Oberhausen. Mit einem Urteil wegen Totschlags im Affekt endet der Prozess gegen eine Oberhausenerin (64). Sie tötete ihren Ehemann mit 45 Messerstichen.

Wegen Totschlags im Affekt muss eine 64-jährige Oberhausenerin für viereinhalb Jahre ins Gefängnis. Nach 45-jähriger Ehe, in der sich der Ehemann immer mehr als aggressiver Haustyrann entpuppte, verlor die Frau am 16. September 2021 die Fassung. Sie griff zu einem Küchenmesser und stach 48 Mal zu. Der 61-Jährige verblutete innerhalb weniger Minuten am Tatort.

Von körperlicher und seelischer Gewalt, die der Getötete gegen seine Frau und die drei inzwischen erwachsenen Kinder ausgeübt haben soll, war im Laufe des zehntägigen Verfahrens immer wieder die Rede. Die beiden Töchter des Paares sind psychisch schwer erkrankt. Die Frau ertrug die Launen ihres Mannes lange Zeit widerspruchslos. „Ich wollte mein Nest nicht zerstören“, beschrieb sie gegenüber einer psychiatrischen Sachverständigen ihr Ausharren im Haus der fünfköpfigen Familie.

Es war eine Demütigung zu viel

Erst einige Monate vor der Tat begann die Angeklagte sich zu wehren. Sie zeigte ihren Mann an, wollte sich von ihm trennen und informierte sich bei Beratungsstellen über ihre Möglichkeiten. Doch am Tattag setzte der 61-Jährige noch eins drauf: Er gratulierte der Frau und verkündete, dass er das Haus verkauft habe. „Und nun pack deine Sachen und verschwinde mit deinen Bastarden“, sollen seine letzten Worte gewesen sein.

Es war diese letzte Demütigung, die die 64-Jährige nach Ansicht einer Sachverständigen in einen psychischen Ausnahmezustand versetzte. Die über viele Jahre angestaute Wut entlud sich mit Urgewalt. Ungezielt und wahllos stach die Angeklagte immer wieder mit dem 20 Zentimeter langen Messer zu, bis sich ihr Mann nicht mehr rührte. Stoisch hatte sie danach neben dem Toten gesessen. Sie nahm sogar Nachbarn und die Polizei nicht wahr.

Gericht sprach mitangeklagten Sohn (32) frei

An die Tat selbst hatte die Frau keine Erinnerung mehr. Allerdings stritt sie das Geschehen auch nicht ab. „Da hab ich wohl das Messer gegriffen“, waren ihre Worte. Das Schwurgericht ging von einem Totschlag im Affekt aus. Zusätzlich milderte die Kammer den Strafrahmen ein zweites Mal, indem sie davon ausging, dass die Angeklagte zur Tatzeit nur eingeschränkt zurechnungsfähig war.

Dem 32-jährigen Sohn des Getöteten war vorgeworfen worden, dass er seiner Mutter bei der blutigen Tat geholfen hatte. Doch am Ende gab es keinen einzigen Beweis dafür, dass er den Vater mit Pfefferspray wehrlos gemacht, ihn festgehalten oder sogar selbst zu einem Messer gegriffen hatte. Der 32-Jährige wurde auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Für die mehrmonatige Untersuchungshaft erhält er eine Entschädigung.