Oberhausen. Die FDP-Jugend stellt einen radikalen Antrag: Die Partei soll sich von den Linken distanzieren. Die Links-Jugend wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Der Antrag der FDP-Jugend für den FDP-Kreisparteitag am Samstag, 4. Februar, im Parkhotel ist nur wenige Absätze lang, aber die haben es in sich. Die Jungen Liberalen fordern ihre Oberhausener Partei auf, in Zukunft jegliche Zusammenarbeit mit der Links-Partei und ihren Unterorganisationen auszuschließen. Es soll nicht mal der Eindruck entstehen, dass eine Kooperation mit „linksradikalen Organisationen“ stattfindet. Explizit genannt sind die Linksjugend [‘solid]; die Linke, die Linke Liste Oberhausen und die Antifa Oberhausen. Das Votum steht noch aus, Konsequenzen gibt es bereits: Zu einer gemeinsamen Ukraine-Demonstration am 24. Februar von Jungen Liberalen, Jusos und Junge Union ist die Links-Jugend nicht eingeladen. Der linke Nachwuchs kann den Vorstoß nicht nachvollziehen und wehrt sich gegen Kritik.
Die schriftliche Begründung des Juli-Antrags bleibt allgemein. „Linksextremisten in ihren diversen Gruppierungen und Ausdrucksformen sind eine Gefahr für den Staat und stellen die Demokratie und die liberale Marktwirtschaft in ihrem Kern in Frage.“ Damit seien sie genau wie „Rechtsradikale“ mit der liberalen Idee unvereinbar.
FDP-Kritik: Fehlende Unterstützung für die Ukraine
Auf Nachfrage dieser Redaktion wird der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Max Baum, konkreter. Vor allem die Links-Jugend habe Solidarität in der Ukraine-Unterstützung vermissen lassen. Die Haltung der Linken zum Einsatz von Waffen ist auch auf den großen politischen Bühnen und innerhalb der eigenen Partei ein Streitthema. In Oberhausen, wo die Stadt besonders mit Saporishja verbunden ist, nehmen die politischen Kontrahenten die Zurückhaltung übel. Der Vorsitzende der Links-Jugend, Julien Krasniqi, betont allerdings: „Wir stehen ganz klar an der Seite der Menschen in der Ukraine.“ Aber er gibt zu, dass die Partei in der Waffen-Frage uneins sei. Dass die Partei für die Demonstration am 24. Februar nicht eingeladen sei, bezeichnet Krasniqi als „schade“.
Baum kritisiert aber auch, dass die Links-Partei „den Boden der Demokratie“ verlassen habe. Eine „Diskussion auf Augenhöhe“ sei nicht mehr möglich. Er macht das fest an Kommentaren in den sozialen Medien und an der Tatsache, dass die Jugend-Organisation solid in NRW vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Die Links-Jugend habe sich nicht überzeugend von dieser Organisation abgespaltet. Dem widerspricht Krasniqi. Die Links-Jugend Oberhausen habe politisch und wirtschaftlich nichts mehr mit solid zu tun. Es gebe auch keine Mitglieder, die aktiv an Veranstaltungen von solid teilnähmen.
Vorfall an der GSO sorgt für Wirbel
Außerdem nimmt der Vorsitzende der Jungen Liberalen den Jungpolitikern der Linken ein Ereignis aus der Wahlkampfzeit übel: Bei einer Podiumsdiskussion an der Gesamtschule Osterfeld habe die Linksjugend eine halbe Stunde vor Beginn ihren Vertreter gegen den damaligen Spitzenkandidaten der Linken Jules EL-Khatib ausgetauscht. Der NRW-Kandidat gewann anschließend mit großem Abstand das Votum der Schülerinnen und Schüler. „Das war unfair.“
Nach Angaben von Krasniqi war der Kandidat der Links-Jugend an Corona erkrankt. Da sich El-Khatib in der Nähe aufhielt, fragte die Organisation spontan bei ihm an und hatte Glück. „Das war reiner Zufall.“
Der Begriff Extremismus
Der Begriff Extremismus wird in der Politik gerne verwendet, um sich von politischen Gegnern abzugrenzen. Statistisch lässt sich eine Häufung des Begriffs im NRW-Landtag feststellen.
Eine einheitliche Definition des Begriffs Extremismus existiert nicht. Sicherheitsbehörden wie der Verfassungsschutz bewerten ihn anders als Wissenschaftler. Eine Gemeinsamkeit in der Definition besteht darin, dass Extremismus den demokratischen Verfassungsstaat und seine Werte ablehnt.
Mehr Informationen zum Begriff und den verschiedenen Interpretationen gibt es zum Beispiel im Internet auf lpb-bw.de/extremismus-definition
Mit ihrer Kritik steht die FDP-Jugend nicht alleine da. Wie die Redaktion erfuhr, hat auch der aktuelle Juso-Vorstand eine Zusammenarbeit ausgeschlossen. Der Vorsitzende Tim Tschzeppan bestätigt, dass wegen des Vorfalls an der GSO und der außenpolitischen Haltung in der Ukraine-Frage derzeit keine Kooperation mehr angestrebt werde – dies gelte allerdings nur bis zu den Neuwahlen des Vorstands Ende Februar und nur für die Jusos. Er spricht von einem „Vertrauensbruch“ in der politischen Zusammenarbeit.
Die Junge Union ist ebenfalls auf Distanz zu den Linken. Der Vorsitzende Nunzio Cavallo begründet im Gespräch mit dieser Redaktion die Haltung allerdings mit dem Beschluss auf höchster Ebene. Auf dem Parteitag 2018 sei festgelegt worden, dass die CDU weder mit der AfD noch mit der Links-Partei zusammenarbeite. „Uns ereilen auch keine Anfragen“, sagt Cavallo.
Krasniqi bedauert den Entschluss der Jusos. Auch mit der FDP habe es bei Themen wie der Digitalisierung Schnittmengen gegeben. Für das politische Klima in der Stadt sei der Schritt „sehr schade“. „Wir sind ein politischer Gegner und Partner“, betont Krasniqi.