Oberhausen. Das Sophie-Scholl-Gymnasium hat als erste Oberhausener Schule Virtual-Reality-Brillen gekauft. Wie die Schüler und Lehrer darauf reagieren.

Eine Schülerin in der hinteren Reihe sagt es geradeheraus. „Ich will nicht wissen, wie bescheuert ich gerade aussehe.“ Der Anblick der acht Neuntklässler ist mindestens skurril. Wie sonst sitzen sie an ihren Schultischen. Aber auf ihren Köpfen tragen sie riesige Brillen, die Münder staunen reglos. In den Händen halten sie zwei Joysticks. „Wow“, entfährt es einer, „schau mal links.“ Da ist doch nur das Fenster!

Statt des Blicks auf den Baukran, der sich gerade an einem Einfamilienhaus hochschiebt, sehen die Schülerinnen und Schüler die surrealistischen Welten des Malers Salvador Dali. Riesige Elefantenbeine, viel Sand, Gebirgsformationen, „Fledermäuse!“, ruft ein Mädchen. Willkommen in der Zukunft.

Virtual Reality: Acht Brillen für 18.000 Euro

Das Sophie-Scholl-Gymnasium hat sich was getraut. Da noch ein paar Fördergelder übrig waren, schaffte das Sterkrader Gymnasium als erste Oberhausener Schule acht Virtual-Reality-Brillen an. Kostenpunkt: 18.000 Euro. Ein moderner Kleinwagen. „Wir haben uns das intensiv angeschaut“, sagt Lehrer Alexander Dehne. Das ist wörtlich zu verstehen: Dehne und Schulleiter André Remy setzten sich die Brillen des Langenfelder Unternehmens „VIL – Virtuelles Interaktives Lernen“ auf und waren beeindruckt. Mit Hilfe der Brillen können Schülerinnen und Schüler Orte wie London und Paris erkunden. Das fördere die Sprachkenntnisse, sagt Englischlehrer Dehne. „Geräusche und Stimmen werden ganz anders wahrgenommen.“ Laute Durchsagen am Londoner Piccadilly Circus, Stimmengewirr unterm Pariser Eiffelturm – fast wie eine echte Sprachreise.

Von der neuen Technik überzeugt: Lehrer Alexander Dehne.
Von der neuen Technik überzeugt: Lehrer Alexander Dehne. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

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Eine Anleitung brauchen die Schülerinnen und Schüler nicht. Knopf drücken – fertig. Schon sitzen die Brillen auf dem Kopf. Kameras transportieren die reale Welt, falls Durchblick gewünscht ist. Lehrer Dehne will seine Schüler aber ins Reich von Dali führen und schaltet das Programm an. Expressionismus ist wie geschaffen für das erste Eintauchen in die virtuelle Welt. „Dali hätte es wahrscheinlich auch gefallen“, sagt eine Vertreterin von VIL. Von den acht Neuntklässlern hat sich noch niemand die Bilder des Malers angeschaut. Fasziniert sind sie alle, aber nicht wegen der großen Kunst des Spaniers.

Virtual Reality im Unterricht: „Irgendwie gruselig“

„Es ist irgendwie gruselig, weil man sich selbst nicht sieht“, sagt Milena Rohrbach. Sie habe die Brillen mal kurz im Gasometer ausprobiert. An ihrer Schule wird sie nun häufiger damit zu tun haben. Das Gerede auf den Fluren ist schon groß: Jeder will sie mal ausprobieren, die neue Realität. „Ich wusste, dass es so etwas gibt, aber ich hab es noch nie ausprobiert“, sagt Leni El-Masri. „Für einen Moment vergisst man die Realität um sich herum“, staunt Karla Brandenburg.

Ein bisschen dürfte es noch dauern, bis die Brillen Wirklichkeit an vielen Schulen werden. Das Unternehmen VIL wurde 2021 gegründet und vertreibt die Brillen deutschlandweit. In NRW, Bayern und Niedersachsen gibt es schon Schuleinrichtungen, die sie verwenden. Die Brillen und Programme werden wie Videos im Unterricht eingesetzt. Die Längen sind unterschiedlich, kürzere können fünf, längere zwanzig Minuten dauern. Dabei sollen sie immer flankiert werden von Fragen und Problemstellungen. In Mathematik etwa können Video-Programme Körper und Räume veranschaulichen, in der Geografie Sonnensysteme. „Viele Schüler können sich das nicht vorstellen“, sagt Dehne. Die virtuelle Realität ersetzt die in die Jahre gekommene Tafel. Neben den schwarz-weißen Brillen sieht sie tatsächlich aus wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit.

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Brillen momentan so neu wie Computer vor vielen Jahren

Dehne glaubt, dass die Brillen in Zukunft einen festen Bestandteil des Unterrichts bilden werden. Sie seien momentan so neu wie vor einigen Jahren die Computer. Womöglich wirkt es dann auch nicht mehr so „bescheuert“, wenn die Schüler die Köpfe nach oben neigen und an die Decke starren. „Sieh mal, der Mond!“