Oberhausen. Oberhausener Bäckereien suchen dringend Personal. Vereinzelt müssen Filialen früher oder sogar komplett schließen, weil Fachkräfte fehlen.

Der in vielen Branchen herrschende Fachkräftemangel setzt auch Oberhausener Bäckereien unter Druck. Personal wird dringend gesucht. In einigen Fällen müssen Bäcker ihre Filialen früher schließen als gewohnt oder tageweise sogar komplett zu machen. Corona sowie die anstehende Grippe- und Erkältungssaison verschärfen die Situation zusätzlich.

Ortsbesuch in Sterkrade: Das Schild an der Glastür sorgte für Verwunderung bei den Gästen. Leider müsse das Café Cordes wegen Personalmangels schon um 16 Uhr schließen, stand dort. Eine Woche später hing das Schild erneut an der Tür. Aus der Verwunderung wurde bei manchem Gast Sorge um das Traditionsunternehmen.

„In der Corona-Pandemie sind zwei Leute weggegangen“, sagt Inhaberin Angelika Cordes auf Nachfrage dieser Redaktion. Sie führt das Unternehmen im Oberhausener Stadtteil Sterkrade mittlerweile in der dritten Generation. Trotz einer langen Firmengeschichte konnte sich die Lücke nicht wie gewünscht schließen.

Fünf Anzeigen, kein Erfolg

„Ich habe fünf Anzeigen geschaltet. Ich bin sogar zum Arbeitsamt gegangen und habe dort die freien Stellen annonciert“, sagt die Konditormeisterin. „Das musste ich vor der Corona-Pandemie nie machen.“ Gemeldet haben sich schon Interessenten – allerdings solche, die nicht mehr arbeiten sollen. „Ich habe viele Zuschriften von älteren Frauen bekommen, die ein paar Stunden in der Woche arbeiten wollten“. Angelika Cordes vermutet, dass in der Corona-Pandemie das Geld knapp wurde. Ihr täte es leid, wenn sie den Interessenten absagen müsste. Aber sie brauche Küchenhilfen, die auch mal eine schwere Kiste tragen könnten.

Die Horsthemke-Filiale auf der Markstraße ist derzeit geschlossen.
Die Horsthemke-Filiale auf der Markstraße ist derzeit geschlossen. © WAZ | mape

Der Personalmangel zeigt sich auch an anderer Stelle in der Stadt. Auf der Marktstraße in der Innenstadt bleiben seit einiger Zeit die Glastüren einer der zwei City-Filialen der Bäckerei Horsthemke geschlossen. Wie lange die Filiale geschlossen bleibt oder ob sie überhaupt noch mal öffnet - unklar. Diese Redaktion konnte die Geschäftsführung nicht erreichen. Sowohl André Horsthemke als auch Sandra Heldt sind im Urlaub.

Dafür kann Ralf Nietz berichten. Der Inhaber der Bäckerei Benter hat ähnliche Probleme wie Angelika Cordes und Horsthemke. Am Bahnhof in Sterkrade ist eine der zehn Filialen bereits im zweiten Monat geschlossen. Auch hier: kein Personal. „Es ist fast unmöglich, noch Personal zu bekommen“, sagt Nietz. Er sagt, es gebe keinen Bäcker mehr, der nicht unter dem Fachkräftemangel leide. „Das letzte Jahr ist schon sehr extrem gewesen.“

Ralf Nietz, Inhaber der Oberhausener Bäckerei Benter.
Ralf Nietz, Inhaber der Oberhausener Bäckerei Benter. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

12.000 Menschen in Oberhausen ohne Job

Menschen, die einen Job brauchen, gibt es in Oberhausen eigentlich genügend. Zumindest statistisch. Im September waren fast 12.000 Menschen in Oberhausen ohne Arbeit. Aber sie müssen eben die erforderlichen Qualifikationen mitbringen. Und im Backgewerbe sinkt das Interesse an einer Ausbildung stark. „Es gibt keine Bewerber mehr“, sagt Ralf Nietz. Früher hätte er eine Wahl der zehn besten treffen können, das sei heute nicht mehr so. Auch Angelika Cordes berichtet: „Früher lagen auf dem Tisch meiner Eltern stapelweise Bewerbungen. Heute nicht mehr.“ Eine Auswahl biete sich ihr praktisch nicht.

Interessenten bringen teilweise wenig mit

Die Konditormeisterin stellt zudem fest, dass manche Interessenten nicht die Anforderungen erfüllen. Einfache Arbeiten wie Brötchenschneiden stellten schon ein Problem dar, weil es die jungen Menschen nicht zu Hause gelernt hätten.

Bereits im Mai hatte die Stadt einen Kurzreport zur Ausbildungssituation in Oberhausen erstellt. Auch darin wurde deutlich: Das Bäcker-Handwerk gehört neben dem Einzelhandel zu den Branchen, die unter einem besonders großen Nachwuchsproblem leiden. In diesem Bereich bleiben die meisten Ausbildungsplätze unbesetzt. Zu Wort kommt in diesem Bericht auch die andere Seite: Viele junge Menschen fühlen sich demnach überfordert, die Unternehmen würden zu hohe Ansprüche stellen, seien wenig flexibel oder würden nicht über andere Arbeitszeiten nachdenken. Die Folge: Eine hohe Abbrecherquote bei Auszubildenden und viele unbesetzte Stelle.

Angelika Cordes ist nach langer Suche nun endlich fündig geworden. Das Team ist seit diesem Monat wieder zu zwölft. Die Sorgen sind dadurch aber nur kurzfristig weg. Denn die Krankheitssaison hat gerade erst begonnen. Und Corona ist ja auch noch da.