Oberhausen. Nach einem Streit vor der Oberhausener McDonalds-Filiale schoss ein Mann plötzlich auf drei Menschen. So schildert die Feuerwehr den Abend.
So einen Einsatz nach einer Gewalttat mit Verletzten muss die Oberhausener Feuerwehr zum Glück sehr selten im Stadtgebiet bewältigen: Am Samstagabend versorgten die Teams von vier Rettungswagen und drei Notärzte die Schussverletzten vor dem Eingang der McDonalds-Filiale, fuhren sie zu Krankenhäusern. Ein 49-jähriger Gelsenkirchener mit lebensgefährlicher Bauchschuss-Verletzung wurde dort in einer Notoperation gerettet, eine 47-jährige Frau erlitt einen Streifschuss am Bein und ein 28-Jähriger ebenfalls aus Gelsenkirchen musste mit einem Armschuss behandelt werden.
Um kurz vor 20 Uhr am Samstag war es in der Nähe der beliebten Turbinenhalle direkt vor dem Eingang des Schnellrestaurants „McCafé“ zu den Schüssen gekommen: Der Täter soll ein 51-jähriger Türke aus Essen mit dem Namen Devrim K. sein, der sofort vom Tatort flüchtete. Der 1971 im türkischen Bingöl geborene Mann wird nun von der Polizei mit Foto dringend gesucht; er soll mit einer scharfen Schusswaffe bewaffnet mit einem weißen Citroen C4 (Picasso) auf der Flucht sein. Die Staatsanwaltschaft Duisburg lässt wegen versuchten Totschlags ermitteln. Die Hintergründe der Tat sind noch nicht geklärt, Zufallsopfer sollen die Gelsenkirchener nach bisherigen Erkenntnissen der Polizei aber nicht gewesen sein. Vermutet wird, dass es sich um geschäftliche Beziehungen und um einen Streit über Geld gehandelt hat.
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Der Abend war für die Feuerwehr-Kräfte nicht einfach. „Aber die Kommunikation mit der Polizei hat an diesem Abend sehr gut geklappt“, lobt Jürgen Jendrian, Leiter der städtischen Feuerwehr. „Unsere Einsatzkräfte warteten nur kurz an der Brücktorstraße in Bereitschaft und konnten dann sehr schnell zum Einsatzort an der Mülheimer Straße fahren, als die Polizei den Ort der Tat abgesichert hatte.“
Polizei gibt Okay für Einsatz der Rettungswagen mit allen Helfern
Denn grundsätzlich kommen die Helfer der Feuerwehr nur zur Einsatzstelle, wenn die akute Gefahr vor Ort gebannt ist. „Wenn der Täter dort noch ist, dann fahren wir da nicht rein, weil wir sonst unsere Leute gefährden würden.“ In diesem Fall konnte die Polizei allerdings schnell ihr Okay geben. Das bedeutete aber auch: „Wir wussten nicht sofort, als wir alarmiert wurden, um wie viele Schussverletzte es sich tatsächlich handelt, es hätten auch mehr sein können, als die drei Menschen, die am Ende behandelt werden mussten.“
An der Mülheimer Straße stellte sich schnell heraus, dass nicht alle der zahlreichen Augen- und Ohrenzeugen der Schießerei das Gesehene und Gehörte sofort abschütteln konnten. Einige standen unter Schock, andere unterhielten sich lautstark, ein paar weinten – darunter auch Gäste des mit großen Fensterscheiben versehenen Schnellrestaurants. „Die Polizei signalisierte uns, dass sich verschiedene Gruppen gebildet haben, die Hilfe benötigen, die stark verängstigt waren. Wir haben dann das Rote Kreuz informiert und Notfallseelsorger, Freiwillige der Kirchengemeinden, angefordert.“
Feuerwehr ordert Linienbus der Stoag als Rückzugsort
Zudem orderte der Einsatzleiter der Feuerwehr einen Linienbus der Stoag – der wird dann in der Nähe des Tatorts platziert, als sicherer Rückzugs- und Gesprächspunkt für die schockierten Zeugen. Vier Notfallseelsorger waren immerhin im Einsatz, um zwölf Zeugen der Gewalttat, die das wollten, zu betreuen – mit intensiven Gesprächen. Die Helfer des Roten Kreuzes sind in der Regel für die sonstige Versorgung zuständig; sie reichen etwa warmen Tee zur Beruhigung.
„Manchmal möchten Augenzeugen lieber nach Hause, um sich dort mit dem Notfallseelsorger zu beraten. Das wird ebenfalls von diesen freiwilligen Helfern gemacht. Aber die Notfallseelsorger wissen auch, dass ein Trauma nach solch einem schlimmen Ereignis erst viel später, nach einer Woche oder nach einem Monat auftaucht“, erzählt Jendrian.
Weil so viele Oberhausener Rettungskräfte an diesem Samstagabend im Einsatz waren, orderte der Lageführer der Feuerwehr an diesem Abend vier Rettungswagen der Essener Kolleginnen und Kollegen an. Damit wird die Grundversorgung in der Stadt gesichert – und tatsächlich musste einer dieser Rettungswagen noch in der Nacht zu einem anderen Notruf-Einsatz herausfahren.
Feuerwehr bespricht einen solch großen Einsatz mit allen Kräften
Nach solch einem Großeinsatz ist für die Feuerwehr allerdings der Abend noch längst nicht vorbei. Auch wenn an diesem Abend aus Sicht des Feuerwehr-Leiters Jürgen Jendrian und dem Einsatzleiter alles sehr gut funktioniert hat, wird der Helfer-Ablauf nach der Schießerei aufgearbeitet. „In so einem Fall besprechen wir das Geschehen mit der gesamten Wachmannschaft und dem diensthabenden Einsatzleiter. Manchmal stößt auch die Polizei dazu. Wir nutzen das als Mitarbeiter-Schulung, um für künftige Einsätze zu lernen: Was ist gut gelaufen, was kann verbessert werden? Denn wir können so etwas hundert Mal üben, der Ernstfall ist der Ernstfall.“
Zumindest in Oberhausen muss die hiesige Feuerwehr solche Besprechungen nicht häufig anberaumen. Die letzte schlimme Aggression gegen Menschen mit notwendigem Großeinsatz erlebten die Rettungsdienste im November 2020: Damals stach ein Oberhausener in einer Wohnung an der Arndtstraße auf seine Lebensgefährtin, deren Tochter und zwei Nachbarinnen ein. „Das war eine schlimme Tat, bei der wir auch Notfallseelsorger zur Hilfe gerufen haben“, erinnert sich Jendrian.