Oberhausen. Die Rettungswache Süd verkürzt die Rettungszeit im Stadtsüden. Drei Nachbarn sind gegen das Projekt am vorgesehenen Standort. Hier ihre Gründe.

Zwei Monate vor dem angekündigten ersten Spatenstich für die neue Rettungswache Süd regt sich in Alstaden in direkter Nachbarschaft Widerstand gegen das Projekt: Die Nachbarn Michael Müller, Barbara Schindler und Birgitta Leifeld wollen die Planungen in der jetzigen Form nicht akzeptieren. Michael Müller denkt über juristische Schritte dagegen nach.

Aus Sicht der Stadt ist das Projekt verwaltungstechnisch und politisch längst unter Dach und Fach. Die Baugenehmigung wurde im Juli 2022 erteilt. Der Bedarf für die neue Rettungswache Süd ist eindeutig gegeben, um den Acht-Minuten-Richtwert für Rettungseinsätze auch im äußersten südlichen Stadtgebiet einzuhalten. Die Rettungswache Nord gibt es entsprechend bereits in Schmachtendorf. Nun soll noch Alstaden folgen mit einem Standort an der Straße Rehmer.

Genau dort wohnen die drei Protestierenden. Sie fühlen sich von der Stadt bei der Planung des Projektes übergangen – trotz der Online-Bürgeranhörung im Juni 2021, an der sie teilgenommen haben. Die Stadt habe die Planungen auf Grundlage eines nicht entsprechend aktualisierten Bebauungsplanes vorgenommen. Zudem habe die Verwaltung einen von ihr angestrebten neuen Bebauungsplan nicht rechtzeitig öffentlich ausgelegt, argumentieren sie. „Hier wird jetzt wertvolle Freifläche vernichtet und seltene Fledermäuse wie Kröten vertrieben.“ Die Stadt plane zudem mit dem direkt angrenzenden neuen Nahversorgungszentrum Alstaden eine weitere Bodenversiegelung, die in Zeiten der Klimakrise nicht zu verantworten sei. „Das Stadtklima in Alstaden heizt sich doch so immer weiter auf“, sagen die protestierenden Nachbarn.

Stadtrat hat grünes Licht zum Projekt-Fortschritt gegeben

Vorbereitungen auf dem Grundstück an der Straße Rehmer: Im April 2023 ist der erste Spatenstich für die Rettungswache Süd geplant.
Vorbereitungen auf dem Grundstück an der Straße Rehmer: Im April 2023 ist der erste Spatenstich für die Rettungswache Süd geplant. © FFS | Kerstin Bögeholz

In seiner jüngsten Sitzung hat unterdessen der Stadtrat grünes Licht für die Auslegung des neuen Bebauungsplanes Nr. 674 gegeben, der den besagten älteren Bebauungsplan Nr. 304 für den Bereich ersetzen soll. Mit dem Bebauungsplan Nr. 674 wird nach Angaben der Stadtverwaltung auch die bereits genehmigte Rettungswache Süd „langfristig planungsrechtlich abgesichert“.

Die protestierenden Anwohner haben also offenbar denkbar schlechte Karten, wenn es darum geht, das Projekt am derzeit vorgesehenen Standort doch noch zu verhindern. Wichtige Weichenstellungen für die Rettungswache Süd und das angrenzende neue Nahversorgungszentrum sind erfolgt. Darauf weist die Stadt Oberhausen auf Anfrage der Redaktion im Detail hin: Die Baugenehmigung habe auf Grundlage des noch bestehenden Bebauungsplanes Nr. 304b ausgesprochen werden können. Gleichzeitig befinde sich der Bebauungsplan Nr. 674 derzeit im Aufstellungsverfahren. Auch der Umweltbericht für das Planungsgebiet werde für die Öffentlichkeit ausgelegt – noch im ersten Quartal 2023. Hier könne sich jeder Bürger zum Verfahrensstand äußern.

Kein lautes Martinshorn bei der Ausfahrt der Rettungswagen

Ordnungsdezernent Michael Jehn verspricht zudem, dass man Anwohner vor Lärm schützen wird: „Alle Einsatzfahrzeuge des Brandschutzes und des Rettungsdienstes sind mit speziellen Sendern ausgestattet. Diese verbinden sich automatisch mit den Ampeln an den Wachen und schalten die Ampel für unsere Rettungswagen auf Grün. Der Einsatz des Martinshorns in Ein- und Ausfahrtbereich wird somit für die unmittelbare Nachbarschaft vermieden.“ So sei es auch für die Rettungswache Süd an der Straße Rehmer geplant.

Trotz der Argumente der Stadt wollen die drei Nachbarn nicht aufgeben und hoffen, eventuell bei weiteren Anwohnern der Straße Rehmer Gehör zu finden, um ihrem Protest mehr Breite und Durchschlagskraft zu verleihen. „Wir sind nicht grundsätzlich gegen den Neubau einer Rettungswache Süd“, unterstreicht Michael Müller. Es gebe dafür allerdings ein deutlich günstiger gelegenes Grundstück ein paar Meter weiter östlich an der Straße Rehmer.

Dieses Grundstück liegt zwischen der Bahnlinie Oberhausen-Duisburg und dem Bahnabzweig nach Mülheim/Essen. Das Gelände gehört allerdings der Deutschen Bahn, wie vor Ort durch ein Schild ausgewiesen ist. Insofern dürften die Möglichkeiten für ein Rettungswache-Projekt an diesem alternativen Punkt gering gewesen sein. Dezernent Jehn: „Ein Alternativgrundstück, das alle Voraussetzungen für den Bau der neuen Rettungswache Süd erfüllte, konnte nicht gefunden werden.“

Nachbarn sehen sich von Lärm, Verkehr und versiegelter Parkplatz-Fläche umzingelt

Die protestierenden Nachbarn sehen sich künftig von Lärm, Verkehr und versiegelter Parkplatz-Fläche umzingelt, wenn die Rettungswache und das Nahversorgungszentrum verwirklicht werden, zumal ja hier auch noch über einen neuen S-Bahn-Haltepunkt für Alstaden nachgedacht wird. Dieses ÖPNV-Projekt ist zwar nicht spruchreif, wird aber seit vielen Jahren diskutiert. Der Bebauungsplan Nr. 674 sieht bereits rund 26 P&R-Parkplätze für eine bequeme Anbindung an die S-Bahn vor.