Oberhausen. In Oberhausener Secondhandläden mangelt es nicht an Zulauf. Neben dem Klamotten-Shoppen steht hier der gegenseitige Austausch im Vordergrund.
50 Euro für eine neue Jeans oder 60 Euro für einen wärmenden Pullover? Für immer mehr Oberhausener ist der Kauf von neuen Klamotten kaum noch zu finanzieren. Wenn die Gurke im Supermarkt statt 50 Cent plötzlich einen Euro kostet, sparen viele Kunden an anderer Stelle, beispielsweise beim Kauf von Kleidung. Um nicht immer in denselben Klamotten umherlaufen zu müssen, greifen längst nicht nur Geringverdiener zu Mode aus zweiter Hand.
Gezahlt wird mit „Spendenentgelt“ für wohltätige Zwecke
Seit zehn Jahren arbeitet Anette Hühnerschulte in einem kleinen Secondhandshop in Oberhausen-Buschhausen. Sechs Stunden pro Woche verteilt sie hier mit drei weiteren Ehrenamtlichen gespendete Altkleider und macht damit Hilfsbedürftigen allen Alters eine Freude. Die vorsortierten Waren werden im Laden für ein „Spendenentgelt“ weitergegeben, das zwischen 50 Cent und vier Euro pro Stück liegt. Der Erlös wird an Oberhausener Institutionen wie die Tafel, Hospize oder die Ameos Kinderklinik gespendet.
In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Kundschaft des Secondhandladens nach Beobachtung der Ehrenamtlichen deutlich verändert. Hühnerschulte führt aus: „Früher sind viele Leute hierher gekommen, um nach Klamotten zu schauen, die sie anschließend an Familie und Freunde in anderen Ländern weitergeschickt haben, beispielsweise nach Afrika. Mittlerweile kommen allerdings viel mehr Menschen hierher, die die Sachen selbst benötigen, weil sie sich keine neuen Klamotten mehr leisten können“.
Kunden kommen mehrmals pro Woche
Insbesondere jüngere Mütter, die Kleidung für ihre Kinder suchen, kommen regelmäßig vorbei, doch auch ältere Leute gehören zu den Stammkunden. Dabei ist der Secondhandladen längst nicht nur ein Modegeschäft. „Viele unserer Kunden kennen wir mit Namen, die kommen teilweise mehrmals die Woche hierher. Gar nicht unbedingt, weil sie gerade neue Klamotten brauchen, sondern auch, um sich auszutauschen. Wir sind ein Kommunikationszentrum für diejenigen, denen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt“, erzählt Anette Hühnerschulte.
Wintermode-Spenden dringend benötigt
Die ehrenamtlichen Helfer des Buschhausener Second Hand-Ladens suchen für den Herbst und Winter dringend gut erhaltene Garderobe für Frauen, Männer und Kinder. Auch Bettwäsche, Handtücher, Schuhe, Modeschmuck und Handtaschen werden benötigt.
Abgegeben werden können diese montags und dienstags zwischen 10 und 12 Uhr im Laden an der Fichtestraße 17, unmittelbar an der Christ-König-Kirche.
Starker Zulauf durch Ukraine-Geflüchtete
Ähnliches beobachtet Cornelia Schade vom Kleiderladen „Piccobello“ in Osterfeld. Auch hier steht neben dem Verkauf von Kleidung der Austausch mit und zwischen der Kundschaft im Vordergrund. „Manche Kunden schauen zwei Mal täglich vorbei, einfach, weil es zu ihrer Tagesroutine gehört“, meint Schade. Die Kundschaft ist dabei ebenso bunt gemischt wie das Sortiment des Ladens: Hier hängen T-Shirts für zwei Euro neben einem Brautkleid für 30 Euro und Lederhosen für acht Euro.
Zwar merke man im von der Caritas betriebenen Laden noch keinen vermehrten Zulauf durch die Inflation, allerdings sei man dafür durch Geflüchtete aus der Ukraine „regelrecht überrannt worden“. So erhielten viele Geflüchtete Kleidergutscheine von der Caritas, um sich mit dem nötigsten Grundbedarf an Klamotten eindecken zu können. „Wir sind zeitweise nur noch mit Google-Übersetzer durch den Laden gelaufen“, erzählt Schade.
Zukunfts-Sorgen: Irgendwann müssen neue Klamotten her
Da im Frühjahr dieses Jahres immer mehr Ukrainerinnen und Ukrainer im „Piccobello“ vorbeikamen, habe man kaum noch Zeit gehabt, neue Spenden zu sortieren und einzuräumen. „Da wurde es dann zwischenzeitlich mal eng und wir hatten nur noch wenig Auswahl“, erzählt die Angestellte der Caritas. Die Situation habe sich mittlerweile allerdings wieder beruhigt und es gebe genug Klamotten für jeden – Ukrainer sowie Oberhausener.
Auch wenn derzeit wieder Normalität in den Verkaufsalltag der „Piccobello“-Angestellten eingekehrt ist, blickt man dennoch mit Sorge in die Zukunft. Cornelia Schade führt aus: „Viele Menschen schieben den Kauf neuer Klamotten gerade sicherlich vor sich her, schließlich kann man ja auch noch die Mode vom Vorjahr anziehen. Auf den Einkauf im Supermarkt kann man nicht verzichten, auf einen hippen Rock schon. Früher oder später müssen dann aber doch neue Klamotten her, da kann es gut sein, dass dann immer mehr Menschen zu uns kommen, für die Secondhand-Mode vorher keine Option war.“