Oberhausen. Der Verein „Oberhausen hilft“ schaut mit bangem Blick zur Partnerstadt Saporishja. Ein Spenden-Lkw ist geplant. Doch kommt er auch durch?

Der Spendenverein „Oberhausen hilft“ macht sich große Sorgen um Saporishja. Am vergangenen Freitag hatte Russlands Präsident Wladimir Putin die gleichnamige ukrainische Oblast für annektiert erklärt. Bange Fragen kreisen nun darum, was das für die Oberhausener Partnerstadt bedeutet. Zwar hat Russland Teile der Region besetzt, doch die Stadt selbst nicht, wie ein Verwaltungsmitglied in einem Brief an die Stadt Oberhausen bestätigt.

Auch die Organisation „Oberhausen hilft“ hält Kontakt zu einer Partnerorganisation vor Ort. Dreimal täglich tausche sich der Verein mit Taras Schevtschenko von der Gesellschaft „OB-Saporishja“ aus. „Die Menschen leben in einer absoluten Anspannung“, schildert Wolfgang Heitzer, Geschäftsführer von „Oberhausen hilft“, seinen Eindruck. Sorgen um die Kontakte zu den Ukrainern vor Ort und Hilfsmöglichkeiten macht er sich nicht. „Die Verbindung wird nicht abreißen“, sagt Wolfgang Heitzer. „Nur wie geht es weiter? Das ist die große Zitterpartie.“

Oberhausener spendeten bisher eine halbe Million Euro

Durch den Verein erhielten Oberhausens Einwohner die Möglichkeit, direkt den Menschen in der vom Krieg bedrohten Partnerstadt zu helfen. Das Interesse war gewaltig. Fünf Laster mit Spendengütern konnten so bereits in das umkämpfte Land geschickt werden.

In seiner Haushaltsrede im Rat bedankte sich Oberbürgermeister Daniel Schranz ausdrücklich für das Engagement der Bürger. „Dass wir auch unsere Freundinnen und Freunde in Saporishja mit Hilfsgütertransporten unterstützen können, ist zu einem ganz überwiegenden Teil dem Verein ,Oberhausen hilft’ mit seinem unermüdlichen Team um Jörg Bischoff und André auf der Heiden, Wolfgang Heitzer und Henrike Eickholt sowie seinen Spenderinnen und Spendern zu verdanken. Fast eine halbe Million Euro haben die Oberhausenerinnen und Oberhausener gegeben, um den Menschen in unserer geschundenen Partnerstadt zu helfen.“

Ende Oktober, sagt Heitzer, soll ein sechster Lkw, beladen mit Hilfsgütern, von Oberhausen nach Saporishja fahren. „Die Einkäufe laufen bereits“, sagt er. „Wir gehen davon aus, dass der Lkw in die Stadt liefern kann.“ Der Stadt ist anders als Teile der Region eben nicht in der Hand des russischen Militärs.

Oberhausener Verein hält Kontakt zur umkämpften Stadt Saporishja

Zuletzt konnten der Verein und die Feuerwehr Oberhausen ein Löschfahrzeug an die Stadt übergeben. Das war im September. Seitdem hat sich jedoch die Lage erheblich zugespitzt. Am Freitag kam es in der Stadt zu einem tödlichen Raketenangriff auf einen zivilen Autokonvoi. Die Weltgemeinschaft macht sich zudem bereits seit März 2022 Sorgen um das 50 Kilometer von der Stadt entfernte Atomkraftwerk. Es ist das größte Kernkraftwerk in Europa und in russischer Hand.

50 Kilometer entfernt von Saporishja steht das nach Oberhausens Partnerstadt benannte größte Kernkraftwerk Europas. Es wird von russischen Streitkräften kontrolliert.
50 Kilometer entfernt von Saporishja steht das nach Oberhausens Partnerstadt benannte größte Kernkraftwerk Europas. Es wird von russischen Streitkräften kontrolliert. © dpa | -

Eindrückliche Schilderungen aus Saporishja: „Wut und Zorn“

In einem aktuellen Brief an die Partnerstadt in Oberhausen mischen sich Wut, tiefe Trauer und Hoffnung. Ein Mitglied der Stadtverwaltung beschreibt darin die ereignisreichen Tage um die Schein-Referenden, den tödlichen Anschlag auf Zivilisten und die Widerstandskräfte der Bevölkerung. Der 30. September 2022 sei der „schrecklichste Tag in der Geschichte von Saporishja“. 31 unschuldige Menschen seien bei dem Angriff ums Leben gekommen, mehr als 80 verletzt. Die Menschen hätten in Autos gewartet. Einige seien auf dem Weg zu Verwandten in den besetzten Gebieten gewesen, um sie zu holen.

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„Unter den Toten und Verletzten befinden sich auch minderjährige Kinder“, schreibt der Verfasser des Briefes. „Das ist ein absolut unmenschliches Verbrechen, das der ganzen Welt einmal mehr das Gesicht der russischen Armee zeigt.“ Der Briefschreiber will lieber anonym bleiben, um sich nicht in Gefahr zu bringen.

Schein-Referenden eine „Lachnummer“

Mit blanker Wut schaut der Verfasser auf die Schein-Referenden der vergangenen Woche. Die Wahlen seien absurd, eine Lachnummer und Fälschung. „Deshalb warten die Menschen in Saporishja mit noch mehr Wut und Zorn auf die Befreiung des beschlagnahmten Teils der Region Saporishja von den russischen Besatzern.“ Die Stadt sei eine „unverwüstliche Frontstadt“: „Alle Einwohner der Stadt tragen dazu bei, Mittel für die neuen Bedürfnisse des ukrainischen Militärs und der Verteidiger des Territoriums aufzubringen. Die Einwohner von Saporishja helfen auch aktiv Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet und aus Städten, die vorübergehend von Russland besetzt sind.“