Oberhausen. Sechs Monate nach dem Anschlag ist die Scheibe noch immer kaputt. Die Linke kritisiert Vermieter und Behörden. Sie zieht aus dem Gebäude aus.

Der Baucontainer hat nichts mit dem Partei-Büro der Linken zu tun. Ein paar Stockwerke höher hat es im Europahaus an der Elsässer Straße gebrannt, die Sanierung läuft. Aber die Front des ehemaligen Linken Zentrums ist noch immer mit demselben Holz versperrt. Sechs Monate nach dem aufsehenerregenden Anschlag hat sich nichts getan – das gilt auch für die Ermittlungsarbeit. Denn Ergebnisse gibt es bislang nicht.

Am 5. Juli explodierte ein Sprengsatz vor dem Oberhausener Partei-Büro der Linken. Durch die Druckwelle zerbarsten Scheiben des Büros und von Gewerbetreibenden auf der gegenüberliegenden Seite (siehe Infobox). Die Links-Partei vermutet die Täter im rechten Spektrum, denn schon vor dem Anschlag war sie Angriffen von rechts ausgesetzt. Die Behörden hielten sich mit Spekulationen zurück. Die Ermittlungen brachten in sechs Monaten auch keine nennenswerten Erkenntnisse. Laut Staatsanwaltschaft Duisburg gewann sie durch die Vernehmung eines öffentlich gesuchten Zeugen keine weiteren Hinweise. Einen Tatverdächtigen oder weitere Zeugen? Fehlanzeige.

Nach Anschlag: Links-Partei macht Ermittlungsbehörden Vorwürfe

Nach Auskunft der Links-Partei ist das Verfahren Ende des vergangenen Jahres eingestellt worden. Das habe Yusuf Karacelik, Fraktionsvorsitzender der Oberhausener Linken, durch den Anwalt der Partei erfahren. Die Staatsanwaltschaft Duisburg beteuert allerdings: Es wird weiter ermittelt, das Verfahren sei nicht eingestellt.

Yusuf Karacelik kann das nicht glauben. Er vermutet ohnehin ein Muster und kritisiert die Arbeit der Ermittlungsbehörden. „Wenn es rechte Taten sind, werden die Fälle nicht weiterverfolgt.“

Karacelik sitzt in einem großen Büro im hinteren Teil des Linken Zentrums an der Elsässer Straße. Verbittert sei er nicht. „Wir haben viel Solidarität erfahren.“ Überregional verurteilten Politiker den Anschlag, die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Links-Partei) bot damals Hilfe an. Auch den Ortsverband habe der Anschlag näher zusammengerückt. „Wir halten zusammen“, sagt Karacelik.

5. Juli: Ein Sprengsatz zerstört die Scheiben des Linken Zentrums in Oberhausen.
5. Juli: Ein Sprengsatz zerstört die Scheiben des Linken Zentrums in Oberhausen. © dpa | JUSTIN BROSCH

Weitere schwere Angriffe habe es in den vergangenen Monaten nicht gegeben, sagt der Landessprecher Sascha Heribert Wagner. Sticker, Schmierereien mit Hass-Parolen ja, „aber das ist unser Tagesgeschäft.“ Der Anschlag konnte die Linken nicht erschüttern, gleichwohl stehen große Veränderungen bevor. Die Links-Partei wird ihren Standort an der Elsässer Straße nach fünfzehn Jahren verlassen.

Neuer Eigentümer kündigt Links-Partei teilweise

Die Gründe haben mit dem Anschlag zu tun. Die Links-Partei ist unzufrieden mit der neuen Eigentümerin, die W&L AG aus Hessen. Die vorderen Räume, wo der Anschlag passierte, wurden der Partei zum 30. Juni gekündigt, die hinteren haben sie nun aus Unzufriedenheit selbst gekündigt. „Es hat sich seit dem Eigentümer-Wechsel nichts verbessert“, sagt Karacelik.

Die neue Eigentümerin habe der Links-Partei andere Räume angeboten, sagt Sascha Wagner. In Folge dessen habe es harte Verhandlungen gegeben. Denn die Partei wollte weiterhin sichtbar und nahbar bleiben. Die W&L AG bestätigt auf Nachfrage, dass sie der Links-Partei andere Räumlichkeiten angeboten habe. Sie könne auch in Zukunft politisch motivierte Angriffe auf sich ziehen, deshalb habe man sie im Europahaus anders positionieren wollen, sagt Vorstand Christoph Straube dieser Redaktion. Da es keine Einigung gab, habe man die Kündigung beschlossen.

Scheibe nach sechs Monaten noch nicht repariert

„Irgendwo im fünften Stock“, sagt hingegen Sascha Wagner. Man wolle aber eine Anlaufstelle für die Menschen aus der Umgebung sein. Die finanziellen Forderungen seien zudem zu hoch gewesen. Nun sucht die Partei nach neuen Räumlichkeiten in der Umgebung. „Wir sind zuversichtlich, dass es wieder ein neues Linkes Zentrum geben wird“, sagt Sascha Wagner.

5000 Euro Schaden

Bei dem Anschlag gingen auch die Scheiben des Reisebüros Farfsing und des Friseurs Imping zu Bruch. Claudia Farfsing vom Reisebüro beklagt Desinteresse von Stadt und Politik. Während die Anteilnahme für die Links-Partei groß gewesen wäre, habe sich niemand für ihre Geschäfte interessiert.

Den Schaden hätten sie als Gewerbetreibende selbst bezahlen müssen. Die Versicherungen hätten nichts bezahlt, denn sie seien nicht gegen Schäden durch Terror versichert. „Wer denkt denn an so etwas“, sagt Farfsing. 5000 Euro kostete sie die Reparatur.

Warum die Eigentümerin so lange braucht, um eine Scheibe zu reparieren, können sich Wagner und Karacelik nicht erklären. „Das ist eigentlich eine Kleinigkeit“, sagt Wagner. Die betroffenen Gewerbetreibenden auf der anderen Seite haben den Schaden beseitigt. Auf Nachfrage erklärt Straube, dass es durch den Eigentümer-Wechsel im August Zeit gebraucht habe. Nun seien alle Formalitäten mit der Versicherung geklärt, die neuen Scheiben sollen demnächst eintreffen.

Als Rückschlag sieht Karacelik die Ereignisse des vergangenen halben Jahres nicht. „Es herrscht eine Aufbruchstimmung“, sagt er.