Oberhausen. Die Corona-Pandemie hat alle vergangenen Sparanstrengungen der Stadt Oberhausen pulverisiert. Nun drohen Einschnitte – und höhere Steuern.

Wenn weder Bund noch Land den Ruhrgebiets-Städten wie Oberhausen mit neuen strukturellen Finanzspritzen unter die Arme greifen, dann müssen die Bürger und Stadtbediensteten erneut mindestens ein Jahrzehnt den Gürtel enger schnallen.

Dabei gelten die Etats der hoch verschuldeten Großstädte nach der jüngsten über zehn Jahre laufenden Sparrunde („Stärkungspakt Stadtfinanzen“) als ausgelutscht: Weniger Service für Bürger, höhere Grund- und Gewerbesteuern, höhere Kita-Beiträge, kaum freiwillige Leistungen im sportlichen und kulturellen Bereich. Mit anderen Worten: für Bürger hohe Kosten bei unterdurchschnittlicher Lebensqualität. Die Pandemie hat den Städten allerdings so hohe Verluste beschert, dass Oberhausen erst im Jahre 2031 (!) damit rechnet, Ausgaben und Einnahmen wieder in die Waage zu bringen: wegen der Steuerausfälle der Betriebe und höheren Gesundheits- wie Sozialkosten.

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Der Oberhausener Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras kalkuliert deshalb im nächsten Jahr mit einem echten Defizit von 60 Millionen Euro – vor allem wegen der Corona-Verluste. Das ist nicht nur als Summe sehr viel, bei Jahresausgaben von 964 Millionen Euro macht das immerhin sechs Prozent aus. Dabei hatte Oberhausen mit Hilfe des „Stärkungspaktes Stadtfinanzen“ des Landes NRW und eigenen Kraftanstrengungen seit 2011 am Ende nach zehn Jahren einen ausgeglichenen Haushalt ohne Extra-Finanzspritzen geschafft. Dies hat die Pandemie pulverisiert.

Stadtkämmerer deckelt Ausgaben in vielen Bereichen

Selbst der Zehn-Jahres-Plan des Stadtkämmerers, im Jahre 2031 das Defizit auf null zu bringen, ist bereits mit Anstrengungen verbunden – und mit zweifelhaften Annahmen. So geht Tsalastras davon aus, dass die Gewerbesteuereinnahmen bereits 2023 wieder das Vor-Pandemie-Niveau von 105 Millionen Euro erreichen. Zudem hat Tsalastras Mehrausgaben im Rathaus enge Grenzen gesetzt: Die Personalkosten dürfen nur um 2,5 Prozent steigen, die Sozialausgaben nur um zwei Prozent, der IT-Aufwand nicht mehr als ein Prozent, Sachausgaben für Sicherheit/Ordnung, Kultur, Sport und Schulen dürfen überhaupt nicht höher werden – bei einer Preissteigerungsrate von acht Prozent schwer zu erreichen.

Die Kommunalaufsicht, die Bezirksregierung Düsseldorf, hat dieses Haushaltssicherungskonzept zwar abgesegnet, hegt aber große Zweifel an den optimistischen Annahmen des Stadtkämmerers. Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher kritisiert, dass die Oberhausener Stadtspitze nicht schon in diesem Jahr bei den Ausgaben scharf auf die Bremse tritt. Und kann keine konkreten Vorschläge entdecken, wie die Stadt die anvisierten Ausgabenbeschränkungen ab 2023 erreichen will.

Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher ist nicht nur über die hohen Kostensteigerungen fürs Personal der Stadt Oberhausen besorgt.
Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher ist nicht nur über die hohen Kostensteigerungen fürs Personal der Stadt Oberhausen besorgt. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Besonders Sorgen machen ihr die ständigen jährlichen Steigerungen der Personalausgaben für die Beschäftigten der Stadt: Für Lohnkosten und Versorgungsaufwendungen gibt Oberhausen satte 22 Millionen Euro mehr aus als im vergangenen Jahr. Sie verschärft deshalb die Kontrolle der Oberhausener Finanzlage und fordert künftig detaillierte Gründe für die steigenden Personalkosten an.

„Ab dem Jahr 2023 werden konkrete Konsolidierungsentscheidungen notwendig werden“, warnt Radermacher eindringlich in ihrer Genehmigung des Haushaltes. „Der Konsolidierungsprozess wird somit alle Beteiligten weiter in hohem Maße fordern.“

Muss Oberhausen freiwillige Leistungen für Kultur und Sport zusammenstreichen?

Mit anderen Worten: Schon jetzt können sich die Bürger darauf einstellen, dass die Stadt freiwillige Leistungen für Kultur und Sport zusammenstreichen muss, dass der städtische Service vor Ort schrumpft – und sogar (noch) höhere Beiträge und Steuern drohen, auch wenn dies bisher niemand so aufschreiben will. Und dass Beamte und Angestellte der Stadt nicht mehr befördert werden können, weniger Investitionen in Straßen, Schulen und Kindergärten fließen.

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Sogar mit den bisherigen, offenbar unzureichenden Ausgaben-Deckel-Plänen der städtischen Finanzleute steigt die Verschuldung Oberhausens drastisch an – von derzeit zwei Milliarden Euro auf 2,25 Milliarden Euro im Jahre 2030. Jeder Oberhausener wäre dann umgerechnet mit 10.700 Euro verschuldet. Da sich Kredite auf den Finanzmärkten stetig verteuern, fressen Zinszahlungen immer größere Teile des 960-Millionen-Euro-Etats auf: Wenn der allgemeine Zinssatz für Kredite nur um einen einzigen Prozentpunkt steigt, dann sind sofort 20 Millionen Euro im Jahr für Zinsen zusätzlich weg.

Nach diesen Kalkulationen geht Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras davon aus, dass die Stadt Oberhausen von 2023 bis 2028 keinen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen wird, also in den Nothaushalt rutscht – wie in den Jahren vor dem Stärkungspakt Stadtfinanzen, vor dem Jahr 2011. Dann wird ein so strikter Sparkurs vom Land verhängt, dass Tsalastras zu dem Schluss kommt: „Eine solche Entwicklung bedeutet im Prinzip Stillstand, schränkt die Zukunftsfähigkeit der Kommune ein und öffnet die Schere zwischen armen und reichen Kommunen immer weiter.“

Es sei denn, Bund und Land helfen aus der Patsche. Doch eine Lösung der Altschulden-Frage wird immer teurer und teurer – die Zinsen auf den Kapitalmärkten steigen viel schneller als Finanzanalysten erwartet hatten. Wenn Bund und Land die Altschulden der Kommunen ablösen würden, dann kostet das nun viel Geld; noch vor einem Jahr war das für den Bund noch zum Nulltarif zu haben.