Oberhausen. Der Hoppeditz ist in Oberhausen erwacht - und seziert zum Start in die neue Karnevals-Session gesellschaftliche Probleme. Die Kulisse überrascht.

Streng genommen müsste der Hoppeditz besonders ausgeschlafen sein: Zwar durfte er im vergangenen Jahr nach der Corona-Zwangspause schon wieder erwachen. Viel zu tun gab es in der Karnevalssession danach aber nicht. Die Narrenspielzeit fiel 2021/2022 überwiegend flach - kaum Sitzungskarneval, keine Züge.

Diesmal soll alles anders werden. Der Besuch des traditionellen Hoppeditz-Erwachens stimmte die Jecken am Freitag schon einmal heiter. „Die Kulisse hat gepasst. Wir konnten sehen, dass die Besucher wieder Lust auf Karneval haben“, resümiert Hauptausschuss-Geschäftsführer Klaus Kösling. Mehrere Hundert Jecken feierten am Abend einen trockenen Open-Air-Start in die Session. Das laute „Helau“ haben sie nicht verlernt.

Karneval in Oberhausen: Kritik an Steuergeldern für große Firmen

Der Hauptdarsteller geizte nicht mit Pointen: Symbolisch erwacht die ausgedachte Schelmenfigur aus der karnevalsfreien Zeit - und zeigt sich bei seiner Reim-Rede im Idealfall kritisch treffsicher.

Hagen Hoffmann (52) hat sich als Dauerhoppeditz dabei durchaus einen Namen gemacht. Und ja, Hoffmann fehlte es nicht an Energie. Auch wenn die explodierten Heizkosten auch einem Hoppeditz Sorgen bereiten. „Was wir in den letzten drei Jahren durch Corona taten - sparen -, wird uns nun ganz ungelogen, schön ausse Tasche rausgezogen.“

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Scharfe Kritik zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Seitenhiebe auf steuerfinanzierte Rettung von Großkonzernen. Der Hoppeditz pflügt sich in der Reviersprache durch die Themen des Jahres. „Den Konzernen geht es ja so schlecht. Da kann man doch mit Fug und Recht, die mit unseren Geldern stützen, denn die tun uns doch auch nützen.“

Ob sich sein frommer Wunsch, dass die Firmen ihre danach erwirtschafteten Gewinne mit den Bürgern teilen, umsetzen lässt? Ein Narr, wer jetzt nicht lacht.

Karneval in Oberhausen: Hoppeditz sammelt sogar nachts seine Ideen

Die 100 Jahre nach der Prohibition in den USA samt Schatten-Wirtschaft der Mafia mit Alkohol zeichnet der Hoppeditz sogar mit passenden 20er-Jahre-Kostümen der IG Preußisches Rheinland nach. Ein bisschen Klüngel sei ja geblieben.

Sogar der Tod der Queen landet noch aktuell in seiner Rede - als heimlich Hommage an „Lisbeth“. Dass Narren sich nicht mehr als Indianer verkleiden sollen, kommt beim Hoppeditz freilich nicht gut an. Sein Ausweg: Freikörperkultur.

Während in der Welt geteilt und gespalten wird, betont er die Stärken des Karnevals: „So lang man die demokratische Fahne hisst, ein jeder bei uns willkommen ist.“ Acht Papier-Seiten umfasst Hoffmanns Rede - gekürzt aus stolzen 50 Seiten Rohmaterial. „Ich schreibe das ganze Jahr über. Manchmal werde ich nachts wach - und notiere mir meine Idee.“