Oberhausen. 2018 sollte der Ratssaal in Oberhausen in sechs Wochen für eine halbe Million Euro umgebaut werden. Die Arbeiten laufen, Kosten sind explodiert.
Die Sanierung des Oberhausener Ratssaals entwickelt sich immer mehr zum extrem teuren Mammutprojekt. Die Kosten explodieren – und der ursprüngliche Plan, den Saal in gerade einmal sechs Wochen Sommerferien für eine halbe Million Euro behindertengerecht umzubauen, ist längst Geschichte. Seit vier Jahren beschäftigen sich Politik und Verwaltung mit dem Umbau. Nach derzeitiger Schätzung wird die Sanierung insgesamt knapp sieben Millionen Euro verschlingen.
2018 sollte der Ratssaal, das demokratische Herzstück in der dritten Etage des Rathauses an der Schwartzstraße, umgebaut werden. Also der Saal, in dem die gewählten Politiker regelmäßig zusammenkommen, um wichtige Entscheidungen für die Stadt und die hier lebenden Menschen zu treffen. Doch schon in der August-Ratssitzung desselben Jahres wurde deutlich: Der ambitionierte Plan wird wohl doch nicht so schnell in die Tat umgesetzt werden können. Barrierefreie Zugänge wollte man unter anderem schaffen, mehr Mikrofone und eine neue Technik für frische Luft installieren, den Saal mit beweglichen Tischen ausstatten. Doch je tiefer man in die Planungen einstieg, desto deutlicher wurde: Es muss doch mehr gemacht werden als vermutet.
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Zudem tauchte plötzlich ein wahres Kunstwerk auf: die original Art-déco-Stuckdecke, die 60 Jahre lang unter Gipskarton verborgen war und erhalten werden sollte. Ein anderes Werk, ein Mosaik-Fries des 1977 gestorbenen Oberhausener Künstlers Walter Mawick, sollte dagegen weichen. Zunächst komplett, dann entschied man sich für einen Umzug ins Böckler-Berufskolleg. Das alles verzögerte die Arbeiten – und ging ins Geld.
Von den ursprünglich geplanten 500.000 Euro wurden über die Jahre zunächst 4,5 Millionen Euro, im Januar dieses Jahres war dann von knapp sechs Millionen Euro die Rede. Mittlerweile liegt das Gesamtvolumen bei geschätzten rund sieben Millionen Euro. Das geht aus Unterlagen aus dem Rathaus hervor, mit denen sich am nächsten Montag zunächst der Haupt- und Finanzausschuss beschäftigen wird. Die Verwaltung bittet die Politik um eine „überplanmäßige Bereitstellung investiver Mittel“, wie es im Verwaltungs-Deutsch heißt. Der Rat der Stadt soll in seiner Sitzung am 26. September sein Okay für die zusätzliche Million geben.
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Stadttochter muss Rechnungen bezahlen
Das zusätzliche Geld für den Umbau des Ratssaals benötigen die Servicebetriebe Oberhausen (ehemals OGM) als ausführende Stadttochter aktuell, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können, heißt es in den entsprechenden Unterlagen aus dem Rathaus. Die Mittel müssen also überplanmäßig im laufenden Haushaltsjahr bereitgestellt werden.
Die Politik berät darüber zunächst im Haupt- und Finanzausschuss am 19. September. Der Rat entscheidet dann in seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause am 26. September in der Luise-Albertz-Halle.
Begründet werden die noch einmal gestiegenen Kosten mit nicht vorhersehbaren Zusatzarbeiten und den derzeit wegen Personal- und Materialengpässen extrem steigenden Preisen im Bausektor. Nicht eingeplant waren beispielsweise Versorgungsleitungen, die erneuert werden mussten. Kostenpunkt: 110.000 Euro. Allein die Schadstoffsanierung verschlingt insgesamt 815.000 Euro. Die Instandsetzung der kunsthistorisch so wertvollen Decke war aufwendiger als gedacht und kostet wohl 476.000 Euro. Der Fußboden hatte sich während der Arbeiten als einsturzgefährdend entpuppt – mit 354.000 Euro wurde diese Gefahr gebannt. Und für die neuen Fenster sind 405.000 Euro fällig – mehr als gedacht, weil die Untere Denkmalbehörde den Einbau einer Bleiverglasung vorsieht.
Immerhin: Wenn jetzt alles nach Plan läuft, soll der neue Ratssaal im Frühjahr 2023 fertiggestellt sein. Bis dahin tagen die politischen Fachausschüsse und die Politiker des Oberhausener Rates weiter in der Luise-Albertz-Halle gegenüber dem Rathaus.