Oberhausen. Unternehmen in Deutschland fehlen Fachkräfte, die ukrainischen Kriegsflüchtlinge sind gut qualifiziert – doch trotzdem scheitert die Vermittlung.

Im Vergleich zu anderen Ruhrgebietsstädten hat Oberhausen besonders viele Ukrainer aufgenommen: Über 4000 suchten hier Zuflucht, über 3200 sind längerfristig hier. Die meisten von ihnen sind Frauen, knapp 1000 der Geflüchteten sind unter 17 Jahre alt – denn die überwiegende Mehrheit der Männer unter 60 Jahren müssen im Kriegsgebiet helfen, die Ukraine zu verteidigen.

Die erste Hoffnung der Flüchtlinge, dass der Krieg nur kurz dauert, hat sich zerschlagen – die meisten wollen zwar nach Kriegsende immer noch in ihre Heimat zurück, aber sie versuchen derweil, hier zurechtzukommen: Kinder gehen zur Schule, junge Erwachsene suchen eine Berufsausbildung, Erwerbsfähige wollen einen Arbeitsplatz. Angesichts des großen Mangels an Fachkräften in Oberhausen könnten die Ukrainerinnen und Ukrainer in den örtlichen Betrieben übergangsweise schmerzvolle Lücken in der Belegschaft füllen. Könnten – denn die Hürden sind nach Erläuterungen von Jobcenter-Geschäftsführer Uwe Weinand und Arbeitsagentur-Chef Jürgen Koch recht hoch.

1700 Ukrainer sind in Oberhausen als erwerbsfähig eingestuft

In der Spitze, im September 2022, bezogen gut 2200 Ukrainer vom Jobcenter als Hartz-IV-Empfänger Leistungen, 1700 von ihnen sind erwerbsfähig, 1300 arbeitssuchend. Im Unterschied zu den rechtlichen Regelungen für Flüchtlinge aus anderen Staaten werden die Ukrainer seit dem 1. Juli 2022 von der Grundsicherung der Jobcenter aufgefangen – und nicht von den Sonderregeln des Asylbewerberleistungsgesetzes. Der Zugang zum Arbeitsmarkt inklusive der Betreuung durch Jobcenter-Fachleute ist für Ukrainer also einfacher als für andere Flüchtlinge.

Der Oberhausener Jobcenter-Geschäftsführer Uwe Weinand: „Sie schieben nichts auf die lange Bank, sondern kümmern sich um die Dinge in ihrem Alltag.“
Der Oberhausener Jobcenter-Geschäftsführer Uwe Weinand: „Sie schieben nichts auf die lange Bank, sondern kümmern sich um die Dinge in ihrem Alltag.“ © Funke Foto Service | Fabian Strauch

Das Potenzial der Ukrainer, auf dem Arbeitsmarkt gut unterzukommen, ist eigentlich überdurchschnittlich hoch. „Ukrainer sind meist gut qualifiziert, die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse ist keine große Schwierigkeit. Doch die Anforderungen der Unternehmen mit den Fähigkeiten der Ukrainer in Einklang zu bringen, das ist problematisch“, stellt Weinand seit Juli mit seinen Teams fest.

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Denn auch einfache Jobs in Oberhausen erfordern oft grundlegende Deutschkenntnisse – und hier hapert es naturgemäß. Plätze in Deutsch-Sprachlernkursen gibt es nur wenige. Zudem benötigen die Mütter erst recht eine verlässliche Kinderbetreuung, um lernen oder arbeiten zu können. „Sprachkurse und Kinderbetreuung sind die zwei sehr engen Flaschenhälse. Auf Sprachkurse warten die Ukrainer sehr lang, weil es zu wenige Lehrer gibt. Die Kapazitäten fehlen einfach, Geld stellt der Bund ausreichend bereit.“

Jobcenter-Chef Uwe Weinand: Ukrainer bringen eine hohe Motivation mit

An der Einsatzfreude der Ukrainer liegt es jedenfalls nicht, dass das Jobcenter in den ersten beiden Monaten, also im Juli und August 2022, erst 42 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit auf sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vermittelt hat. Weinand und Koch stellen den Ukrainern ein Super-Zeugnis aus. „Sie bringen eine sehr hohe Motivation mit, sie sind sehr fleißig, sind sehr ehrgeizig. Sie schieben nichts auf die lange Bank, sondern kümmern sich um die Dinge in ihrem Alltag, um die Themen nach vorne zu bringen. Sie wollen durch Arbeit ihren Lebensunterhalt selbst verdienen“, erzählt Weinand. So würden die meisten Ukrainer relativ oft im hiesigen Integrationszentrum des Jobcenters vorsprechen, um sich Rat zu holen.

Nach Erfahrung des Jobcenter-Chefs sind viele Ukrainer so sprachfertig, dass es gelingt, ihnen die notwendigen Kenntnisse der so schwierigen deutschen Sprache innerhalb eines sechsmonatigen Sprachkurses beizubringen, so dass sie in vielen Berufen eingesetzt werden könnten. Aber es mangelt eben an Plätzen in Deutschkursen – und deshalb vor allem stockt die berufliche Eingliederung der Kriegsflüchtlinge.