Oberhausen. Warnstreiks: Die IG Metall fordert acht Prozent mehr Lohn. Die Auftragsbücher seien voll. Der Unternehmerverband sieht das komplett anders.
Die Warnstreiks gehen in dieser Woche in die nächste Runde. Nachdem Beschäftigte in der Elektro- und Metallindustrie in der vergangenen Woche zum Auftakt der Warnstreikwelle auch in Oberhausen ihre Arbeit niederlegten, wird in vielen Städten Deutschlands weiter für mehr Lohn protestiert. Wie in Oberhausen trauen die Beschäftigten der Arbeitgeber-Sichtweise nicht, die Krisen hätten die wirtschaftliche Lage verschlechtert, ein Lohnplus von acht Prozent sei deshalb nicht drin. Wolfgang Schmitz, Präsident des Unternehmerverbands Metall Ruhr-Niederrhein, plädiert hingegen für „kluge Antworten“.
Bei der Kundgebung in Oberhausen vor MAN kritisierten die Metaller, die Unternehmen würden zwar mit Krisen argumentieren, die Auftragsbücher seien aber voll. Schmitz entgegnet auf Nachfrage dieser Redaktion: „Richtig ist, dass die Auftragslage in manchen Unternehmen immer noch recht ordentlich ist – trotz Corona, Lieferengpässen und explodierender Preise. Wahr ist aber auch: Vielen geht es eben nicht mehr gut.“
Teilweise könnten Aufträge nicht mehr kostendeckend erfüllt werden. Die Krisen hätten Energie, Vorprodukte und Material derart verteuert, dass die Preissteigerungen nicht mehr an die Kunden weitergegeben werden könnten: „Die überwiegende Zahl der Betriebe erlebt daher, dass die Erträge – trotz gefüllter Auftragsbücher – in diesem Jahr zurückgehen. Nicht selten geht es inzwischen um die Existenz.“
Verbandspräsident: Jahresentgelte um fast fünf Prozent gesteigert
Eine Folge könnte sein, dass Unternehmen von Produktionsstandorten in Deutschland oder NRW abrücken. Um das zu vermeiden, wären in der Tarifrunde „kluge Antworten“ erforderlich. „Ein Abschluss, der Differenzierungen ermöglicht und die Unternehmen nicht überfordert, wäre da hilfreich“, meint Schmitz.
Die Geduld der Beschäftigen neigt sich allerdings dem Ende. Die Arbeitgeber-Seite hätte sechs Wochen Verhandlungen „verplempert“, sagte der Erste Bevollmächtigte Jörg Schlüter vergangene Woche. Das Angebot, eine Einmalzahl von 3000 Euro für 30 Monate wurde von der IG Metall als Provokation gewertet. Der Frust speist sich auch aus dem Umstand, dass tabellarische Lohnerhöhungen seit 2018 nicht stattgefunden hätten. Es habe lediglich Einmalzahlungen gegeben. Dem widerspricht Wolfgang Schmitz im Namen der Unternehmen an Rhein und Ruhr. So seien in den Tarifrunden 2018 und 2021 Bausteine vereinbart worden, die einmal pro Jahr und wiederkehrend ausgezahlt würden. Seit 2019 seien die tariflichen Jahresentgelte um umgerechnet fast fünf Prozent gestiegen.
Beschäftigte erwarten jetzt auch Hilfe der Unternehmen
Die Gewerkschafter stützen ihre Lohnforderung auch mit der angespannten Lage vor dem Winter. Die Preise würden massiv ansteigen, weshalb sich die Beschäftigten Sorgen machen würden, wie sie ihre Rechnungen noch bezahlen können. Zudem hätten sie in der Corona-Pandemie den Unternehmen durch die Krisenlage geholfen. Es sei also an der Zeit, dass nun die Unternehmen helfen.
Schmitz beteuert, dass die Unternehmen durchaus Verständnis für die Sorgen der Beschäftigten hätten: „Unser Angebot ist deshalb fair: Wir sichern den Beschäftigten mehr Einkommen, aber wir dürfen auch die Betriebe nicht überfordern. Die Tarifpolitik hat große Verantwortung für die Zukunft des Industriestandorts und der Arbeitsplätze in Oberhausen und Umgebung. Wir müssen nun alles daransetzen, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.“
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