Oberhausen. Der Oberhausener Feuerwehrmann Matthias Steff reiste als ISAR-Helfer ins Erdbebengebiet. Vier Menschen konnte sein Team aus den Trümmern bergen.
Matthias Steff hatte sich „auf das Schlimmste“ eingestellt: „Eingestürzte Gebäude, Tote, Elend.“ Am Morgen nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien saß er im Flieger, um als Helfer der Duisburger Organisation ISAR (International Search and Rescue) Menschen aus den Trümmern zu retten. Am selben Tag erreichte er die zerstörte türkische Stadt Kirikhan. Und die Ahnung traf zu: „Es ist auch so gekommen.“
Der 39-jährige Feuerwehrmann aus Hünxe hat viel Erfahrung in Krisengebieten gesammelt. Fünfmal war er bereits im Einsatz, darunter beim schweren Erdbeben in Haiti 2010 mit mehr als 210.000 Opfern. Er besitzt einen Rettungshund „in Rente“, ein zweiter wird gerade ausgebildet. Der Einsatz in der Türkei sei anders gewesen, weil mehrgeschossige Häuser in sich zusammengefallen seien. „80 Prozent der Stadt waren zerstört.“ Sein sechstägiger Einsatz bleibt ihm in Erinnerung. „Die Gastfreundlichkeit war unglaublich.“ Am Tag suchten die Ehrenamtler zwölf Stunden am Stück nach Überlebenden. Die Einheimischen, obwohl manche alles verloren hatten, kümmerten sich um die Helfer. „Wir hatten einen Tisch, um beispielsweise Werkzeug zu reparieren. Am Abend standen da Kaffee, Tee, Gebäck, Brötchen. Keine Ahnung, woher die das alles hatten“, erinnert sich Matthias Steff.
Sechs Tage im Katastrophengebiet
Fast einen Monat ist das verheerende Erdbeben her. Die Todeszahlen übersteigen mittlerweile die 50.000er Grenze. Die Menschen in den betroffenen Regionen sind auf Hilfe angewiesen. Die ISAR koordiniert über Partner weitere Unterstützung. Die Beseitigung der Schäden werde Jahre dauern, vermutet Matthias Steff.
Sein Einsatz dauerte nur sechs Tage. Sechs Tage, in denen er mit seinem Team vier Menschen aus den Trümmern befreien konnte. „Besser hätte es nicht laufen können.“ Einer davon war ein 16-jähriger Junge. „Er war unverletzt, hatte nur keine Schuhe und war deshalb besorgt.“ Eine andere war die 40-jährige Zeynep, die nach über 100 Stunden gerettet werden konnte, aber im Krankenhaus ihren Verletzungen erlag.
Die junge Frau sei eingeklemmt gewesen. „Zwischen Körper und Beton waren nur wenige Zentimeter. Sie konnte nur eine Hand bewegen.“ Die Helfer mussten Beton und Schutt mühsam abtragen, die Gefahren von Nachbeben ausblenden und die junge Frau beruhigen. „Am Ende war das ganze Team beisammen“, sagt Matthias Steff.
„Guck mal, da ist Papa“
Zurück in Deutschland wurden die freiwilligen Helfer von Hunderten am Flughafen empfangen. Für Matthias Steff eine unangenehme Situation. „Ich wollte eigentlich nur nach Hause zu meinen Kindern und meiner Frau – und duschen.“ Während des Einsatzes hatte er nur eine Hose getragen. Seine Kinder sind fünf Jahre und acht Monate alt. Für seinen fünfjährigen Sohn sei es der erste Einsatz des Vaters gewesen. „Meine Frau und mein Sohn saßen abends vorm Fernsehen. Sie hat ihm dann gezeigt: Guck mal, da ist Papa.“ Im Einsatz blende er seine Familie „komplett aus“, sagt der 39-Jährige: „Ich konzentriere mich auf die Arbeit.“
Die Feuerwehr Oberhausen ist stolz auf Matthias Steff. Bis zu seinem Einsatz war nicht klar, dass er überhaupt in der Nicht-Regierungsorganisation ISAR tätig ist. Die Freistellung erfolgte sofort. Und auch nach dem Einsatz hätte er sich noch erholen dürfen. Matthias Steff verzichtete auf eine lange Pause. „Ich mag meine Arbeit gerne.“