem Quadratkilometer – doch in Sterkrade-Nord sind es mit 1312 nur halb so viele. Dagegen leben in der Oberhausener Innenstadt und Styrum mit über 6300 Einwohner je Quadratkilometer mehr als doppelt so viele auf dem gleichen Raum.

Ein großer Teil der Einwohner lebt alleine – immerhin 46.000. Haushalte mit Kindern beziffert die Stadt auf 20.300. Die Zahl der Oberhausener Haushalte insgesamt ist innerhalb der vergangenen zehn Jahre stetig gestiegen – von 102.000 auf knapp 105.000. Bei der Altersstruktur der Bevölkerung gibt es einen Zuwachs von Kindern und Jugendlichen sowie älteren Menschen über 65 Jahren.

Bestand an Wohngebäuden in Oberhausen

3. Wohngebäude-Bestand: Fast 45 Prozent aller Wohngebäude sind Einfamilienhäuser – in absoluten Zahlen: von 37.700 reinen Wohnhäusern sind es 16.620. Die Quote an selbst genutztem Wohneigentum liegt bei 28 Prozent. Die meisten Einfamilienhäuser stehen in Sterkrade-Nord, in Sterkrade-Mitte und in Osterfeld. Die überwiegende Zahl an Mehrfamilienhäusern findet man in der Oberhausener Innenstadt, in Styrum, in Oberhausen-Ost und in Sterkrade-Mitte. Die höchste Eigentumsquote sehen die Statistiker in Sterkrade-Nord mit fast 42 Prozent, die niedrigste in Mitte/Styrum mit 17,6 Prozent. Die ältesten Häuser stehen in Mitte/Styrum, die jüngsten in Sterkrade-Nord.

Relativ grün zeigt sich der Oberhausener Norden, gleichwohl stehen hier sehr viele Wohngebäude, darunter eine stattliche Zahl von Einfamilienhäusern.
Relativ grün zeigt sich der Oberhausener Norden, gleichwohl stehen hier sehr viele Wohngebäude, darunter eine stattliche Zahl von Einfamilienhäusern. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Über 70 Prozent der Oberhausener wohnen zur Miete

In ganz Oberhausen wohnen gut 70 Prozent der Bürger zur Miete – zum durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 6,48 Euro. Neubauwohnungen kosten je Quadratmeter 9,50 Euro Miete. Die durchschnittliche Wohnfläche je Einwohner beträgt mit 42,5 Quadratmetern weniger als der NRW-Schnitt von 47 Quadratmetern – ist aber ähnlich groß wie in anderen Großstädten im Ruhrgebiet. Pro Wohnung liegt die Wohnfläche bei 80 Quadratmetern (NRW-Schnitt: 92 Quadratmeter). Nur sechs Prozent aller Wohnungen sind sozialgeförderter Wohnraum mit der Pflicht zu niedrigen Mieten.

Leerstand an Wohnungen in Oberhausen

4. Wohnungs-Leerstand: 650 existierende Wohnungen sind zwar leer, aber gelten als nicht mehr bewohn- und nutzbar. Als relevanten Leerstand von Wohnungen auf dem Markt stufen die Statistiker viele weitere Hundert Wohnungen ein, sie bilden aber insgesamt eine Leerstands-Quote von unter drei Prozent. Diese Quote betrachten Immobilienexperten wegen Fluktuationen und Sanierungen als notwendig.

Soziale Wohnsituation in Oberhausen

5. Soziale Wohnsituation: Das höchste Armutsrisiko haben die Bewohner von Osterfeld-Mitte, Innenstadt und im Marienviertel. Der Anteil derer, die unter 1500 Euro netto im Monat haben, bildet in Oberhausen-Mitte/Styrum mit 31 Prozent die größte Gruppe innerhalb des Sozialraums – und in Sterkrade-Nord mit 14 Prozent die kleinste. Im Gegenzug ist der Anteil derer, die 3500 bis unter 5000 Euro an Haushaltsnettoeinkommen hereinholen, mit 26,1 Prozent in Sterkrade-Nord die größte Gruppe und in Mitte/Styrum mit 13,5 Prozent die kleinste.

Oberhausen plant Bau neuer Wohnungen

6. Neubauten-Pläne: Der Gebäude- und Wohnungsbestand hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Von 2014 bis 2020 ist die Zahl der Wohngebäude um zwei Prozent auf 37.300 und die Zahl der Wohnungen um 1,6 Prozent auf 111.000 gestiegen. Besonders die Anzahl an Einfamilienhäusern sowie der Mehrfamilienhäuser ab sieben Wohnungen ist stetig gewachsen. Seit 2014 sind jährlich zwischen 265 und 375 Wohnungen fertiggestellt worden. Trotz momentan sinkender Einwohnerzahl rechnet die Stadt Oberhausen damit, dass man innerhalb der nächsten acht Jahre noch über 3200 Wohnungen im Stadtgebiet neu bauen muss, um den Bedarf der Menschen hier zu decken. Flächen hierfür sehen die Stadtstrategen in Oberhausen-Ost und in Sterkrade-Mitte. Den größten Bedarf an neuen Häusern hat man allerdings in Alstaden und Lirich. Dass man diesen großen Bedarf insgesamt decken kann, erkennt die Stadtspitze an der Entwicklung in den vergangenen Jahren: Von 2017 bis 2020 wurden 1160 Wohnungen neu errichtet. Die Wohnbauflächenpotenziale sieht die Stadt derzeit bei 3350 Wohneinheiten.

Preise für Immobilien in Oberhausen

Die Innenstadt und der Süden Oberhausens sind dicht bebaut – im Vergleich zum Norden gibt es einen deutlich geringeren Anteil an Grünflächen. Mehrfamilienhäuser mit mehr als 14 Wohnungen bilden den geringsten Teil der Wohngebäude.
Die Innenstadt und der Süden Oberhausens sind dicht bebaut – im Vergleich zum Norden gibt es einen deutlich geringeren Anteil an Grünflächen. Mehrfamilienhäuser mit mehr als 14 Wohnungen bilden den geringsten Teil der Wohngebäude. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

7. Preise für Immobilien: Der Quadratmeter-Preis für Eigentumswohnungen in Oberhausen lag 2020 bei 1471 Euro (Quelle: NRW-Bank) – seit 2010 ist dieser Kaufpreis jährlich um über vier Prozent angezogen. Für Eigenheime betrug der durchschnittliche Preis vor zwei Jahren 339.000 Euro – die jährliche Steigerung seit 2010 liegt hier bei 6,5 Prozent. Den Baulandpreis pro Quadratmeter ermittelt die NRW-Bank mit 270 Euro.

Arme Oberhausener leben in klimatisch belasteten Stadtteilen

8. Hebelt Wohnen Klimaschutz aus? Die Gefahr, dass man durch neue Wohnungen Oberhausen, bekanntlich nach Herne schon die zweitdichtbesiedeltste Stadt des Ruhrgebiets, noch weiter klimaschädlich zupflastert, sehen natürlich auch die Stadtverantwortlichen. Sie erfassen schon jetzt sehr hohe Belastungen vor allem im Oberhausener Süden, in Osterfeld-Mitte und in Sterkrade-Mitte: Sie sind höher als andere Stadtteile verdichtet und haben den geringsten Anteil von Rasen, Blumenwiesen, Parks und Grünstreifen. Menschen mit erhöhtem Armutsrisiko müssen also eher in einem klimatisch höher belasteten Wohnumfeld leben. Im Schnitt beträgt der Anteil von Grün- und Freiflächen im Stadtgebiet 51 Prozent. In Sterkrade-Nord lebt mit 15,7 Prozent ein etwas größerer Anteil der Oberhausener als in der Innenstadt und in Styrum. Aber: Mit 33 Prozent der Fläche des Stadtgebiets leben die Bewohner von Sterkrade-Nord auf einer, im Vergleich zu Mitte/Styrum, sechs Mal so großen Fläche. Grundsätzlich schlagen die Strategen vor, bei Neubauten und Sanierungen durchgrüntes Wohnen zu verwirklichen, um gute Wohnqualität auch durch gesunde Wohnverhältnisse zu schaffen.