Oberhausen. . Der behindertengerechte Umbau zum modernen Debattenraum ist sehr aufwendig. Ratspolitiker müssen wohl für einige Monate in der Stadthalle tagen.
Der 60-köpfige Oberhausener Stadtrat ist fest entschlossen, seinen großen Sitzungssaal auf der dritten Etage des Rathauses an der Schwartzstraße nach über 50 Jahren grundlegend zu erneuern.
Die Wunschliste für das Vorhaben, das wahrscheinlich die Millionen-Euro-Investitionsgrenze locker durchbrechen wird, ist lang: Mehr Plätze für Rollstuhlfahrer; barrierefreie Zugänge; Mikrofone an allen Tischen der gewählten Ratspolitiker; eine Anlage für ausreichende Frischluftzufuhr in dem oft stickigen Saal; Leinwände und Projektoren, um Vorträge von allen Seiten verfolgen zu können; leichtere und bequemere Stühle sowie bewegliche Tische, um flexibel auf veränderte politische Verhältnisse reagieren zu können.
Ein Mammutprojekt
Eigentlich sollte der Saal nur ein wenig behindertengerechter und stärker durchlüftet werden – doch jetzt sieht es so aus, als ob sich die Baumaßnahme in dem aus den 1920er Jahren stammende Rathaus-Bau im Stil des Backsteinexpressionismus zum Mammutprojekt ausweiten würde.
„Die ganze Sache ist nicht so einfach, wie wir uns das vorgestellt haben. Da kam eines zum anderen“, räumt Immobiliendezernent Jürgen Schmidt ein. Viele Bauherren kennen das ja: Wenn man mal irgendwo anfängt, dann hört es lange Zeit nicht auf. So will man den gesamten Raum auf den neuesten Stand der Technik bringen: Beleuchtung, Präsentation, IT-Infrastruktur, Beschallungstechnik „Wir wollen keinen Prunk, nur das, was wirklich gemacht werden muss“, verspricht CDU-Ratsherr Christian Benter.
Aber unter der etwa ein Meter abgehängten weißen Decke hat man auch eine wunderschöne, aber leider recht marode Holzdecke aus der Anfangszeit entdeckt. Die politische Arbeitsgruppe „Ratssaal-Umbau“ ist sich einig: Die Decke muss wieder in alter Pracht zum Vorschein kommen – zumal es dafür Denkmalschutz-Gelder geben kann, allerdings nur für 50 Prozent der Kosten.
„Das wäre wie eine Schulklassen-Atmosphäre“
Eine fast schon revolutionäre Neuerung, von den Architekten angeregt, lehnen die Ratspolitiker allerdings allesamt ab: Bis in die 1950er Jahre hinein saßen die Ratspolitiker nicht an der breiten Seite des rechteckigen Saales, sondern an der schmalen – und blickten zusammen mit den Zuschauern auf der Tribüne in Richtung Dezernatsriege. „Das wäre wie eine Schulklassen-Atmosphäre, das wäre Mist“, sagt SPD-Ratsherr Manfred Flore. „Wir würden immer auf den Rücken der anderen schauen, wir wollen uns aber bei den Debatten in die Gesichter sehen.“
Es zeichnet sich zudem ab, dass nicht nur die Steuerzahler zur Hebung der Arbeitsbedingungen ihrer gewählten Politiker Opfer bringen müssen, sondern auch ein Künstler: Der Mosaik-Fries des 1977 verstorbenen Oberhausener Künstlers Walter Mawick im Ratssaal soll weichen: Er passe optisch nicht zur alten Holzdecke, heißt es.
Schmidt hofft, dass die Detailplanung bis zum Ende des Jahres abgeschlossen ist – und ein erstes Konzept für den Umbau steht.
>>>>>>>>> „Warum geht das nicht voran?“
Ursprünglich sollte der Ratssaal in diesem Jahr in den Sommerferien umgebaut werden – und zwar für nur eine halbe Million Euro. Doch Ideen, Pläne und Diskussionen zogen sich monatelang hin. Darüber gab es in verschiedenen Fraktionen einigen Unmut: „Warum geht das nicht voran?“
Nun ist aber klar: Innerhalb von sechs Wochen Sommerferien kann niemand den umfangreichen Umbau bewältigen. Deshalb soll der Rat in der Zeit der Renovierung ausziehen – und für mehrere Monate in der Stadthalle tagen, etwa im Saal „London“. Eine Kostenschätzung für den Saal-Umbau gibt es noch nicht.