Oberhausen. In einer Umfrage dieser Redaktion benennen die Schulen in Oberhausen Personal- und Platzmangel als größte Probleme. Auch die Krisen belasten.

Oberhausens Schulen leiden besonders unter Personal- und Platzmangel. Das ist das Ergebnis einer Umfrage dieser Redaktion unter Schulleiterinnen und Schulleitern. Sie gaben fehlende Lehrerinnen und Lehrer sowie nicht ausreichenden Unterrichtsraum als derzeit wichtigste Probleme an ihren Schulen an. Auch die Corona-Pandemie und der Weg zurück sowie der Ukraine-Krieg lasten auf dem Schulbetrieb. Die schleppende Digitalisierung wird ebenfalls als Problem genannt.

Vor der Landtagswahl am 15. Mai werben die Parteien in ihren Programmen eifrig mit Verbesserungen im Bildungswesen. So verspricht etwa die Regierungspartei CDU bei einer Wiederwahl 10.000 zusätzliche Lehrkräfte. Außerdem soll jedes Kind ein digitales Endgerät nutzen können. Damit wirbt auch der Regierungspartner FDP. Die Freien Demokraten wollen zudem die Talentschulen ausbauen. Diese Förderung erhält in Oberhausen beispielsweise die Fasia-Jansen-Gesamtschule (siehe Infobox). SPD und Grüne setzen ebenfalls auf eine Personal- und Digitaloffensive.

Personalmangel ist „das allergrößte Problem“

Würden die Parteien tatsächlich ihre Programme umsetzen, kämen sie damit den Wünschen der Oberhausener Schulen nach. Das Personal steht ganz oben: „Für die Gesamtschulen der Stadt Oberhausen stellt der Mangel an Ressourcen eine Herausforderung dar. In unterschiedlicher Gewichtung umfasst das die Personal-, Sach- und Raumressourcen“, sagt etwa Doris Sawallich, Leiterin der Gesamtschule Weierheide und Schulformsprecherin.

Auch Achim Brandt, neuer Schulleiter der Friedrich-Ebert-Realschule, Ursula Niemann von der Anne-Frank-Realschule sowie Dr. André Remy von der Sophie-Scholl-Schule nennen Personal- und Raummangel als derzeit wichtigste Probleme. Die Grundschulen benötigen ebenfalls mehr Pädagogen, vor allem im Offenen Ganztag. „Das allergrößte Problem ist, dass sich zu wenig Personal mit zu vielen Aufgaben über den Unterricht hinaus beschäftigen muss“, sagt Susanne Amrehn von der Steinbrinkschule. Sie ist Sprecherin der Oberhausener Grundschulen.

Schulleiterin Doris Sawallich von der Gesamtschule Weierheide
Schulleiterin Doris Sawallich von der Gesamtschule Weierheide © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Die Digitalisierung wird als weiteres Problem beschrieben. Am Elsa-Brandström-Gymnasium etwa stünden für 850 Schülerinnen und Schüler nur 60 iPads zur Verfügung, obwohl jeder Schüler ein Gerät bräuchte, sagt Schulleiterin Alice Bienk. „Leider reicht unser Etat nicht aus, diese Ausstattung zu kaufen.“

Nur 10.000 Endgeräte für 20.000 Schüler

Ein Blick in den aktuellen Bildungsreport zeigt, wie weit der Weg trotz zwei Jahren Corona-Pandemie noch ist: An 45 Schulen wurden im Schuljahr 2020/21 20.166 Kinder und Jugendliche unterricht. Im Oktober 2021 gab es 7141 Notebooks und Tablets an Oberhausener Schulen in städtischer Trägerschaft. Durch ein EU-Förderprogramm soll diese Zahl bis zum nächsten Schuljahr um 7000 Endgeräte erhöht werden. 2600 wurden davon bereits zur Verfügung gestellt. Damit kann aber nur rund die Hälfte der Schüler ein mobiles Endgerät nutzen.

Auch die Digitalisierung lässt zu wünschen übrig. Das „Digital Paket NRW“ unterstützt den Glasfaserausbau in den Kommunen. Laut eines Zwischenberichts im Schulausschuss kommt dieser allerdings nur schleppend voran. Zwar wurden an fast allen Schulen die erforderlichen Tiefbaumaßnahmen abgeschlossen, am schnelleren Netz angeschlossen sind bislang aber nur drei Schulen. Verzögerungen und Mehrkosten aufgrund der aktuellen Materialknappheit schließt die Stadt nicht aus.

Sascha Reuen, Schulleiter des Bertha-von-Suttner Gymnasiums
Sascha Reuen, Schulleiter des Bertha-von-Suttner Gymnasiums © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Corona-Krise und Ukraine-Krieg belasten die Schulen

Die Raumnot ist beispielhaft am Bertha-von-Suttner-Gymnasium zu sehen. Dort müssen Schülerinnen und Schüler in Containern unterrichtet werden. Ein geforderter Neubau wird seit Jahren nicht realisiert. Klassenräume werden auch in Zukunft dringend gebraucht. Der Bedarf an freien Plätzen ist nach wie vor groß. Wie die Schulstatistik belegt, werden die Aufnahmekapazitäten für das nächste Jahr an allen weiterführenden Schulen nahezu aufgebraucht. Insgesamt errechneten die Schulen 1730 freie Plätze. Davon werden 1699 benötigt. Vor allem mit der Rückkehr zu G9 wird sich das Problem zuspitzen, warnt Marcus Kortmann vom Heinrich-Heine-Gymnasium: „Unsere Schule ist jetzt schon voll. Wir brauchen einfach mehr Räume.“

Lob für Talentschule

Dr. Sabine Meder, Leiterin der Fasia-Jansen-Gesamtschule, lobte im Schulausschuss die positiven Auswirkungen der „Talentschule“. Durch das Förderprogramm konnten 4,5 zusätzlichen Stellen geschaffen werden. Auch die Schulsozialarbeit profitiere von der Landes-Unterstützung.

Im Rahmen der „Talentschulen“ erhalten die Einrichtungen mehr Lehrkräfte und Ausstattung. Landesweit werden 60 Schulen gefördert. In Oberhausen bekommt neben der Fasia-Jansen-Gesamtschule auch das Hans-Sachs-Berufskolleg Fördermittel.

Ihn beschäftigen, wie andere Kollegen aber auch, globalere Sorgen. „Ich persönlich finde, es ist die Vielzahl (der ständig zunehmenden) Probleme und ihre Überlagerung, die uns alle sehr belastet“, sagt etwa Sascha Reuen vom Bertha-von-Suttner-Gymnasium. Zur Corona-Pandemie käme jetzt noch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. „Mehr denn je fordert die Gegenwart Zuversicht und Tatkraft von uns allen ab.“ Die Schule sei ein Mikrokosmos der Gesellschaft. Er stelle sich die Frage, ob die Gegenwart nur eine zufällige Ansammlung von Krisen sei, „oder ist es unsere neue Realität?“.

Ähnlich äußert sich Uwe Bleckmann vom Freiherr-vom-Stein-Gymnasium. Er macht sich Sorgen um eine Generation „zwischen den Stühlen“. Die Schüler würden noch unter dem Lockdown leiden, nun setze die nächste Krise ein. „Wir würden gerne einfach mal wieder Schule machen.“