Oberhausen. Auf einer Straße zur Autobahn A3 im Oberhausener Norden fahren Autofahrer nach Beobachtung von Anwohnern zu schnell. Die Stadt prüfte das genau.
Die meisten Autofahrer ärgern sich über Tempo-30-Zonen – erst recht, wenn sie schnell zur Autobahn kommen wollen. Die meisten Anwohner allerdings, ob Autofahrer oder nicht, sind wütend, wenn Autofahrer mit 50 Stundenkilometern oder mehr an ihnen vorbeibrettern.
So wehren sich Anwohner im Oberhausener Norden, vor allem Bewohner des kleinen Stadtteils Brink, schon seit langem gegen Raser auf dem Starenweg, einer Zubringerstraße zur A3-Autobahn-Auffahrt Dinslaken-Süd. „Die Stadt muss die Raserei auf dem Starenweg verhindern, sonst ist die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern nicht gewährleistet“, bittet Klaus Kreisköther die Politiker im Hauptausschuss eindringlich. Als Anwohner beobachtet er immer wieder, dass sich nur wenige Auto- und Lkw-Fahrer wirklich an die Tempobegrenzung von 50 Stundenkilometern halten. Gerade im Bereich der Haltestelle „Friedensdorf“ seien die rasenden Autofahrer für alle anderen extrem gefährlich.
Bürger entwickeln Konzept mit Wünschen gegen Raser
Kreisköther hat Mitte Dezember 2022 auch gleich den Fachleuten der Stadtverwaltung ein Konzept vorgelegt: Zwischen Hünenberg- und Pfeilstraße soll der Starenweg als Tempo-30-Zone ausgewiesen werden; in Höhe der Einmündung Pfeilstraße soll ein Fußgängerüberweg markiert werden – und eine feste Radaranlage soll zu schnell fahrende Autos erwischen, installiert in Höhe der Einmündung „Zum Ravenhorst“ auf der Gabelstraße, die dann als Starenweg weiter zur Autobahn A 3 führt.
Wie kommt ein Bürger dazu, dem Rathaus und der Stadtpolitik gleich ein ganzes Wünsche-Bündel auf den Tisch zu legen? Was viele nicht wissen: Genau diese Art von direkter Bürgerbeteiligung sieht die Gemeindeordnung von NRW vor. Nach Paragraf 24 hat jeder Einwohner das Recht, sich mit Anregungen und Beschwerden an die Bezirksvertretung und an den Rat zu wenden – und das Thema muss dann behandelt werden. In Oberhausen ist dafür der Hauptausschuss zuständig – und hier dürfen die Bürger dann auch fünf Minuten lang ihre Einwände erläutern.
Oberhausener Anwohner redet Politikern im Hauptausschuss ins Gewissen
Doch wie schwierig es ist, eigene Ideen als Anwohner durchzusetzen, muss Klaus Kreisköther nach seinem Auftritt im Hauptausschuss erfahren – die Politik folgt mit breiter Mehrheit der Ansicht der Rathaus-Bediensteten, dass es für die Kommune rechtlich nicht möglich ist, die drei Vorschläge des Bürgers Realität werden zu lassen. Nur die Linken stimmten für Kreisköthers Vorschläge. Die Grünen enthielten sich – und hoffen auf neue Bundesgesetze, die den Kommunen beim Kampf gegen rücksichtslose Autofahrer mehr Spielräume lässt.
Denn die Städte sind in ihren Entscheidungen über die verkehrspolitische Ausstattung ihrer Straßen nicht frei. So müssen eindeutige Begründungen her, warum auf einer ganz normalen Durchfahrtstraße des Stadtgebiets plötzlich Tempo-30-Schilder aufgestellt werden sollen. Und dies muss eindeutig belegt sein. Auch irgendwo feste Blitzgeräte aufzustellen, ist den Kommunen vor Ort verboten. Es sein denn, es gibt einen in den Verordnungen festgenagelten Grund, etwa ein nachgewiesener Schwerpunktort für Verkehrsunfälle.
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So beugten sich die Verkehrsjuristen der Stadt über die gültigen Regeln der Straßenverkehrsordnung und ließen die Bedingungen vor Ort prüfen. Für eine Tempo-30-Zone muss eine „konkrete Gefahr für die Sicherheit des Verkehrs“ vorhanden sein, also eine Gefahrenlage existieren. Doch innerhalb von zwei Jahren registrierte die Polizei auf dem Starenweg nur einen einzigen Unfall. Und bei einer echten Seitenradar-Messung auf der Straße zeigte sich, dass von knapp 5800 Autofahrern immerhin 85 Prozent nicht schneller als 54 Stundenkilometer fuhren. „Das Geschwindigkeitsniveau ist unauffällig“, schlussfolgern daher die Fachleute.
Die Planer der Stadt machten sich auch die Mühe, zu prüfen, ob es sich lohnt, einen weiteren Fußgängerüberweg auf dem Starenweg anzulegen, diesmal in Höhe der Pfeilstraße. Doch statt der rechtlich notwendigen 50 Fußgänger pro Stunde sahen die Fachleute am sehr frühen Mittwochmorgen ab 6.45 Uhr (18. Januar 2023) nur elf Bürger zu Fuß in gut zwei Stunden – viel zu wenig.
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Voraussetzungen für einen festen Blitzer fehlen
Und so sahen die Rathaus-Beamten auch keinen Grund für einen festen Blitzer in der Höhe „Zum Ravenhorst“: Hier ist nun einmal keine Unfallhäufungsstelle erkennbar oder eine höhere Unfallgefahr erwartbar. Die Anwohner des kleinen Stadtteils scheiterten damit zwar mit ihren Wünschen, aber sie können wenigstens zufrieden damit sein, dass die Stadt ihre Hinweise nicht nur ernst genommen hat, sondern dies auch schnell und intensiv geprüft hat.